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Lanz zeigt Verständnis für Klimaproteste: "Muss auch weh tun"


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Klima-Talk bei Lanz
Das denkt Carla Reemtsma über die Aktionen der "Letzten Generation"


Aktualisiert am 12.04.2023Lesedauer: 4 Min.
Carla Reemtsma bei einer Aktion von Fridays for Future in Berlin:Vergrößern des Bildes
Carla Reemtsma bei einer Aktion von Fridays for Future in Berlin (Archivbild): Bei Lanz sprach sie über die Aktionen der "Letzten Generation". (Quelle: Dominik Butzmann)
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Carla Reemtsma von Fridays for Future spricht über die Aktionen der Letzten Generation. Versandhändler Michael Otto erteilt bei "Markus Lanz" einer Bewegung eine klare Absage und lobt die andere.

Die Proteste der sogenannten Letzten Generation polarisierten am Dienstag auch bei "Markus Lanz". Der Gastgeber wollte von Klimaktivistin Carla Reemtsma von Fridays for Future wissen, was sie von den Festkleb-Aktionen hält. "Ich finde es vor allem erschreckend, dass es Menschen gibt, die das Gefühl haben, sie müssten genau das tun", antwortete Reemtsma. "Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der junge Menschen das Gefühl haben, ich muss diese Art von Aktion machen, die vielleicht meine eigene körperliche Gesundheit gefährdet, die mich auf jeden Fall viel Hass und Ärger aussetzt."

Die Gäste

  • Michael Otto, Unternehmer
  • Carla Reemtsma, Klimaaktivistin
  • Simon Jäger, Arbeitsmarkt-Ökonom
  • Kathrin Hartmann, freie Journalistin, Autorin

Die Sprecherin von Fridays for Future stellte allerdings klar: "Wir hatten in jeder zivilgesellschaftlichen Bewegung ein breites Repertoire an Protestformen, die auch nicht immer legal waren." Sie verwies auf Frauenwahlrecht, Bürgerrechte von Afroamerikanern oder Atomausstieg: "All das gab es nur durch breiten Protest, der auch nicht immer nur freudestrahlend hingenommen wurde."

Lanz: Klimaprotest "muss auch weh tun"

Von Lanz gab es an dieser Stelle unerwartet Zustimmung: "Das muss auch weh tun, gar keine Frage." Vor einigen Monaten hatte der ZDF-Moderator einer klebenden Klimademonstrantin noch vorgeworfen: "Sie erpressen das Land". Stattdessen ließ sich Lanz in dieser Sendung Zahlen von Reemtsma bestätigen. 71 Prozent der weltweiten Emissionen würden von nur hundert Konzernen verursacht; zehn Prozent allein vom Mineralölkonzern Shell. "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", meinte Lanz.

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Derartige Zahlen entlarven laut Reemtsma den neoliberalen Irrglauben "Wir können alle ganz allein die Klimakrise aufhalten, indem wir noch eine Bambuszahnbürste kaufen". Die Entscheidungen des einzelnen Konsumenten seien wichtig und würden sich auch summieren. Letztlich könnten aber nur staatliche Regularien für die Industrie eine echte Wende bringen. "Wollen wir die Energieversorgung wirklich ein paar profitorientierten Unternehmen überlassen, die gerade Milliardengewinne machen, wo wir politisch nicht mal eingreifen können?", fragte Reemtsma.

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Lanz hatte mit Michael Otto einen Unternehmer in seine Talkshow geladen, der sich für solche bindenden Regeln für die Wirtschaft stark macht. "Ich wäre bei Fridays for Future", antwortete der "Versandhauskönig", als Lanz ihn vor die Wahl zwischen der Thunberg-Bewegung und der Letzten Generation stellte. "Durch aggressive Aktionen, die auch noch illegal sind, wird die Aufmerksamkeit eher auf die Aktion gezogen als auf das Thema Klimaschutz. Das dient der Sache überhaupt nicht", kritisierte der langjährige Vorstandsvorsitzender der Otto Group.

Fridays for Future habe hingegen auch in der Politik ein grundlegendes Umdenken angestoßen, würdigte Otto die Schulstreiker. "Das hat Bewegung gebracht und das auf friedlicher Basis. Da muss man sich deswegen nicht festkleben." Otto wurde übrigens um Mitternacht während der Ausstrahlung 80 Jahre alt. Er war 1943 im damaligen Westpreußen geboren worden und als Flüchtling zunächst nach Bad Segeberg in Schleswig-Holstein gekommen.

Deutsche Flüchtlinge nicht willkommen

Dort erlebte der spätere Großunternehmer nicht gerade eine Willkommenskultur. "Wenn wir Kinder einmal ein bisschen lauter waren, da gab es natürlich Krach mit dem Hausbesitzer. Bei dem lagen die Nerven natürlich auch bloß, bei all den einquartierten Flüchtlingen", erinnerte sich Otto. In Hamburg habe seine Familie dann einen netteren Vermieter bekommen. Sein Vater Werner Otto gründete dort 1949 einen Versandhandel für Schuhe, aus dem schnell ein florierendes Unternehmen wurde.

Michael Otto baute das Geschäft zu einem internationalen Online-Händler aus. Er stellte früh Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit in den Fokus, zumindest bei den von Otto selbst hergestellten Produkten. "Es reicht nicht zu predigen, es ist wichtig zu handeln", sagte der Hamburger Ehrenbürger und forderte bei Unternehmen wie Verbrauchern ein Umdenken: "Wir müssen weg von der Wegwerfgesellschaft." Konsum dürfe Spaß machen – nur eben nicht auf Kosten der Umwelt oder Arbeiter.

"Verzicht ist ein vergiftetes Wort", stellte die Journalistin und Nachhaltigkeitsexpertin Kathrin Hartmann in diesem Zusammenhang fest. Das Wort sei zu einem Kampfbegriff umgedeutet worden, mit dem Menschen Angst vor einer Bedrohung ihrer Freiheiten oder ihres Wohlstands eingeflößt werde. Hier werde bewusst eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben, um eigene Privilegien zu schützen, kritisierte die Autorin.

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Sie forderte ähnlich wie Otto und Reemtsma staatliche Auflagen für Nachhaltigkeit. Es können nicht jedem einzelnen Verbraucher aufgebürdet werden, mit seinem Konsumverhalten über Ausbeutung oder Nicht-Ausbeutung von Menschen entscheiden zu müssen.

Dass andere deutsche Milliardäre lieber woanders weniger Steuern zahlen, nannte Otto bei Lanz "unanständig" (das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" führt in im aktuellen Ranking der reichsten Menschen weltweit mit umgerechnet 8,7 Milliarden US-Dollar auf Platz 230). "Wenn man in Deutschland sein Geld verdient und das mit tüchtigen Mitarbeitern, die im Wesentlichen in Deutschland ausgebildet sind, die deutsche Infrastruktur nutzt – dann bin ich der Meinung, soll man auch hier seine Steuern zahlen."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 11. April 2023
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