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Ukraine-Krise: Scholz will zu Putin – und rüffelt Schröder


Ukraine-Krise
Scholz will mit Putin reden – und rüffelt Schröder

Von dpa, reuters, aj

Aktualisiert am 03.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Olaf Scholz: Der Kanzler wird nach eigenen Angaben "in Kürze" zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau reisen.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz: Der Kanzler wird nach eigenen Angaben "in Kürze" zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau reisen. (Quelle: Metodi Popow/imago-images-bilder)

Wo ist Scholz? Das haben sich viele zuletzt vor allem wegen der Zurückhaltung des Kanzlers in der Ukraine-Krise gefragt. Jetzt meldet er sich mit Reiseplänen und Kritik an einem seiner Vorgänger zurück.

Bundeskanzler Olaf Scholz will "in Kürze" zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau reisen. Das kündigte der SPD-Politiker am Mittwoch im ZDF-"heute journal" an – ohne einen genauen Termin zu nennen. Auf die Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder zur Ukraine-Krise reagierte Scholz mit einem Machtwort: "Wenn ich die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland richtig verstehe, gibt es nur einen Bundeskanzler, und das bin ich."

Schröder hatte am Freitag die Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als "Säbelrasseln" kritisiert. Scholz sagte dazu: "Ich habe ihn nicht um Rat gefragt, er hat mir auch keinen gegeben." Der Kanzler widersprach zudem Darstellungen, dass seine Partei in der Ukraine-Krise keine einheitliche Linie verfolge. "Die SPD ist sehr einig und sie steht hinter der Politik, die der Kanzler verfolgt."

Kritik der Bündnispartner und Vermisstenanzeigen auf Twitter

Scholz wird vorgeworfen, in der Ukraine-Krise zu zurückhaltend zu agieren. Erst nach langem Zögern legte er die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 als mögliches Sanktionsinstrument auf den Tisch – und das auch nur verdeckt, ohne sie beim Namen zu nennen. Gleichzeitig erteilte er Waffenlieferungen an die Ukraine eine klare Absage, was ihm nun von der Ukraine und östlichen Nato-Bündnispartnern übel genommen wird. In den USA werden ebenfalls Zweifel an der Verlässlichkeit Deutschlands laut.


Das tagelange Schweigen des Kanzlers hat in sozialen Medien die heiß diskutierte Frage aufgeworfen: "Wo ist Scholz?" Vor allem über Twitter werden Vermisstenanzeigen geschickt und gefragt: "Hat er auch vergessen, dass er Kanzler ist?"

Zweifel an deutscher Zuverlässigkeit?

Mit dem Interview meldet er sich nun zurück und versucht, aus der Defensive zu kommen. Dass Bündnispartner Deutschland als unzuverlässig ansehen, bestreitet er: "Das geschieht nicht. (...) Unsere Verbündeten wissen ganz genau, was sie an uns haben." Der Kanzler verweist auf den deutschen Beitrag zur Abschreckung der Nato gegenüber Russland und auf Finanzhilfen für die Ukraine von fast zwei Milliarden Euro in den letzten Jahren.

Er bekräftigt auch die Strategie der SPD und seiner Regierung in der Ukraine-Krise. Russland droht der Kanzler erneut mit Sanktionen für den Fall eines Einmarsches in die Ukraine und signalisiert gleichzeitig seine Bereitschaft, über Deeskalation zu sprechen. Viele Menschen fürchteten einen Krieg mitten in Europa, so Scholz. "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, mit dieser Doppelstrategie dafür zu sorgen, dass es dazu nicht kommt."

Macron telefoniert jetzt regelmäßig mit Putin

Um dieser Doppelstrategie gerecht zu werden, reist Scholz am Sonntag nach Washington. Dort trifft er am Montag US-Präsident Joe Biden. Danach soll es nach Moskau gehen. Andere europäische Bündnispartner waren da allerdings schon schneller als der Kanzler – allen voran der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hat in den vergangenen Tagen zweimal mit Putin telefoniert. Mittwochabend stand ein drittes Gespräch auf der Tagesordnung. Eine Reise Macrons nach Moskau ist ebenfalls in Planung.

Auch der italienische Regierungschef Mario Draghi und der britische Premierminister Boris Johnson haben am Dienstag und Mittwoch mit dem Kremlchef gesprochen. Und Scholz? Er lässt in dem Interview die Frage offen, wann er zuletzt mit Putin telefonierte. "Natürlich habe ich auch mit dem russischen Präsidenten gesprochen", sagt er lediglich.

Nach den offiziellen Mitteilungen der Bundesregierung fand seit dem Amtsantritt des Kanzlers ein Telefonat mit Putin statt, am 21. Dezember. Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, ob es darüber hinaus Gespräche gegeben habe, antwortete ein Regierungssprecher am Mittwoch: "Über die öffentlich kommunizierten Termine hinaus haben wir gegenwärtig nichts mitzuteilen."

Keine Begegnung mit Putin in Peking

Während sich die Scholz-Reise nach Moskau konkretisiert, steht ein anderes Ziel vorerst nicht auf dem Reiseplan des Kanzlers: Peking. In den vergangenen Wochen hatte Scholz die Frage, ob er zu den Olympischen Spielen reisen werde, unbeantwortet gelassen. Jetzt äußert er: "Ich habe keine Reisepläne. Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass ich plötzlich da auftauche und sage: 'Hallo, hier bin ich.'" Zur Eröffnungsfeier am Freitag werden Putin sowie die Staatschefs von Polen, Serbien, Ägypten, Argentinien, Kasachstan und Turkmenistan in Peking erwartet.

Baerbock und Faeser reisen nicht nach Peking

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erteilte einer Reise nach Peking ebenfalls eine Absage. Sie erneuerte ihre Kritik an der Situation der Menschenrechte in China, lehnte aber einen offenen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in dem Land ab. "Über Menschenrechte und andere sehr problematische Fragen diskutieren wir mit China auf politischer Ebene. Sportlerinnen und Sportler, die sich jahrelang auf die Olympischen Spiele vorbereitet haben, dürfen das aber nicht ausbaden müssen", sagte Baerbock den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie habe mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vereinbart, nicht zu den Winterspielen nach Peking zu reisen, die an diesem Freitag eröffnet werden.

Prinzipiell sollten laut Baerbock sportliche Großereignisse wie Olympische Spiele oder Fußballweltmeisterschaften an die Einhaltung zentraler Kriterien wie Pressefreiheit, Menschenrechte und Arbeitsbedingungen geknüpft werden. "Im Zusammenhang mit Katar und den zahlreichen Berichten über die schlimmen Bedingungen auf den Baustellen für die Fußballstadien sieht man aber auch, dass internationale Aufmerksamkeit durchaus auch hilfreich sein und Dinge zum Besseren verändern kann."

Ob überhaupt ein offizieller Vertreter der Bundesregierung an der Feier im Olympiastadion der chinesischen Hauptstadt teilnehmen wird, ist weiter unklar. Das Auswärtige Amt teilte auf dpa-Anfrage mit, dass von seiner Seite sicher niemand dabei sein werde – also auch kein Vertreter der deutschen Botschaft in Peking.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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