Lage spitzt sich weiter zu Texas verhängt Maskenpflicht – Florida verzeichnet neuen Rekordwert
Teile der USA hatten sich schon außer Gefahr gewähnt, Bars und Restaurants geöffnet – nun steigen die Zahlen der Corona-Infizierten vor allem im Süden und Westen dramatisch an. Präsident Trump will davon weiterhin nichts hören.
In den USA sind binnen eines Tages fast 55.000 Neuinfektionen festgestellt worden. Das ist einer Zählung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge der weltweit höchste jemals gemeldete tägliche Anstieg. Am späten Donnerstag wurden demnach 54.879 neue Fälle registriert. Bislang lag der Rekord in Brasilien, das am 19. Juni 54.771 Neuinfektionen bekannt gab. Besonders betroffen sind Bundesstaaten im Süden des Landes wie Texas und Florida, aber auch Bundesstaaten an der Westküste wie Kalifornien.
Angesichts steigender Infektionszahlen führt der US-Bundesstaat Texas eine Mundschutzpflicht ein. Der als enger Verbündeter von US-Präsident Donald Trump geltende republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, ordnete am Donnerstag eine Maskenpflicht für alle Bezirke an, in denen mindestens 20 Corona-Infektionen nachgewiesen wurden. Abbott ordnete zudem ein Verbot von Versammlungen mit mehr als zehn Teilnehmern an. Zudem gelten ab sofort Abstandsregeln.
In Florida meldeten die Behörden am Donnerstag einen neuen Rekord bei den Neuinfektionen. Erstmals wurden demnach binnen eines Tages mehr als 10.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus festgestellt. Seit Beginn der Pandemie wurden in dem Bundesstaat im Südosten der USA damit bereits mehr als 169.000 Menschen positiv auf das Virus getestet. Der bevölkerungsreichste Bezirk Miami-Dade führte als Reaktion eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum ein.
Neuer Corona-Höchststand im Land
Mit einer Rekordzahl von mehr als 50.000 Neuinfektionen an einem Tag hatte sich die Corona-Pandemie in den USA schon am Mittwoch dramatisch zugespitzt. Während US-Präsident Donald Trump die Gefahr herunterspielte, nahmen mehrere Bundesstaaten kurz vor dem Nationalfeiertag am 4. Juli Lockerungen des Alltagslebens zurück. Demokraten werfen der Regierung Unfähigkeit vor.
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Schon in der vergangenen Woche hatte das Infektionsgeschehen stark angezogen, meist wurden mehr als 40.000 Fälle pro Tag verzeichnet. Das sind mehr als beim bisherigen Höhepunkt der Pandemie im April und Mai. Noch vor zwei Wochen betrug die Zahl der täglichen Neuinfektionen in den USA etwa 22.000. Insgesamt verzeichneten die USA, die etwa 330 Millionen Einwohner haben, seit Beginn der Pandemie bisher rund 2,7 Millionen nachgewiesene Infektionen und mindestens 128.574 Tote.
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US-Präsident Trump beschwichtigt
US-Präsident Trump redete die Gefahr am Donnerstag bei einer Pressekonferenz klein und feierte zugleich die relativ guten Arbeitsmarktzahlen. Es gebe noch vereinzelte Corona-Brandherde, diese würden aber schnell bekämpft. "Wir löschen die Flammen oder Feuer", sagte er. "Wir verstehen diese schreckliche Krankheit jetzt." Die Öffnung des Landes gehe "viel schneller" als erwartet.
Trumps designierter Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November, der Demokrat Joe Biden, widersprach Trump deutlich: "Das ist einfach keine ehrliche Bewertung von dem, was geschieht", sagte Biden. Für ihn und viele Amerikaner sei die Entwicklung besorgniserregend, doch der Präsident weigere sich, das Thema anzusprechen. An einigen Orten im Land würden die Notfallbetten in den Krankenhäusern bereits knapp.
Trump forderte am Donnerstag unterdessen, dass auch die Kirchen in den Vereinigten Staaten wieder geöffnet werden sollten. Am Mittwoch hatte er dem Fernsehsender Fox Business noch gesagt, das Virus werde "irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden".
Gesundheitsexperten warnen vor Feierlichkeiten
Mit Blick auf den Nationalfeiertag am 4. Juli zeigten sich mehrere US-Gesundheitsexperten angesichts des erwarteten höheren Reiseaufkommens und der Lockerungen besorgt. Es könne sich "ein perfekter Sturm" zusammenbrauen, zitierte der Sender CNN einen Arzt für Infektionskrankheiten. Problematisch sei zudem, dass sich die Menschen nicht immer an die Hygienevorschriften hielten. In Kalifornien und Michigan wurden Lockerungen bereits wieder zurückgenommen. Die Innenbereiche von Bars und Restaurants wurden in mehreren Städten wieder geschlossen. Im US-Bundesstaat Pennsylvania wurde eine Maskenpflicht angeordnet.
Gegenwind kommt von den Demokraten, die dem Republikaner Trump vorwerfen, vor dem Virus kapituliert zu haben. Mehrere demokratische Senatoren kündigten am Mittwoch an, das Verhalten der Regierung in einer parteiübergreifenden Kommission untersuchen lassen zu wollen. "Von Anfang an wurde die Reaktion der Verwaltung auf die Covid-19-Pandemie durch Versorgungsengpässe, mangelnde Koordination und die Unfähigkeit, das Virus einzudämmen, erschwert", sagte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein in einer Mitteilung. Es gehe jetzt darum, Lehren für kommende Pandemien zu ziehen.
Trump hatte sich während seiner Präsidentschaft immer wieder mit der gut laufenden US-Wirtschaft gebrüstet. Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft jedoch empfindlich getroffen. Mehr als 45 Millionen Menschen verloren seit Mitte März mindestens zeitweise ihren Job – so viele wie nie zuvor in solch kurzer Zeit. Die Arbeitslosigkeit lag im Juni bei 11,1 Prozent.
In der Debatte um die Maskenpflicht hatten sich Trumps Parteifreunde ebenfalls von seiner bislang gefahrenen Linie entfernt. Der Präsident hält nichts von einer landesweiten Maskenpflicht und zeigt sich auch selbst nicht mit Mund- und Nasenbedeckung. Im Fox-Interview betonte er, in den USA gebe es genug Orte, an denen ausreichend Abstand eingehalten werden könne. Er habe persönlich aber keine Probleme damit, eine Maske zu tragen. "Ich hatte sogar eine Maske auf (und) ich mochte irgendwie, wie ich ausgesehen habe", sagte er. "Es war eine dunkle, schwarze Maske und ich fand, es sah in Ordnung aus." Er habe ausgesehen wie "Lone Ranger", eine fiktive Figur, die unter anderem aus Westernfilmen bekannt ist – und eine Augenmaske trägt.
- Nachrichtenagenturen afp, dpa und Reuters