"Ohne Anspruch" Experten schmettern Volker Wissings Klimaplan ab
"Schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch": Regierungsberater haben Volker Wissings Klimaplan eine deutliche Abfuhr erteilt.
Der Expertenrat für Klimafragen hat den Klimaplan von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) als völlig unzureichend zurückgewiesen. Sein Sofortprogramm sei "schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch", stellten die Experten am Donnerstag fest, die im gesetzlichen Auftrag des Bundes die Klimaprogramme prüfen. "Das Sofortprogramm für den Verkehrssektor spart nach Angaben des Verkehrsministeriums nur 14 Megatonnen an Treibhausgas-Emissionen ein, so dass sich rechnerisch immer noch eine Erfüllungslücke von 261 Megatonnen bis 2030 ergibt", erklärte die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, Brigitte Knopf.
Das Ministerium habe nur Pläne zum Ausgleich der Lücke der Emissionen des Vorjahres vorgelegt, was "eine sehr spezielle Interpretation" des Klimaschutzgesetzes sei. Zudem habe das Haus von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf das geplante umfassende Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung verwiesen, das der Expertenrat ebenfalls prüfen wird. Auf eine umfassende Prüfung des Verkehrs-Sofortprogramms haben die Fachleute deshalb verzichtet. "Im Verkehrssektor wird das übergreifende Klimaschutz-Sofortprogramm erheblich über das vorgelegte sektorale Sofortprogramm hinausgehen müssen", betonte Knopf.
Auch Bauministerium kann Ziele nicht sichern
Die Pläne von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) könnten die Ziele im Gebäudesektor ebenfalls nicht sicherstellen. Deren Programm könne aber einen substanziellen Beitrag zur Minderung der Emissionen leisten.In den nächsten Jahren würden die Ziele im Gebäudesektor wohl weiter verfehlt, ab 2028 könnten sie aber wieder geschafft werden. "Ob die Einsparungen allerdings wirklich in diesem Umfang realisiert werden können, erscheint nach unserer Prüfung fraglich", sagte der Vorsitzende des Rates, Hans-Martin Henning.
Nach dem Klimaschutzgesetz haben alle Sektoren wie Energie, Industrie, Landwirtschaft, Gebäude oder Verkehr klare, jahresscharfe Vorgaben für ihren maximalen Ausstoß an Treibhausgasen. 2021 verfehlten Gebäude und Verkehr ihre Vorgaben. Laut Gesetz mussten sie deshalb ein Sofortprogramm vorlegen, um wieder auf Kurs zu kommen. Wissing und Geywitz hatten ihre Pläne dafür vor sechs Wochen präsentiert.
Der unabhängige Expertenrat überprüft diese mit dem jetzt vorgelegten Gutachten noch einmal. Die Regierung könnte das theoretisch übergehen, was aber als unwahrscheinlich gilt. Bis 2030 ist Deutschland verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 65 Prozent zu reduzieren. Im vergangenen Jahr lag man bei rund 39 Prozent. Der Expertenrat wies aber auf Unschärfen im Gesetz hin und bat um Klarstellung. Dazu zählten der Zeitpunkt der Einbindung des Expertenrats in die Prüfung eines Sofortprogramms und der genaue Gegenstand der Prüfung.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert Regierung
Für Unsicherheit sorgt vor allem das im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehene umfassende Klimaschutz-Sofortprogramm. Im Koalitionsvertrag ist zudem angedeutet, dass die Ziele auch sektorübergreifend und über mehrere Jahre hinweg erfüllt werden könnten. Der Energiesektor könnte so Mängel im Verkehr ausgleichen. Wissing hatte auch ausdrücklich auf dieses Programm hingewiesen. Es sollte bereits vorliegen, die Regierung hat sich aber trotz Teileinigungen wie bei der E-Auto-Kaufprämie noch nicht endgültig verständigt.
Kritik an den Klimaschutzplänen der Bundesregierung kommt von der Deutschen Umwelthilfe: Die zuständigen Ministerien hätten viel zu wenig unternommen, kritisierte die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz. Die Regierung verschleppe die Umstellung auf klimafreundlicheres Heizen und sei damit mitverantwortlich für übermäßig steigende Heizkosten. "Hohe Effizienzstandards und wirksame Sanierungsanreize müssen im Zentrum des neuen Sofortprogramms stehen, um vor allem einkommensschwache Haushalte vor Preisschwankungen und fossiler Abhängigkeit zu schützen." Gegen das Verkehrs-Sofortprogramm will die Organisation klagen.
- Nachrichtenagentur Reuters
- Nachrichtenagentur dpa