Ehemaliger Gesundheitsminister Spahn kritisiert Ampel – und gesteht eigene Fehler ein
Jens Spahn wirft der Bundesregierung vor, Verunsicherung zu stiften. Auch zu seiner eigenen Regierungszeit äußert er sich kritisch.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Jens Spahn, hat die Bundesregierung scharf angegriffen. Die Kommunikation der Ampel sei "unverantwortlich", sagte Spahn in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Zeit".
Spahn wirft der Bundesregierung vor, durch zu viel Kommunikation zur Verunsicherung beizutragen. "Stellen Sie sich vor, Peer Steinbrück und Angela Merkel hätten in der Finanzkrise gesagt: 'Geld könnte knapp werden. Aber bitte gehen Sie nicht zu Ihrer Bank, und holen Sie es bitte nicht morgen früh ab.' Das wäre furchtbar geworden", so Spahn.
Kritik an eigener Corona-Politik
Zu seiner eigenen Regierungszeit als Bundesgesundheitsminister äußerte sich Spahn selbstkritisch. "Wir haben uns sehr auf das Gesundheitssystem, die Wirtschaft, die Gastronomie konzentriert, auf die Älteren, die besonders Verwundbaren", so Spahn, der in der kommenden Woche ein Buch mit dem Titel "Wir werden einander viel verzeihen müssen" vorlegt.
"Man macht sich zu selten klar, dass ein Zehnjähriger inzwischen mehr als ein Fünftel seines Lebens in der Pandemie verbracht hat", sagte der Ex-Gesundheitsminister. "Für Familien war das ein echter Stresstest. Das hat in der Politik und vielleicht auch in den Expertenrunden eine zu geringe Rolle gespielt."
Im Zusammenhang mit dem Tod des trans Mannes Malte C. in seiner Heimatstadt Münster warnte der CDU-Politiker vor "Kulturrelativismus". Es gebe eine "fehlende Bereitschaft weiter Teile der linksliberalen Szene, auch nur auszusprechen, dass hier vermutlich die Herkunft des Täters aus einer schwulenfeindlichen Kultur eine Rolle gespielt hat". Lieber habe man "Rechten" oder gar "Feministen" die Schuld gegeben, die mit dem Fall absolut nichts zu tun hätten. Spahn sehe eine Aufgabe der CDU auch darin, solche blinden Flecken in der Debattenkultur beim Namen zu nennen.
- Vorabmeldung der "Zeit" zur Ausgabe Nr. 38 vom 15. September 2022