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Schlechte Luftqualität: Giftwolke über Deutschland – woher der Smog kommt


Mega-Smog
Schockierende Giftglocke verpestet Deutschland


12.02.2025 - 11:20 UhrLesedauer: 4 Min.
Die Werte der Feinstaubkonzentration in Deutschland sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Eine Smog-Glocke hängt über dem Land.Vergrößern des Bildes
Die Werte der Feinstaubkonzentration in Deutschland sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Eine Smog-Glocke hängt über dem Land. (Quelle: t-online)
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Wie eine Glocke aus Giftgasen umhüllt Feinstaub aktuell Deutschland. Fast im gesamten Land gilt die Warnstufe Rot. Aber wie kommt der Mega-Smog plötzlich zustande?

Am vergangenen Montag leuchtete die Deutschlandkarte knallrot: Die Feinstaubwerte waren so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Massenweise knackten die deutschen Städte die höchste Warnstufe von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Über Deutschland hängt momentan eine regelrechte Giftglocke. Die Ursache für die hohen Feinstaubwerte ist unter anderem die Wetterlage.

"Die aktuelle Feinstaubbelastung in Deutschland wird maßgeblich durch eine stabile Hochdruckwetterlage verursacht", erklärt der Meteorologe Dominik Jung. "Hochdruckgebiete sorgen für wenig Wind und eine sogenannte Inversionswetterlage, bei der kalte Luft in Bodennähe gefangen bleibt, während wärmere Luft in höheren Schichten liegt", führt er aus. Inversion meint eine Umkehrung der normalen Temperaturschichtung. "Normalerweise steigen Luftmassen auf und transportieren Schadstoffe nach oben, wo sie durch Wind verteilt oder durch Regen aus der Atmosphäre ausgewaschen werden. Doch bei einer Inversion wirkt die warme Luftschicht wie ein Deckel, der die Luft am Boden hält."

Da es bei der aktuellen Wetterlage kaum Luftbewegung gibt, sammeln sich Schadstoffe wie Feinstaub, Stickoxide und andere Emissionen in Bodennähe und führen zu schlechter Luftqualität. "Diese Wetterbedingungen können über Tage oder sogar Wochen anhalten und sorgen dafür, dass sich die Giftglocke über Deutschland nicht auflöst", warnt Jung. Erst mit einer Wetteränderung, beispielsweise durch ein Tiefdruckgebiet mit Regen und Wind, könne sich die Luftqualität wieder verbessern.

Die Hotspots in Deutschland

Besonders in Ballungsräumen, Industriegebieten und Städten mit hohem Verkehrsaufkommen ist die Feinstaubbelastung kritisch. "Großstädte wie Berlin, Stuttgart, München, Frankfurt oder das Ruhrgebiet sind regelmäßig betroffen, da hier viele Quellen von Feinstaub zusammenkommen: Straßenverkehr, Heizungen, Industrieanlagen und Baustellen", erklärt der Meteorologe.

Ein weiteres Problem sind Tallagen, wie etwa bei Stuttgart oder dem Rhein-Main-Gebiet. "Durch die geografische Lage kann sich die schlechte Luft dort besonders lange halten, da wenig Luftaustausch stattfindet. In diesen Regionen treten oft extreme Feinstaubwerte auf, wenn es über längere Zeit keinen Regen oder Wind gibt."

Aber auch in ländlichen Regionen kann die Feinstaubbelastung hoch sein – insbesondere in Gegenden mit vielen Holzheizungen oder intensiver Landwirtschaft. Besonders an kalten Wintertagen, wenn viele Haushalte mit Kaminöfen heizen, steige die Feinstaubbelastung erheblich an. "Die aktuellen Messungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass in fast ganz Deutschland die Grenzwerte überschritten werden – ein Problem, das nicht nur einzelne Regionen betrifft, sondern flächendeckend auftritt", betont der Experte.

