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Auch Tierschützer in der Kritik
Skandal um Video von grausam getöteten Ferkeln

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand und Jerome Baldowski

Aktualisiert am 20.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Gedreht mit versteckter Kamera: Beschäftigte im Schweinemast-Betrieb greifen sich Ferkel und schlagen sie auf den Boden.Vergrößern des Bildes
Gedreht mit versteckter Kamera: Beschäftigte im Schweinemast-Betrieb greifen sich Ferkel und schlagen sie auf den Boden. (Quelle: Animal Rights Watch)

Die Bilder sind schockierend: Kleine Ferkel werden reihenweise auf den Boden geschlagen, um sie zu töten. Nach dem Skandal-Video gibt es aber auch Kritik an den Tierschützern.

Nach versteckt gedrehten Bildern von Animal Rights Watch in einem Schweinestall in Neuzelle in Brandenburg wird wieder über Misstände bei der Schweinezucht diskutiert. Solche Szenen seien "gängige Praxis", behauptet die Organisation. Der Bauernverband Brandenburg dagegen sieht darin einen Einzelfall und eine "widerliche Tat", die sich nicht wiederholen dürfe.

Was auf den mit versteckter Kamera gedrehten Bildern zu sehen ist, "widerspricht sowohl dem Tierschutzgesetz als auch dem ethischen Empfinden". Der Verband verurteile diese Praxis auf das Schärfste. Das Unternehmen sei als ein "engagierter Betrieb bekannt, dem die Gesundheit seiner Nutztiere ein ehrliches Anliegen ist". Der Bauernverband glaube den Verantwortlichen, dass die Missstände sofort abgestellt werden.

Betrieb hat QS-Siegel

Der Fall zeigt aber möglicherweise, dass auch guter Ruf und Siegel keine Garantie sind, dass Tierschutz-Regeln eingehalten werden. Der Betrieb ist QS-zertifiziert. Schon in der Vergangenheit waren aber bei Betrieben mit diesem Siegel durch Tierschutzorganisationen gravierende Missstände entdeckt worden. Bestätigt wird damit kaum mehr als die Einhaltung gesetzlicher Regelungen, Kontrollen erfolgen mit Ankündigung.

Die seit 1991 bestehende Agrargenossenschaft Neuzelle mit 140 Mitarbeitern erklärt, man bedauere zutiefst, "wenn es Zuwiderhandlungen durch Mitarbeiter gegeben" habe. Man hätte aber nach einem Hinweis an die Betriebsleitung "das Problem sofort aufgegriffen und abgestellt. Den Tieren wäre schneller geholfen".

Bauernverband unterstellt: Es ging um Spenden

Ähnlich äußert sich auch der Bauernverband: Zwischen Entstehen der Bilder am 7. Juni und der Anzeige sei mehr als ein Monat vergangen. Der Verband spricht den Tierschützern sogar ab, sich ernsthaft gegen Tierleid zu engagieren. "Wer Spenden sammeln will und sich um die größtmögliche Aufmerksamkeit sorgt, wartet auf das Sommerloch und reagiert dann“, so Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, in der Zeitschrift "top-agrar".

Die Kontrollbehörde formuliert das nicht so deutlich, erklärt aber: Eine Tierschutzbeschwerde sei unmittelbar nach Feststellung von Verstößen gegen Tierschutzrecht notwendig, um so schnell wie möglich Veränderungen im Sinne des Tierwohls herbeiführen zu können. Das sagte der Pressesprecher des Landkreises Oder-Spree der "Märkischen Oder-Zeitung".

Unangekündigte Kontrolle am 12. Juli

Die Behörde lässt aber offen, was eine Kontrolle am 12. Juli ergeben hat. Nach der Kopie der Strafanzeige war das Veterinäramt unangekündigt in dem Betrieb. Missstände muss es dort noch gegeben haben: Schließlich habe der Betriebsleiter zugesichert, erforderliche Maßnahmen noch am selben Tag umzusetzen.

Die Ergebnisse der Kontrolle würden zusammengefasst und als Bericht der Staatsanwaltschaft übergeben. Dort erfolge die Bearbeitung und Prüfung der Strafrelevanz. Die Aufsichtsbehörde hatte erklärt, Ferkel dürften nur im äußersten Notfall getötet werden.

Animal Rights Watch hatte aber bereits vor vier Jahren dokumetiert, dass diese Praxis kein Einzelfall ist. In insgesamt zehn Mastanlagen wurden heimlich Aufnahmen gemacht. Dabei wurde in acht Betrieben die grausame Praxis nachgewiesen, die auch im jüngsten Video für Erschütterung sorgt. Aufgrund dieser, ihrer Meinung nach, grundsätzlichen Handhabung, fordert die Tierschutzorganisation die sofortige Einstellung der Schweinemast als solche.

Von den 22.900 Betrieben mit Schweinen in Deutschland ist etwa jeder fünfte Teil der Initiative Tierwohl, einer Initiative von Fleischbranche und Einzelhandel. Über gesetzliche Anforderungen hinaus gehende Regelungen im Betrieb zum Platz für die Tiere oder zum Futter verteuern die Produktion, werden aber mit bis zu 5,10 Euro pro Tiere in der Schweinemast und mit bis zu 1,35 Euro in der Ferkelaufzucht vergütet.

Zahl der Schweinehalter rückläufig

Die Zahl der Betriebe sinkt kontinuierlich. Seit November 2017 hat fast jeder 40. Betrieb den Stall zugesperrt, im Schnitt waren es drei am Tag, die die Haltung aufgegeben.

Brandenburg, wo die Bilder entstanden, war zur Wendezeit noch eine Hochburg bei der Schweinezucht mit 3 Millionen Tiere. Heute sind es nur noch rund 740.000. Es fehlt im Bundesland an Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten, erklärte das Agrarministerium.

Die Rahmenbedingungen führten dazu, dass Agrarbetriebe mehrfach üerbelegten, ob sie in die Tierproduktion investierten. Der Bauernverband führte angesichts der rückläufigen Zahlen noch einen weiteren Grund an: "Anfeindungen von Schweinehaltern". Nach den aktuellen Bildern werden Schweinehalter damit noch mehr zu kämpfen haben.

Verwendete Quellen
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