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Neuwahlen 2025 und Vertrauensfrage: Termine und Infos


Spezielles Szenario bei Vertrauensfrage
Was, wenn Scholz nicht verliert?

Von t-online, tos, mak

Aktualisiert am 16.12.2024Lesedauer: 5 Min.
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Olaf Scholz eröffnet die Debatte im Plenarsaal. (Quelle: t-online)
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Kanzler Scholz stellt heute die Vertrauensfrage, um Neuwahlen zu ermöglichen. Doch es gibt ein Szenario, bei dem alles anders kommen könnte. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Letztlich war es ein Kompromiss: Nachdem Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage erst im neuen Jahr stellen wollte und die Opposition den Schritt unmittelbar nach dem Ampel-Aus im November gefordert hatten, einigte man sich schließlich auf den heutigen 16. Dezember. Bereits am 11. Dezember hatte Scholz die Vertrauensfrage bereits schriftlich gestellt, nun wird im Bundestag darüber abgestimmt. Im Anschluss ist der Weg für Neuwahlen am 23. Februar 2025 frei.

Doch wie sieht dieser Weg aus? Wann stellt der Kanzler die Vertrauensfrage im Bundestag? Was passiert danach? Und was, wenn Olaf Scholz die Vertrauensfrage doch nicht verliert? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was bedeutet "Minderheitsregierung" genau?

Im Normalfall wird der Kanzler oder die Kanzlerin von der Mehrheit aller Abgeordneten im Bundestag gewählt, die zuvor eine Koalition gebildet haben. Dadurch kann er oder sie sich in der Regel auch bei Abstimmungen, etwa zu konkreten Gesetzesvorhaben, auf eine stabile Mehrheit im Bundestag stützen.

Bei einer Minderheitsregierung, wie Scholz sie nun vorübergehend führt, ist die Situation allerdings anders. Die Regierung muss für jedes einzelne Gesetzesvorhaben aktiv um die Unterstützung einzelner Parteien oder Fraktionen werben, um die erforderlichen Mehrheiten zu sichern. Daher ist offen, welche Vorhaben Scholz jetzt noch durch den Bundestag bekommt.

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Wann stellt der Kanzler die Vertrauensfrage?

Am 11. Dezember hat Scholz die Vertrauensfrage zunächst schriftlich gestellt. Am 16. Dezember wird dann der Bundestag über die Vertrauensfrage abstimmen. Die Debatte darüber beginnt um 13 Uhr mit einer Rede vom Bundeskanzler, gegen 16 Uhr stimmen die Abgeordneten dann über die Vertrauensfrage ab.

Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl Ende März herbeizuführen. Nach öffentlichem Druck ging er dann aber auf einen Kompromiss ein.

Was passiert, nachdem der Kanzler die Vertrauensfrage gestellt hat?

Die Abgeordneten im Bundestag sprechen dem Kanzler in einer nicht-namentlichen Abstimmung das Vertrauen aus – oder entziehen es ihm.

Sollte sich eine Mehrheit der Mitglieder des Bundestages gegen Kanzler Scholz aussprechen, liegt der sprichwörtliche Ball bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Denn in Artikel 68, Absatz 1 des Grundgesetzes steht: "Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen."

Wann gibt es Neuwahlen?

Nachdem der Bundestag dem Kanzler das Vertrauen entzogen hat und der Bundespräsident das Parlament aufgelöst hat, gibt das Staatsoberhaupt in einem Zug den Termin für die Neuwahlen bekannt. Diese müssen laut Artikel 39 des Grundgesetzes innerhalb von 60 Tagen stattfinden.

Für diese Neuwahlen haben sich Union und SPD auf den 23. Februar verständigt. Die Bundesregierung bleibt derweil geschäftsführend im Amt – bis ein neuer Kanzler gewählt und seine Ministerinnen und Minister ernannt sind.

Wie oft wurde die Vertrauensfrage bisher gestellt?

Dass ein Bundeskanzler im Bundestag die Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetz stellt, ist in der Geschichte der Bundesrepublik erst fünfmal vorgekommen. Zweimal (November 2001 und Juli 2005) griff Gerhard Schröder (SPD) zu diesem Mittel. Davor stellten Willy Brandt (SPD) im September 1972, Helmut Schmidt (SPD) im Februar 1982 und Helmut Kohl (CDU) im Dezember 1982 die Vertrauensfrage.

Welche Möglichkeiten für eine Vertrauensfrage gibt es überhaupt?

Der Bundeskanzler kann die Vertrauensfrage allein oder aber in Verbindung mit einer konkreten Sachentscheidung stellen. Letzteres gab es bislang nur einmal: 2001 stellte die Bundesregierung den Antrag auf Entsendung deutscher Streitkräfte für den von den USA angeführten Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Rahmen der Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan. "In Verbindung mit der Abstimmung zum Antrag der Bundesregierung (…) stelle ich den Antrag nach Artikel 68 Abs. 1 des Grundgesetzes", hieß es in einem weiteren Antrag von Kanzler Schröder.

