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Europawahl: SPD-Spitzenkandidatin nennt AfD-Klimapolitik "Unsinn"


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Diskussionsrunde zur Europawahl
Barley geht AfD-Kandidaten an: "Hanebüchener Unsinn"


Aktualisiert am 31.05.2024Lesedauer: 6 Min.
Katarina Barley (Archivbild): Die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl kritisierte den AfD-Vertreter bei einer TV-Diskussion scharf.Vergrößern des Bildes
Katarina Barley (Archivbild): Die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl kritisierte den AfD-Vertreter bei einer TV-Diskussion scharf. (Quelle: Boris Roessler)

AfD-Politiker René Aust sorgte bei "Wie geht’s Europa?" mit seiner Erklärung, man müsse sich dem Klimawandel anpassen, für viel Kritik. Auch seine Sicht auf die Flutkatastrophe im Ahrtal stieß auf Unverständnis.

In der Sendung "Wie geht’s Europa? – Der große Kandidatencheck" stellten sich am Donnerstagabend acht EU-Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien im Rahmen der anstehenden Europawahl den Fragen des Moderatoren-Duos Dunja Hayali und Mitri Sirin.

Besonders AfD-Politiker René Aust sorgte für einige kontroverse Momente. Als Erstes wurde der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die als bislang Tabu gehandelte Frage thematisiert, ob die Ukraine Russland mit westlichen Waffen angreifen dürfe.

Die Gäste

  • Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der EVP im Europäischen Parlament, CSU
  • Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, SPD
  • Terry Reintke, Spitzenkandidatin, Grüne
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Mitglied des Deutschen Bundestages, FDP
  • Martin Schirdewan, Fraktionsvorsitzender der Linken im Europäischen Parlament, Linke
  • Daniel Caspary, Mitglied des Europäischen Parlaments, CDU
  • Fabio De Masi, Spitzenkandidat, BSW
  • René Aust, Platz drei Europawahlliste, AfD

Katarina Barley berief sich dabei auf die Einschätzung von Kanzler Scholz, wollte dabei aber nicht allzu sehr ins Detail gehen. "Jedes Land, das Waffen liefert, schließt eine Vereinbarung mit der Ukraine. Was sie mit diesen Waffen tun […] ist eine vertrauliche Vereinbarung." Barley selbst wisse gar nicht, was in der Vereinbarung tatsächlich stehe: "Ich habe einen Bundeskanzler, der mit den internationalen Partnern und mit Präsident Selenskyj spricht. Ich habe einen Bundesverteidigungsminister, der eine exzellente Arbeit macht, und ich vertraue den beiden."

Weber fordert "Eintritt in die Europäische Verteidigungsunion"

"Wenn er den Ukrainern helfen will, dann wird er das unterstützen", erklärte Marie-Agnès Strack-Zimmermann hingegen. "Es geht ja darum, Raketenbasen, von denen wir wissen, wo sie stehen, auszuschalten." Der Krieg verändere sich und werde brutaler, so ihre Einschätzung. Auch Manfred Weber bekannte sich klar zu Waffenlieferungen und forderte "den Eintritt in die Europäische Verteidigungsunion". Er kritisierte die Uneinigkeit der EU-Länder bezüglich Munitionslieferungen: "Das Scheitern bei der Munitionslieferung ist darauf zurückzuführen, dass sich beispielsweise Deutschland und Frankreich nicht einigen konnten, wo man diese Munition kauft, global oder nur in Europa." Von den baltischen Staaten fordert er mehr Hilfen; diese seien prozentual gesehen weit weg von dem, was Deutschland beisteuert.

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AfD will "russischem Volk die Hände reichen"

Als Kritiker der Waffenlieferungen zeigten sich einmal mehr das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie die AfD. AfD-Mann René Aust forderte Friedensverhandlungen: "Nach 826 Tagen, in denen es die Strategie gab, Waffen zu liefern, beispielsweise Leopard-2-Panzer, wo man große Hoffnungen reingelegt hat, und nach zwei Jahren, in denen das 13. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen wurde, hat man es nicht geschafft, den Krieg zu beenden." Er forderte, dass diese Strategie "um Friedensinitiativen ergänzt" werde. Man könne doch nicht glauben, dass man immer das Gleiche machen und dabei ein anderes Ergebnis erwarten kann, so Aust.

Er appellierte außerdem, die Gespräche aus Istanbul (von denen offenbar nicht alle Teilnehmer etwas wussten) aus dem Jahr 2022 wiederaufzunehmen: "Das, was wir machen, ist, wir reichen dem russischen Volk die Hände, unabhängig von der russischen Führung. Was wir möchten, sind Handelsbeziehungen." Von Weber hagelte es dafür heftige Kritik: Wladimir Putin werde in der Ukraine nicht stoppen. Deswegen sei die Naivität, mit der die AfD gegenüber Russland vorgehe, für den Frieden und die Stabilität in Europa gefährlich. Die AfD, so Weber, fordere keine Friedensgespräche, sondern die Kapitulation der Ukraine.

Auch die Grüne Terry Reintke glaubt nicht daran, dass Putin nach der Ukraine Halt machen würde: "Wenn Wladimir Putin mit dieser Strategie seines Imperialismus erfolgreich ist, warum sollte er dann bei der Ukraine aufhören? Warum macht er dann nicht weiter in Georgien oder in Moldau? Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir weiter an der Seite der Ukraine stehen. Im Zweifel auch mit Waffenlieferungen."

Fabio De Masi vom Bündnis Sahra Wagenknecht betonte zunächst, dass es sich "um einen völkerrechtswidrigen Krieg handelt. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel", konstatierte er. "Aber wir glauben nicht, dass man ihn über immer weitere Aufrüstung und Waffenlieferungen lösen wird", so De Masi weiter.

