Buchvorstellung Baerbock: Frauen erleben Spitzenpolitik anders
Annalena Baerbock wünscht sich einen anderen Politikstil, erzählt sie bei der Vorstellung ihres neuen Buchs. Darin zitiert die Kanzlerkandidatin der Grünen auch eine Ikone der CDU.
Annalena Baerbock muss raus aus der Defensive. Die erste Kanzlerkandidatin der Grünen hat zuletzt in Umfragen deutlich an Zustimmung verloren, auch ihre Partei rutschte wieder klar hinter die Union. Die 40-Jährige versucht es mit ihrem ersten Buch, das viele persönliche Elemente aus ihrem Leben mit politischen Vorstellungen verbindet. Auf der Terrasse des Hauses der Kulturen in unmittelbarer Nähe zum Kanzleramt stellt sie "Jetzt. Wie wir unser Land erneuern" vor.
Die Grünen-Chefin gibt sich gut gelaunt, doch der Druck, der auf ihr lastet, ist spürbar. Baerbock zitiert aus einem Interview der CDU-Ikone Rita Süssmuth: Frauen in der Politik würden Beleidigungen über sich ergehen lassen und dann im Zweifel im stillen Kämmerlein weinen. "Solche Aussagen würde es aus meiner Sicht niemals von einem Spitzenpolitiker als Mann geben", sagt Baerbock. Es sei für Frauen in der Spitzenpolitik einfach anders als für Männer. Das habe sie auch in den vergangenen Wochen erlebt und das zeige auch die Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Baerbock: Sport hat mich gelehrt, mit Tiefschlägen umzugehen
"Der Druck auf Annalena Baerbock ist riesengroß", sagt eine langjährige Weggefährtin. Mit ihrer Neugierde komme sie aber gut an, auch in der Wirtschaft, für die Klimaschutz radikale Veränderungen der Produktionsprozesse mit sich bringe. "Sie ist fachlich sehr interessiert, diskutiert gerne und auf Augenhöhe – und ohne Plastiksprache und Worthülsen."
Baerbock verweist selbst immer wieder auf einen anderen Politikstil, im Team und an der Sache orientiert. Ein Haudrauf werde es mit ihr nicht geben, sagt sie bei der Buchvorstellung. "Das ist nicht meine Art." Prägend seien ihre Erfahrungen als Leistungssportlerin gewesen. Trampolin-Springen sei noch immer Entspannung und Ablenkung, so Baerbock. Der Sport habe sie auch gelehrt, mit Tiefschlägen umzugehen. "Große Erfolge gehen nur gemeinsam, im Team."
Baerbock sieht Kluft zwischen Politik und Bevölkerung
Neue Vorschläge, die über das Wahlprogramm der Grünen hinausgehen, finden sich in dem 240 Seiten starken Buch allerdings nicht. An vielen Stellen bleibt es allgemein. Baerbock sagt, es gebe eine große Kluft zwischen der Politik und der Bevölkerung. Diese müsse geschlossen werden. Hier werde ihre Rolle als zweifache Mutter helfen.
Wie groß der Druck auf Baerbock ist, zeigte sich vergangenen Samstag, als sie ihre Hauptrede auf dem Parteitag hielt. Weil sie sich zum Ende an einer Stelle verhaspelte und kurz aus dem Konzept kam, ärgerte sie sich maßlos: "Scheiße", rief sie Co-Parteichef Robert Habeck zu, als sie von der Bühne kam und das Mikrofon noch nicht abgestellt war.
- Nachrichtenagentur Reuters