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Steinmeier gibt Fehler in Russland-Politik zu: "Wir sind gescheitert"


"Wir sind gescheitert"
Steinmeier gesteht Fehler in Russland-Politik ein

Von afp, dpa, t-online
Aktualisiert am 04.04.2022Lesedauer: 2 Min.
Frank-Walter Steinmeier (Archiv): "Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat."Vergrößern des Bildes
Frank-Walter Steinmeier (Archiv): "Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat." (Quelle: imago-images-bilder)

Zum ersten Mal hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Fehler in Bezug auf die Russland-Politik zugegeben. Zuvor hatte der ukrainische Botschafter in Deutschland ihn persönlich angegangen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. "Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben", sagte er am Montag in Berlin.

Der heutige Bundespräsident war von 1999 bis 2005 Kanzleramtschef unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder und im Anschluss Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel – damit war der SPD-Politiker fast 15 Jahre lang für die deutsche Russland-Politik mitverantwortlich.

Steinmeier zieht "bittere Bilanz"

Bei dem Gespräch am Montag gab Steinmeier zu, dass er den russischen Präsidenten falsch eingeschätzt habe: "Meine Einschätzung war, dass Wladimir Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde – da habe ich mich, wie andere auch, geirrt", so zitiert ihn die "Süddeutsche Zeitung".

Er müsse nun eine "bittere Bilanz" ziehen: "Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden."

Melnyk: "Spinnennetz der Kontakte mit Russland"

Zuvor hatte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, Steinmeier scharf angegangen: Er warf ihm vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs eine zu große Nähe zu Russland vor. "Für Steinmeier war und bleibt das Verhältnis zu Russland etwas Fundamentales, ja Heiliges, egal was geschieht, auch der Angriffskrieg spielt da keine große Rolle", hatte Melnyk dem "Tagesspiegel" vom Sonntag gesagt.

Deutschland habe weiterhin zu viele Eigeninteressen gegenüber Russland, etwa in Bezug auf Gas, Öl und Kohle, sagte der Botschafter. Schuld daran sei auch Steinmeiers Agieren als Kanzleramtschef und später als Außenminister. "Steinmeier hat seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft. Darin sind viele Leute verwickelt, die jetzt in der Ampel das Sagen haben."

Bundesregierung wies Kritik zurück

Die Bundesregierung hatte Steinmeier gegen diese Kritik des ukrainischen Botschafters in Schutz genommen. "Die Kritik am Bundespräsidenten weisen wir zurück", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Dies gelte "bei allem Verständnis für die Ausnahmesituation, in der sich die Ukraine in diesem entsetzlichen Krieg befindet".

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Montag die Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an ihrer Russland-Politik zurückgewiesen.

Merkel verteidigte sich

In einer schriftlichen Stellungnahme verteidigte sie ihre Entscheidung, im Jahr 2008 den Wunsch der Ukraine nach Aufnahme in die Nato zurückgewiesen zu haben. "Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest", erklärte eine Sprecherin.

In diesem Punkt hatte Selenskyj zuvor schwere Vorwürfe erhoben: Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten die Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis abgelehnt, aufgrund der "absurden Angst einiger Politiker" vor Russland, sagte er am Sonntag in einer Videoansprache. Wegen dieser "Fehlkalkulation" habe die Ukraine eine Revolution, acht Jahre Krieg im ostukrainischen Donbass und nun "den schlimmsten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg" erlebt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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