Vier Jahre später verzichtete er auf eine Verknüpfung mit einer konkreten Sachfrage. Sein Antrag lautete damals: "Gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Freitag, dem 1. Juli
2005, hierzu eine Erklärung abzugeben." Schröder zog damals die Konsequenzen aus einer Reihe bitterer SPD-Niederlagen bei Landtagswahlen und aus dem starken Widerstand in der eigenen Partei gegen die Hartz-IV-Reformen.

 
 
 
 
 
 
 

In seiner Erklärung im Bundestag gab Schröder damals unumwunden zu: "Mein Antrag hat ein einziges, ganz unmissverständliches Ziel: Ich möchte dem Herrn Bundespräsidenten die Auflösung des 15. Deutschen Bundestages und die Anordnung von Neuwahlen vorschlagen können." Durch die schmerzlichen Wahlniederlagen sei deutlich geworden, "dass es die sichtbar gewordenen Kräfteverhältnisse ohne eine neue Legitimation durch den Souverän, das deutsche Volk, nicht erlauben, meine Politik erfolgreich fortzusetzen".

Was ist eine unechte Vertrauensfrage – und was bedeutet sie für Scholz?

Das Pikante bei Gerhard Schröder 2005 war: Seine rot-grüne Bundesregierung hatte im Bundestag eine Mehrheit. Das Vorgehen des Kanzlers zielte nicht darauf ab, sich diese bestätigen zu lassen, sondern im Gegenteil, die Vertrauensfrage zu verlieren, um zu einer Neuwahl zu kommen. Diese sogenannte unechte Vertrauensfrage ist umstritten, weil sie der Intention des Grundgesetzes zuwiderläuft. Werner Schulz (Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD) zogen deshalb vor das Bundesverfassungsgericht, weil sie sich in ihren Abgeordnetenrechten verletzt sahen.

In seinem Urteil vom August 2005 ging das Bundesverfassungsgericht direkt auf die unechte Vertrauensfrage ein: "Die auflösungsgerichtete Vertrauensfrage ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Handlungsfähigkeit einer parlamentarisch verankerten Bundesregierung verloren gegangen ist", urteilten die Richter. "Handlungsfähigkeit bedeutet, dass der Bundeskanzler mit politischem Gestaltungswillen die Richtung der Politik bestimmt und hierfür auch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich weiß."

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Nach dem Rauswurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Rückzug der FDP aus der Ampel führt Kanzler Scholz nur noch eine rot-grüne Minderheitsregierung an. Es kann also keine Rede mehr davon sein, dass er – wie Karlsruhe es formuliert hat – "eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich weiß". Seine Handlungsfähigkeit ist auf diese Weise stark beeinträchtigt, er müsste sich für jeden Gesetzesbeschluss mühsam mit Stimmen aus der Opposition eine Mehrheit organisieren.

Könnte Scholz die Vertrauensfrage nicht verlieren?

Ja, theoretisch ist das möglich – allerdings sehr unwahrscheinlich. Erwartet wird, dass die SPD-Fraktion für Scholz stimmt. Die Grünen haben angedeutet, sich zu enthalten, um zu verhindern, dass Scholz die Vertrauensfrage etwa durch ein taktisches Manöver der AfD unbeabsichtigt doch gewinnt. Hintergrund davon könnte sein, dass die AfD die Neuwahlen verzögern will, etwa um sich besser darauf vorbereiten zu können.

Durch die Enthaltung der Grünen ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass ein solcher Plan aufgeht, da alle anderen Parteien wohl gegen Scholz stimmen. Drei Abgeordnete wollen nach Angaben von Parteichefin Alice Weidel dennoch für Scholz stimmen.

Wenn der Kanzlerkandidat die absolute Mehrheit der Stimmen der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages nicht erreicht, verliert er die Abstimmung. Aktuell sind hierfür 367 Stimmen von insgesamt 733 Bundestagsabgeordneten erforderlich.

Was, wenn Scholz die Vertrauensfrage doch nicht verliert?

Dann könnte Scholz eine weitere Vertrauensfrage stellen. Allerdings muss er dabei die gesetzlich vorgeschriebene 48-Stunden-Frist einhalten, wie der Berliner Staatsrechtler Alexander Thiele dem "Handelsblatt" erklärt. Doch der Experte warnte ebenfalls vor diesem Szenario.

"Das alles wäre allerdings politisch eine mittelschwere Katastrophe", sagte Thiele. "Die Regierungsfraktionen sollten sich daher enthalten." Enthaltungen würden rechtlich wie eine Nein-Stimme gewertet werden – und daher Scholz vor der zweiten Vertrauensfrage bewahren.

Steht Deutschland dann ohne Regierung da?

Nein, das kann nicht passieren. Verliert Scholz die Vertrauensfrage, bleibt die rot-grüne Minderheitsregierung einfach weiter im Amt. Wie erläutert, könnte Scholz eine neue Vertrauensfrage stellen oder mit der Minderheitsregierung zumindest theoretisch bis zur nächsten Wahl im Amt bleiben.

Verwendete Quellen
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