Neue Flüchtlingstragödie Hunderte Menschen im Mittelmeer ertrunken
Im Mittelmeer hat es nach Angaben Italiens mehrere Hundert Tote bei einem Unglück mit mehreren Flüchtlingsbooten gegeben. Es habe sich eine Tragödie auf See ereignet, sagte Präsident Sergio Mattarella.
"Es ist sicher, dass wir es genau ein Jahr nach der Tragödie in libyschen Gewässern wieder mit einer Tragödie zu tun haben", sagte auch der italienische Außenminister Paolo Gentiloni am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, nach seinen Informationen seien bei dem Versuch einer Überfahrt von Flüchtlingen über 300 Menschen umgekommen. Ein Sprecher wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass diese Informationen noch nicht bestätigt seien.
Über 400 Todesopfer möglich
Der arabische Dienst des britischen Senders BBC hatte zuvor unter Berufung auf nicht näher genannte ägyptische Berichte gemeldet, bei der Katastrophe seien mehr als 400 Flüchtlinge ertrunken, die meisten von ihnen Somalier.
Insgesamt seien vier Boote im Mittelmeer gesunken, hieß es. Auch der somalische Botschafter in Ägypten spricht in der BBC von möglicherweise 400 Todesopfern.
Viele Somalis unter den Opfern
Der somalische Regierungssprecher Abdisalan Aato sagte in der Hauptstadt Mogadischu, auf den Booten hätten sich rund 500 Migranten befunden. "Unseren Informationen zufolge sind viele Somalis in dieser Tragödie ums Leben gekommen."
Aato sagte weiter, ungefähr 200 der Bootsinsassen stammten aus Somalia und der autonomen Region Somaliland. "Dieser Unfall, bei dem viele unserer jungen Männer Berichten zufolge ums Leben kamen, hat uns sehr schockiert", betonte der Präsident Somalilands, Ahmed Mohamed Mohamud Silanyo, in einer Mitteilung. Nach lokalen Medienberichten überlebten nur 23 Migranten das Unglück.
Noch viele Fragen offen
Die verunglückten Menschen waren nach Angaben des italienischen Außenministers in Ägypten aufgebrochen. Man versuche, mehr Informationen zu bekommen.
Wo exakt sich die Katastrophe ereignet hat, ist bisher nicht klar. Auch zu den genauen Umständen des Unglücks gab es keine präzisen Angaben.
Frontex-Sprecherin Izabella Cooper konnte keine Angaben zu dem Vorfall machen. Die EU-Grenzschutzagentur sei nicht beteiligt gewesen und habe weder Zahlen noch eine offizielle Bestätigung. Ansprechpartner seien die ägyptischen Behörden.
Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR konnte die Katastrophe bisher nicht verifizieren. Wie der für Europa zuständige UNHCR-Sprecher William Spindler dem "Tagesspiegel" sagte, lägen der italienischen Küstenwache keine Kenntnisse über gekenterte Boote im Zusammenhang mit der jüngsten Havarie vor. Auch die griechische Küstenwache hat den UNHCR-Angaben zufolge keine Angaben über Überlebende gemacht, die nach Griechenland gebracht worden seien.
Flüchtlingszahlen aus Libyen schnellen in die Höhe
Auf einem weiteren im Mittelmeer in Seenot geratenen Flüchtlingsboot haben italienische Rettungskräfte sechs Leichen gefunden. 108 weitere Migranten seien gerettet und von einem Schiff aufgenommen worden, nachdem sie zuvor einen Notruf abgesetzt hatten, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Sie hätten den Rettern von den Toten auf ihrem Boot erzählt, die daraufhin ebenfalls an Bord geholt worden seien. Das Boot war unweit der libyschen Küste bei schwerem Wellengang in Seenot geraten. Die Migranten sollten nach Sizilien gebracht werden.
Mitte April vergangenen Jahres war vor der libyschen Küste ein Flüchtlingsboot gekentert. Nach Angaben eines Überlebenden sollen bis zu 950 Menschen an Bord gewesen sein. Mehr als 140 Leichen wurden bislang geborgen, 28 Menschen überlebten das Unglück.
Libyen war schon im vergangenen Jahr zunächst Hauptroute für Flüchtlinge in die EU, bevor sich diese nach Osten auf die Türkei und Griechenland verlagerte. Mit dem milderen Wetter stiegen die Ankunftszahlen in Italien nun wieder deutlich an. In diesem Jahr kamen bereits wieder mehr als 20.000 Menschen auf diesem Weg nach Europa.