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Impfkommission klagt: Länder verstoßen gegen Impfreihenfolge


Wer ist wann dran?
Impfkommission klagt: Länder verstoßen gegen Impfreihenfolge

Von dpa
09.03.2021Lesedauer: 2 Min.
Ein Polizist wird in Hannover mit Astrazeneca geimpft: Die Stiko klagt, dass viele Bundesländer die Impfreihenfolge missachten.Vergrößern des Bildes
Ein Polizist wird in Hannover mit Astrazeneca geimpft: Die Stiko klagt, dass viele Bundesländer die Impfreihenfolge missachten. (Quelle: Michael Matthey/imago-images-bilder)

Die Bundesländer setzen sich schon lange über die beschlossene Verordnung hinweg, kritisiert die Ständige Impfkommission. Experten rechnen allerdings mit einer weiteren Aufweichung der Reihenfolge.

Das Vorgehen der Bundesländer bei den Corona-Impfungen sorgt für Diskussionen. Nach Angaben des Vorsitzenden der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, setzen sich die Länder eigenmächtig über die Impfverordnung des Bundes hinweg. Der Ulmer Virologe sagte der Deutschen Presse-Agentur: "De facto wird in den Ländern schon lange gegen die Priorisierung verstoßen."

Es seien schon jetzt viele geimpft worden, die nach wissenschaftlichen Kriterien der Priorisierung noch nicht an der Reihe wären – etwa Erzieher, Lehrkräfte oder Polizisten. Ein Lockern der Priorisierung dürfe nicht dazu führen, dass die Schwächsten und Gefährdetsten für schwere Covid-19-Verläufe benachteiligt würden.

Am 1. August könnte die Bevölkerung bereits geschützt sein

Ab April sollen die niedergelassenen Ärzte in Deutschland flächendeckend mit Corona-Impfungen beginnen. Darauf einigten sich die Fachminister von Bund und Ländern am Montag in der Gesundheitsministerkonferenz. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) stehen für das Impfen 75.000 Haus- und Facharztpraxen in Deutschland bereit.

Wenn es genug Impfstoff gibt, kann es nach Modellrechnungen der KBV gelingen, am 1. August einen Impfvollschutz der gesamten Bevölkerung zu erreichen. Bis Sonntag wurden laut Bundesgesundheitsministerium 2,5 Millionen Menschen in Deutschland vollständig geimpft. Das sind drei Prozent der Bevölkerung. 5,2 Millionen Menschen haben mindestens eine Impfdosis erhalten.

Reihenfolge könnte weiter aufweichen

Virologe Mertens erwartet mit der beginnenden Impfung durch Hausärzte eine weitere Aufweichung der Impfreihenfolge. Diese würden "eine Priorisierung möglicherweise schwieriger machen". Aber er traue den Hausärzten zu, sich bei ihren Patienten möglichst an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zu halten.

Zur zum Teil lautstarken Kritik am schleppenden Fortgang bei den Corona-Impfungen sagte Mertens, er könne beide Seiten verstehen. Die Länder müssten den Mangel an Impfstoff verwalten, zugleich möchten viele Menschen, die laut Priorisierung noch nicht an der Reihe sind, geimpft werden. "Die Priorisierung war und ist nicht das eigentliche Problem, sondern der Mangel an Impfstoff", sagte Mertens. Auch die fehlenden Möglichkeiten zur Umsetzung der Impfreihenfolge seien ein Problem.

Kostenlose Schnelltest noch nicht ausreichend verfügbar

Unterdessen warnte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vor der Gefahr eines erneuten Lockdowns. "Wir sind bereits in einer dritten Welle, die von den neuen Virusvarianten bestimmt wird. Es kommt jetzt darauf an, dass sie nicht zu heftig wird und wir die Zeit überbrücken, bis die Impfungen ausreichend vorangeschritten sind", sagte Tschentscher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Obwohl die Infektionszahlen in vielen Regionen steigen, wurden in den meisten Bundesländern am Montag weitere Corona-Regeln vorsichtig und Schritt für Schritt gelockert. Parallel gingen die kostenlosen Corona-Schnelltests an den Start. Das lief am ersten Tag teils wegen mangelnder Verfügbarkeit noch nicht überall reibungslos.

Der Vizechef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, warf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, für ein Testchaos gesorgt zu haben. Zwar kämen nun vermehrt Schnelltests zum Einsatz, "doch leider in einer absolut kurzfristigen, ja formal sogar rückwirkenden Umsetzung, die direkt beim Start zum Chaos geführt hat", sagte Hofmeister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. Erst am Montag sei die neue Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums, die die Grundlagen der Testungen regele, bei den Kassenärzten eingegangen. "Kein Wunder, dass die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sich überrollt fühlen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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