Geld allein reicht nicht Dieses Problem muss die Rüstungsindustrie jetzt lösen

Es sind goldene Zeiten für europäische Rüstungskonzerne – eigentlich. Doch all die Milliarden, die nun an Rheinmetall und Co. fließen, schaffen auch neue Probleme.
Die wirtschaftlichen Aussichten für europäische Rüstungskonzerne sind so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Allein die EU will 800 Milliarden Euro für die Ertüchtigung der europäischen Armeen mobilisieren, in Deutschland soll der Wehretat künftig von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Doch der plötzliche Geldsegen schafft für Konzerne wie Rheinmetall auch neue Probleme.
"Noch nie wurde in eine Branche in einer solchen Geschwindigkeit so viel Geld reingepumpt", sagte jetzt die Headhunterin Eva Brückner in einem Interview mit dem "Handelsblatt". Die Personalberaterin geht für Rüstungskonzerne gezielt auf die Suche nach geeigneten Mitarbeitern. Sie sagt, die Branche müsse massiv aufbauen: "Da geht es um Hunderttausende zusätzliche Stellen, in Produktion, Forschung und Entwicklung oder im Vertrieb. Wir können froh sein, wenn wir einen Teil der benötigten Stellen besetzt kriegen."
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"Wir machen ja nicht die komplette Autoindustrie dicht"
Der Fachkräftemangel in der Branche sei jetzt schon erheblich, so Brückner: "Und der wird nochmal größer, wenn die Babyboomer in Rente gehen." Eine Möglichkeit, neues Personal zu gewinnen, sieht die Expertin darin, entlassene Mitarbeiter aus Krisenbranchen wie der Autoindustrie zu übernehmen. Das allein könne den Fachkräftemangel aber nicht beheben: "Wir machen ja nicht die komplette Autoindustrie dicht", so Brückner. Gesucht würden vor allem Ingenieure und Produktionsleiter, aber auch Vertriebsexperten, die staatliche Aufträge an Land zögen.
Sollte es der Rüstungsbranche nicht gelingen, den Fachkräftemangel zu beheben, sei die geplante Aufrüstung der Bundeswehr nicht zu stemmen, sagte Brückner: "Die Branche tut sich jetzt schon schwer damit, die Aufträge aus dem Sondervermögen abzuarbeiten, das Olaf Scholz vor drei Jahren verabschiedet hat. Und da ging es nur um 100 Milliarden Euro." Bei den nun geplanten Rüstungsausgaben von EU und Deutschland gehe es um mehr als das Zehnfache dieser Summe, so Brückner: "Dahinter steht ein Volumen an Personen und Gütern, das man sich kaum vorstellen kann."
Ausgerechnet Trump könnte Europa helfen
Eine Chance, das Personalproblem in den Griff zu bekommen, sieht Brückner ausgerechnet in der Politik von US-Präsident Donald Trump. Dieser habe angekündigt, die Gelder für die Forschung zu kürzen. "Das könnte dazu führen, dass Talente aus den USA nach Deutschland oder Europa wechseln. Bislang sind wir in Sachen Attraktivität da oft hinter den USA zurückgefallen. Das ändert sich jetzt", so Brückner. Europa könnte zu einem führenden Standort in der High-Tech-Entwicklung werden, glaubt sie.
Einen weiteren Vorteil sieht die Headhunterin darin, dass sich der Ruf der Rüstungsindustrie verbessert habe. Das zeige sich zum Beispiel an deutlich mehr Bewerbungen bei den Unternehmen, so Brückner: "Viele sehen jetzt, dass die Rüstungsindustrie nicht nur wichtig, sondern auch ein sicherer Arbeitgeber ist. Wer jetzt zu einem Waffenhersteller wechselt, kann dort die nächsten zwanzig Jahre bleiben."
- handelsblatt.com: "Es herrscht jetzt schon erheblicher Personalmangel" (Bezahlangebot)