Debatte in Schweden Frau muss Sauna wegen Badekleidung verlassen – Kritik
Eine Frau hat eine Wellnesseinrichtung in Schweden scharf kritisiert – weil sie nicht mit Badekleidung entspannen durfte. Der Vorfall hat Folgen für den Betrieb.
Saunieren mit oder ohne Kleidung? In Schweden ist eine im wahrsten Sinne des Wortes hitzige Debatte um Regeln in Saunas entbrannt. Der Hintergrund: Eine Frau in Östersund, eine Stadt rund 550 Kilometer nördlich von Stockholm, musste eine Sauna verlassen, weil sie einen Badeanzug trug und nicht – wie oftmals in Heißluftbädern üblich – nackt war.
In der Lokalzeitung "Östersunds-Posten" machte sie ihrem Ärger daraufhin im Zuge eines Leserbriefes Luft: "Das Umfeld im Entspannungsbereich des Storsjöbadet [die betroffene Sauna, Anm. d. Red.] ist beklagenswert. Es ist von verschiedenen Regeln die Rede, aber die Regel, die das Personal am meisten ernst zu nehmen scheint, ist das Tragen von Badekleidung, während sie sich lieber auf die Anzahl der alten Männer konzentrieren sollten, die sich mit ihren kleinen Handtüchern entblößen."
Die Frau erhob schwere Vorwürfe: "Belästigungen und persönliche Angriffe sind in Ordnung, aber bei einer Frau, die in der Sauna Badekleidung trägt, wird die Grenze gezogen."
"Sie schaffen ein (...) unsicheres Umfeld für Frauen"
Die Frau berichtete von der Rechtfertigung der Badeanstalt, sie wegen ihres Badeanzugs der Sauna zu verweisen: "Es ist die Rede von gefährlichen Gasen, die entstehen, wenn Chlor auf die Hitze der Sauna trifft, und davon, wie sie sich auf den Menschen auswirken. Das alles hat natürlich keine wissenschaftliche Grundlage, aber das ist die Erklärung, die sowohl das Personal als auch die Manager geben." Für die Betroffene hat das Konsequenzen: "Sie schaffen ein schlechtes und unsicheres Umfeld für Frauen, insbesondere für jüngere Frauen", warf sie den Saunabetreibern vor.
In ihrem Leserbrief hieß es weiter: "Das von ihnen geschaffene Umfeld hat dazu geführt, dass erwachsene Männer sich wohlfühlen, wenn sie negative Bemerkungen über den Körper von Frauen machen und ihnen in die Sauna folgen, nur um sie wegen ihrer Badeanzüge anzuschreien. Und wem sagt das Personal nach all dem Geschrei und dem bedrohlichen Verhalten Bescheid? Mir natürlich, weil ich einen Badeanzug trug."
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Die Frau forderte eine Abschaffung der Regel, keine Badekleidung im Saunabereich tragen zu dürfen. "So können sich junge Frauen sicherer fühlen."
"Badekleidung ist ein hervorragender Verbreiter dieser Keime"
Der Leiter der Badebetriebe in Östersund, Martin Gruvelgård, antwortete der Frau ebenfalls in Form eines Leserbriefs an "Östersunds-Posten" und rechtfertigte die "Nacktheitsregelung" vorrangig mit hygienischen Gründen.
"Bakterien und Pilze gedeihen in einer warmen und feuchten Umgebung, und Badekleidung ist ein hervorragender Verbreiter dieser Keime, da Schmutz und Schweiß dort landen. Natürlich ist es wichtig, sowohl vor als auch nach dem Saunagang zu duschen, ob man nun Badekleidung trägt oder nicht, aber wenn man Badekleidung trägt, besteht die Gefahr, dass der Schmutz ins Badewasser gelangt. Schmutz und Schweiß reagieren mit dem Chlor im Wasser und bilden in der Luft befindliche Chloramine, die ungesund zum Einatmen sind." Auch auf Sauna-Blogs ist diese Begründung für das Nacktsein zu finden.
"Müssen natürlich handeln"
Und Gruvelgård nannte einen weiteren Grund: Viele Menschen empfänden Badekleidung in der Sauna als unangenehm. Es sei eine "Frage der Saunakultur", und es gebe unterschiedliche Auffassungen darüber. Der Betreiber sagte über den Leserbrief der Frau, es sei sehr traurig zu hören, wie sie den Entspannungsbereich erlebe. Er ging auch auf die Vorwürfe ein, dass Männer die Frau angeschrien haben sollen: "Wenn es zu Situationen kommt, in denen sich Leute absichtlich entblößen, schreien und drohen, müssen wir natürlich handeln."
Gruvelgård stimmte der Aussage der Frau zu, dass die meisten Badezentren in Schweden inzwischen Badekleidung in Saunen erlaubt hätten. Dennoch schloss er eine Regelanpassung für das Saunazentrum in Östersund damals zunächst aus.
Einrichtung hat Regelung doch angepasst
Inzwischen hat die Einrichtung doch eingelenkt: In einer Mitteilung vom 16. Oktober verkündete "Storsjöbadet": "Die Sicherheit unserer Besucher liegt uns sehr am Herzen, gleichzeitig wollen wir eine hygienische, komfortable und gute Umgebung für unsere Besucher und Mitarbeiter. Wir haben uns nun dafür entschieden, das Sicherheitsargument stärker in den Vordergrund zu stellen und ändern daher unsere Regeln dahingehend, dass Badebekleidung in allen Saunen erlaubt ist."
Diese Entscheidung dürfte neben der verärgerten Frau auch viele andere Schwedinnen und Schweden freuen. Eine Umfrage von Radio Sweden ergab, dass lediglich 32 Prozent der Menschen in der Sauna das Nacktsein bevorzugen, 28 Prozent bedecken sich am liebsten mit einem Handtuch und 40 Prozent wollen Badekleidung tragen, wenn sie einen Aufguss besuchen.
Annika Teppo, Professorin für Kulturanthropologie an der Universität Uppsala in Schweden, sagte der britischen "Times", Saunen seien traditionell eine Umgebung gewesen, in der anzügliches Schmunzeln oder sexuelle Kommentare streng tabu seien. "Wer denkt, es sei ein sexueller Raum, begeht einen wirklich großen sozialen Fehler mit Konsequenzen." Wenn man sich unwohl fühle, unabhängig vom Geschlecht, solle man lieber keine gemischten Saunen besuchen, so Teppo.
- op.se: "Bedrövlig miljö på Storsjöbadets relaxavdelning" (schwedisch)
- op.se: "Därför får man inte ha baddräkt i bastun" (schwedisch)
- storsjobadet.se: "TILLÅTET ATT BÄRA BADKLÄDER I BASTUN PÅ RELAXEN" (schwedisch)
- thetimes.co.uk: "Should you be naked in the sauna? Swedes get steamed up over etiquette" (englisch)
- finnland-sauna.de