Ostwind bringt zusätzlichen Smog nach Deutschland

Zusätzlich bringt der Ostwind das Feinstaubproblem unserer östlichen Nachbarn nach Deutschland. "Polen trägt in manchen Wetterlagen zur Feinstaubbelastung in Deutschland bei, allerdings ist das nur ein Teil des Problems. In Polen wird in vielen Haushalten noch mit Kohle und Holz geheizt, oft mit veralteten Öfen ohne moderne Filtertechnik. Dadurch entstehen besonders in den Wintermonaten hohe Feinstaubemissionen. Bei bestimmten Wetterlagen kann dieser Feinstaub mit östlichen Winden nach Deutschland transportiert werden", erläutert Jung.

Das bedeutete jedoch nicht, dass Polen allein für die hohe Feinstaubbelastung in Deutschland verantwortlich ist. "Auch hierzulande gibt es erhebliche eigene Quellen: Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und private Heizungen tragen wesentlich zur Luftverschmutzung bei. Wenn sich dann noch eine Hochdruckwetterlage mit wenig Luftbewegung einstellt, bleiben diese Schadstoffe über längere Zeit in der Atmosphäre und führen zur aktuellen Belastung."


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"Die Hauptverantwortung für die Luftqualität in Deutschland liegt bei den heimischen Emissionen."


Dominik jung


Jung betont aber: "Die Hauptverantwortung für die Luftqualität in Deutschland liegt bei den heimischen Emissionen. Eine nachhaltige Lösung erfordert daher Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, um die Feinstaubproduktion insgesamt zu reduzieren." Die langfristige Lösung bestehe in strengeren Umweltauflagen, saubereren Technologien und einer Verkehrswende. Doch ohne konsequentes Handeln werde das Problem immer wieder auftreten.

Feinstaub kann in die Lunge, in den Blutkreislauf und ins Gehirn gelangen

Die aktuellen Feinstaubwerte können katastrophale Folgen für die Gesundheit haben. "Feinstaub ist besonders gefährlich, weil die Partikel so klein sind, dass sie tief in die Lunge eindringen und teilweise sogar in den Blutkreislauf gelangen können", warnt Jung. Je nach Partikelgröße unterscheidet man zwischen PM10 (Partikel bis 10 Mikrometer Durchmesser) und PM2,5 (feinere Partikel bis 2,5 Mikrometer). "Die kleinsten Partikel können sogar bis ins Gehirn vordringen und dort Entzündungen auslösen."

Video | Feinstaub-Alarm: Diese drei Faktoren machen die Lage so brisant
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Quelle: t-online

Auch das Umweltbundesamt warnt: "Negative gesundheitliche Auswirkungen können auftreten. Wer empfindlich ist oder vorgeschädigte Atemwege hat, sollte körperliche Anstrengungen im Freien vermeiden." Für Menschen mit Vorerkrankungen können sich schon ab der gelben Stufe "moderat" gesundheitliche Probleme ergeben. Ist der Indexwert "sehr schlecht", empfiehlt das Amt diese Vorsichtsmaßnahme allen Bürgern. PM2,5-Werte über 50 gelten dabei als "sehr schlecht". Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer (PM2,5) ist vor allem aufgrund seiner geringen Größe ein Gesundheitsrisiko. Die feinen Partikel können tiefer in die Atemwege eindringen, dort länger verbleiben und die Lunge nachhaltig schädigen.

Bei PM10 hingegen liegt die Grenze von "sehr schlecht" bei 100 und Werte von 51 bis 100 fallen in die Kategorie "schlecht".

Ein großes Problem ist aber die chronische Belastung durch Feinstaub. Der Meteorologe Junge schlägt Alarm: "Auch wenn kurzfristige Feinstaubspitzen problematisch sind, ist es vor allem die andauernde Exposition, die zu schweren Erkrankungen führt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits betont, dass es keinen sicheren Schwellenwert für Feinstaub gibt – selbst geringe Mengen können gesundheitliche Schäden verursachen."

Verwendete Quellen
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