Umweltministerin Lemke kritisiert UN-Plastikabkommen scheitert an Erdölförderländern
Die UN-Konferenz zu einem Plastikabkommen ist gescheitert. Klare Kritik kommt von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat Erdölförderländer wie Iran, Saudi-Arabien oder Russland kritisiert, weil die Verhandlungen über ein internationales Abkommen zur Eindämmung von Plastikmüll ohne Einigung zu Ende gegangen sind. Gescheitert sei eine Einigung an jenen Staaten, die auch in Zukunft von fossilen Geschäftsmodellen wie der Plastikproduktion profitieren wollten, erklärte Lemke am Montag. "Das Festhalten an klimaschädlichen Strukturen ist aber mit Blick auf die sich beschleunigende Klimakrise und die fortschreitende Plastikverschmutzung unserer Meere verantwortungslos."
- Greenwashing-Kampagne? 143 Lobbyisten auf 38 Forschende
Bei einwöchigen Gesprächen am Hauptsitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in der kenianischen Hauptstadt Nairobi hatten rund 60 Staaten ein Vertragswerk gefordert, in dem bestimmte Plastikprodukte durch Verbote aus dem Markt genommen werden. Außerdem sollte es weitere Regeln zur Einschränkung des Plastikverbrauchs geben. Die Gespräche gingen am Sonntag ohne Einigung in zentralen Punkten zu Ende.
Russland blockiert mit
Nach Angaben aus Verhandlungskreisen brachten Iran, Saudi-Arabien, Russland und weitere Erdöl-Exporteure eine Vielzahl neuer Vorschläge ein. Dadurch sei der Vertragstext massiv angewachsen und die Bearbeitung der einzelnen Punkte habe sich erheblich verlangsamt. Außerdem setzten sich die Vertreter der Erdölförderländern dafür ein, dass jegliche Regeln lediglich den Charakter von Selbstverpflichtungen haben sollten.
Im vergangenen Jahr hatten sich 175 Nationen verpflichtet, sich auf ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen gegen die Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren zu einigen. Vertreter der Staaten kamen in Nairobi für eine dritte von bislang fünf angesetzten Verhandlungsrunden zusammen. Erstmals wurde über einen im September veröffentlichten Textentwurf beraten.
- Die Pest unserer Zeit: Vögel sterben qualvollen Plastiktod
Die Nichtregierungsorganisation Gaia warf dem UNEP vor, durch seine Verhandlungsführung in Nairobi einer Minderheit von Staaten ermöglicht zu haben, die Verhandlungen zu blockieren. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Weltgemeinschaft einen guten Schritt weitergekommen wäre, indem sie den Auftrag zur Formulierung des konkreten Abkommens gegeben hätte", erklärte Lemke.
Starke Kritik auch aus Deutschland
Die deutsche Sektion der Umweltschutzorganisation WWF äußerte sich ebenfalls enttäuscht. Es sei bei dem Treffen in Nairobi so wenig erreicht worden, dass es sich "kaum gelohnt" habe, erklärte WWF-Vertreter Florian Titze. Allerdings sei ein Abkommen bis 2025 noch möglich, die Bundesregierung müsse hierfür "jede Möglichkeit für weiteren Fortschritt ergreifen". Die verbleibenden zwei Verhandlungsrunden sind für April und November 2024 angesetzt.
Das UNEP selbst äußerte sich indes zuversichtlich. Es seien "wesentliche" Fortschritte im Umhang mit Plastikmüll erzielt worden, erklärte die Organisation. Der internationale Chemieindustrie-Verband ICCA erklärte, die Verhandlungen hätten einen "unzureichenden" Entwurf verbessert, der jetzige Textentwurf berücksichtige die "Bandbreite der Ideen" viel stärker.
Die weltweite Plastikproduktion hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Millionen Tonnen Plastik landen in der Umwelt und im Meer, oft in Form von mikroskopisch kleinen Partikeln. Dieses sogenannte Mikroplastik kann nicht nur in den Verdauungstrakt, sondern auch in den Blutkreislauf von Lebewesen gelangen.
- Nachrichtenagentur AFP