Katarina Barley zu René Aust: "Hanebüchener Unsinn"

Eine Kontroverse gab es, als im zweiten Themenblock die Klimapolitik diskutiert wurde. AfD-Politiker Aust erklärte, dass sich der Mensch eben an den Klimawandel anzupassen habe. "Der Green Deal führt zu Deindustrialisierung hier in Deutschland. An den Klimawandel kann man sich anpassen. Und genau das ist auch unsere Strategie", so Aust zur Verwunderung der anderen Gesprächsteilnehmer. Die AfD wolle besonders vom Klimawandel betroffene Gruppen wie etwa Landwirte finanziell unterstützen, damit diese Investitionen in die Anpassung tätigen können.

"Das ist wirklich der größte hanebüchene Unsinn", kommentierte Barley Austs Sicht zum Klimawandel. Dass der Green Deal zum Bauernopfer geworden ist, sieht Daniel Caspary von der CSU indes nicht. "Wir wollen Europa zum klimaneutralen Industrieland machen. Das heißt, wir brauchen die wirtschaftliche Entwicklung, damit wir den Wohlstand und den sozialen Frieden gewährleisten können", erklärte er, meinte aber, dass man die Landwirte entlasten müsse.

Der Green Deal, eine Initiative der EU zur Modernisierung Europas, sieht unter anderem vor, dass es keine Nettoemissionen von Treibhausgasen bis 2050 und eine Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch geben soll. Gleichzeitig dürften die Menschen beim Umbau nicht zurückgelassen werden.

De Masi vom Bündnis Sahra Wagenknecht kritisierte den Green Deal, da er vor allem Menschen mit "kleinem Geldbeutel" belaste. Es brauche stattdessen mehr öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Terry Reintke von den Grünen unterstützte den Green Deal und hob hervor, dass grüne Technologien und Industrien die Zukunft seien.

Linken-Politiker Martin Schirdewan betonte hingegen, dass die meisten Emissionen von den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung verursacht werden und dass Menschen auf dem Land oft keine Alternative zum Auto haben. Er schlug vor, in Infrastruktur wie schnelle Züge zu investieren, anstatt die Menschen zu bestrafen. Er betont, dass der Markt das Klima nicht schützen kann und dass politische Maßnahmen notwendig seien.

Grünenpolitikern für geregelte Verfahren bei Migration

Der dritte große Themenblock war der Migrationspakt der EU. Grünen-Kandidatin Reintke erklärte: "Wir brauchen einen Solidaritätsmechanismus, der in der Tat auch bedeutet, dass Mitgliedstaaten diese Verantwortung miteinander teilen. Und wir brauchen Verfahren, die geregelt sind." Eine Diskrepanz zwischen den Ansichten von Außenministerin Annalena Baerbock und ihr sieht sie nicht: "Sehen Sie die Linie in der Debatte um Asyl- und Migrationspolitik? Die verläuft ja nicht zwischen Annalena Baerbock und mir, weil wir in die gleiche Richtung wollen. Die verläuft zwischen Menschen wie Giorgia Meloni, anderen Rechtsextremen, Rechtsautoritären, die eine wahnsinnig toxische Debatte in den letzten Jahren in Europa zu diesem Thema erzeugt haben." Caspary fordert indes, "die Magnetfunktion in Deutschland abzuschalten". Der Asyldeal mache besser, "dass wir als Europäische Union gemeinsam an der Außengrenze jetzt wirklich mal wirksam kontrollieren, wer kommt, dass wir mit Drittstaaten Regeln und Abkommen abschließen, damit wir auch die Situation in den Herkunftsländern verbessern".

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René Aust von der AfD kritisierte die Maßnahmen scharf. "Es geht nicht um die faire Verteilung, sondern darum zu verhindern, dass diese Leute sich überhaupt auf den Weg zu uns machen."

Barley überrascht mit Einschätzung

Die vielleicht überraschendsten Momente gab es bei den zweiminütigen Fragerunden, bei denen jeder Kandidat so viele Fragen wie möglich beantworten sollte. Hier erfuhr man etwa, dass AfD-Mann Aust Heinrich Heine als seinen Lieblingsdichter bezeichnet, Katarina Barley die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig als die größte lebende Person der Sozialdemokratie ansieht und Terry Reintke die Grünen auch nicht moralisch korrekter als andere Menschen ansieht. Linken-Politiker Martin Schirdewan konnte sich in der Fragerunde indes einen Seitenhieb auf das BSW nicht verkneifen. Auf die Frage, warum bei der Linken so viele Verständnis für Putin hätten, meinte er: "Ich kenne niemanden in der Linken, der Verständnis für Putin hat. Ich glaube, diejenigen, die Verständnis hatten, haben in der Zwischenzeit die Partei verlassen". Als größten Europäer sieht Schirdewan indes Karl Marx.

Das Schlusswort ließ Moderatorin Hayali, die während der Sendung die Gesprächsteilnehmer immer wieder unterbrach, dann aber keinem der anwesenden Politiker, sondern einer Zuschauerin. "Europa ist toll", attestierte diese. "Wir haben Kinder, die studieren, eine Ausbildung machen und überall rumtingeln können. Das ist eigentlich das, was Europa ausmacht. Und da kann ich nur sagen: Weiter so". Europa sei auf dem richtigen Weg!", meinte sie abschließend. "Bestes Schlusswort", konstatierte die Moderatorin.

Verwendete Quellen
  • ard.de: "Wie geht’s Europa?" 30. Mai 2024
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