Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Coronavirus Ein Horrorszenario: Wir sollten alle Großveranstaltungen absagen
Der Krisenstab der Bundesregierung empfiehlt, bestimmte Großveranstaltungen in Deutschland abzusagen. Doch hilft das, die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen?
Nein, keine Angst vor großen Veranstaltungen
Große Veranstaltungen in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt abzusagen, halte ich für eine übertriebene Maßnahme. Aktuell sind mehr als 50 Menschen in einem Land von über 82 Millionen betroffen, nur bei wenigen ist der Zustand kritisch. Sicher, die Zahlen werden noch steigen, aber ist das wirklich Grund für solch drastische Maßnahmen? Jetzt alle Großveranstaltungen abzusagen, sorgt für noch mehr Verunsicherung in der Bevölkerung und der Wirtschaft.
Allein an diesem Wochenende finden 28 Profifußballspiele, 4 große Handballspiele und 13 DEL-Partien statt. Es gibt Messen in verschiedenen Bundesländern. Wo ziehen wir die Grenze, was ist eine Großveranstaltung? 1.000 Teilnehmer, 10.000 Besucher? Was darf stattfinden, was nicht?
Wir sitzen Tag für Tag in überfüllten U-Bahnen und Zügen, treffen beim Einkaufen und auf der Arbeit oder Uni auf Menschen – auch das sind Großveranstaltungen. Der Kontakt zu Fremden gehört zu unserem täglichen Leben dazu. Auf unseren Flughäfen landen im Minutentakt Passagiere aus aller Herren Länder. Wo diese Menschen in den letzten zwei Wochen waren wird abgefragt, kann aber auch nicht überprüft werden.
Wenn heute Großveranstaltungen abgesagt werden, werden dann nächste Woche alle Schulen geschlossen und alle öffentlichen Einrichtungen? Flüge und Bahnfahrten eingeschränkt? Fabrikarbeiter nach Hause geschickt? Der wirtschaftliche Schaden wäre enorm! Auch bei den jährlichen Grippewellen (die übrigens mehr Todesopfer fordern) ruft die Politik nicht nach Einschränkungen – warum sollte das Coronavirus anders behandelt werden? Sollten wir uns nicht lieber auf unseren gesunden Menschenverstand verlassen und die ausgegebenen Hygieneregeln einhalten? Bleiben wir gelassen!
Ja, wir müssen die Welle der Infektionen abflachen
Großveranstaltungen wie Messen und Sportereignisse abzusagen, ist richtig. Das Problem ist schlicht: Alle Besucher streben anschließend in viele Richtungen auseinander – im Fall der ITB hätte sich das Virus anschließend weltweit verteilt. Für Epidemiologen ein Horrorszenario, weil sich das Virus so rasant verbreiten kann und Infektionsketten dann nicht nachvollzogen werden können. Steckt dagegen ein Angestellter seine Kollegen an, ist zumindest klar, wer anschließend in Quarantäne muss. Deshalb ist die Entscheidung des Krisenstabs der Bundesregierung richtig.
Was andere große Sportveranstaltungen angeht (Fußball-Bundesliga, Lauf-Wettbewerbe, Parteitage), ist das Problem ähnlich gelagert. Das zeigt der Fall des in Nordrhein-Westfalen infizierten Ehepaars, das mit 400 anderen Jecken eine Karnevalsveranstaltung besucht hatte. Anschließend mussten alle Besucher und deren Familien in Quarantäne, um weitere Erkankungen auszuschließen. Mehr als 1.000 Menschen sitzen nun in ihren Häusern und Wohnungen fest. Stellen Sie sich dieses Szenario für ein ausverkauftes Fußballstadion vor. Mehr als 100.000 Menschen müssten anschließend in Quarantäne.
Klar, die Corona-Fallzahlen in Deutschland sind derzeit noch sehr gering. Experten sind sich aber einig: Es gilt, die Infektionswelle auseinanderzuziehen. Heißt: Das Virus wird sich verbreiten, aber je langsamer das geht, desto weniger Chaos entsteht. Die Welle der Infektionen muss möglichst flach sein. Je mehr Menschenansammlungen vermieden werden können, ohne große Auswirkungen auf Wirtschaft und öffentliches Leben, desto besser.
Dann können Krankenhäuser alle ernsthaft Erkrankten behandeln, ohne dass Engpässe entstehen. Es gilt also: Panik ist unnötig, aber Großveranstaltungen sind nun wirklich unnötig. Zumal die Absage von Sportveranstaltungen uns nur eines kostet: ein bisschen Spaß.
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