Wegen Körperverletzung Verhandlung trotz Coronavirus – Anwalt zeigt Richter an

Weil er seine Gesundheit bedroht sieht, hat ein Münchner Anwalt einen Richter angezeigt. In Zeiten des Coronavirus sei ein Prozess mit 50 Personen im Raum eine "absolute Hochrisikoveranstaltung".
Die rasante Ausbreitung des neuartigen Coronavirus sorgt für Wirbel in der bayerischen Justiz. Ein Münchner Rechtsanwalt zeigte am Dienstag einen Richter des Landgerichtes München I wegen versuchter Körperverletzung an, weil er trotz der aktuellen Corona-Pandemie auf einer Verhandlung bestand. Zahlreiche andere Verfahren wurden dagegen abgesetzt – und Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sprach sich angesichts der Krise für eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) aus.
Zu dem Corona-Eklat in München kam es während eines Verfahrens wegen versuchten Totschlags. Der Richter habe "bewusst eine Gefahrenlage" geschaffen und nahm "sehenden Auges in Kauf, dass sich die Anwesenden im Sitzungssaal einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen", heißt es in der Anzeige des Rechtsanwaltes Thomas Pfister, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Pfister sprach von einem "ungeheuerlichen Vorgang".
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Seinen Angaben zufolge waren während der Verhandlung mehr als 50 Menschen im Gerichtssaal. "Eine derartige Anzahl von Personen wird nach allgemeiner Auffassung (...) als absolute Hochrisikoveranstaltung bezeichnet", kritisierte Pfister.
Gerichtssprecher Florian Gliwitzky wies die Vorwürfe gegen den Richter zurück. Die Justiz könne auch in Zeiten des sich rasant verbreitenden Coronavirus nicht die Arbeit einstellen. "Die Justiz ist in bestimmten Bereichen systemrelevant", sagte er. Außerdem habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass sich im Gerichtssaal ein infizierter Mensch aufhalte oder jemand, der Kontakt zu einem Infizierten gehabt habe.
- Nachrichtenagentur dpa