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Impfpflicht-Debatte: Nachdenklicher Karl Lauterbach berichtet von Drohungen


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Minister zur Impfpflicht-Debatte
Karl Lauterbach: "Das Ausmaß an Drohungen ist unangenehm"

Von Nina Jerzy

Aktualisiert am 19.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Karl Lauterbach (Archivbild): Bei "RTL Direkt" äußerte der Gesundheitsminister seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung in der Corona-Pandemie.Vergrößern des Bildes
Karl Lauterbach (Archivbild): Bei "RTL Direkt" äußerte der Gesundheitsminister seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung in der Corona-Pandemie. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Für Omikron kommt die Impfpflicht zu spät. Aber um vor der nächsten Welle zu schützen, muss sie laut Lauterbach schnell kommen. Zugleich äußert sich der Minister nachdenklich über Drohungen gegen seine Person.

Die parlamentarischen Mühlen mahlen zu langsam für die aktuelle Omikron-Welle. Aber das macht nichts, beruhigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstagabend bei "RTL Direkt". Die Omikron-Welle werde vermutlich etwa Mitte Februar ihren Höhepunkt erreichen.

"Bis dahin kommt keine Impfpflicht. Dafür war die Impfpflicht nie gedacht", sagte Lauterbach in der verlängerten Sonderausgabe der Nachrichtensendung. Die allgemeine Impfpflicht solle stattdessen dafür sorgen, dass Deutschland im Herbst 2022 endlich so gut dasteht, dass nicht mehr über Schulschließungen oder Lockdowns gesprochen werden muss.

"Die Impfpflicht muss schnell kommen", mahnte der Sozialdemokrat. "Schnell" heißt bei ihm: "Um den April herum, vielleicht im Mai" – damit nicht geimpfte Menschen bis September oder Oktober die drei Impfzyklen durchlaufen haben.

Kritik, dass die Impfpflicht dann quasi prophylaktisch für eine lediglich diffuse Bedrohungslage umgesetzt würde, wies Lauterbach zurück. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Herbst keine neue Variante haben, ist ja sehr gering. Und dann stünden wir wirklich mit leeren Händen da, wenn wir dann erneut diese große Zahl der Ungeimpften haben, die wir schützten müssten, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zum Beispiel zu verhindern."

Trotz der großen Bedeutung der allgemeinen Impfpflicht, die er persönlich befürwortet, hält Lauterbach die Bundesregierung bei der Entscheidung über eine Einführung für "nicht zuständig". "Es ist eine ethische Frage. Es ist ein massiver Eingriff in die Grundrechte des Einzelnen. Das muss gut begründet sein und daher eine klassische Frage für den Deutschen Bundestag", sagte der Mediziner.

Karl Lauterbach hält Impfpflicht für durchsetzbar

Aber dieser Prozess dauere. "Ich würde sagen, dass wir Ende Februar, Anfang März da schon wichtige Debatten sehen werden", prognostiziere Lauterbach. Bei der Frage einer Bürgerin, wie eine Impfpflicht überhaupt umgesetzt werden solle, verwies der Gesundheitsminister ebenfalls auf Vorschläge aus den Gruppenanträgen der Abgeordneten. Denen arbeite er gerade zu und könne die Ideen deshalb nicht kommentieren, aber: "Ich glaube, das Problem ist lösbar."

Keine Lösung ist nach Ansicht des Epidemiologen eine Durchseuchung der Bevölkerung. Zwar rechnet Lauterbach damit, dass sich vermutlich irgendwann jeder Bürger infizieren wird. "Aber das bedeutet nicht, dass man jetzt die Infektion leichtsinnigerweise zulassen sollte", warnte er. Viele Menschen hätten noch keinen Immunschutz aufgebaut. Insbesondere Ältere und Menschen mit Risikofaktoren würden mit Omikron wahrscheinlich sehr schwer erkranken. "Irgendwann haben wir genug Impfschutz in uns aufgebaut – durch Vorerkrankungen mit Sars-CoV oder mit Impfungen – dass wir keine Angst mehr haben müssen, vor weiteren Erkrankungen, zumindest die meisten von uns nicht. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht."

Geboosterte könnten aber vergleichsweise entspannt auf die nächste Corona-Saison blicken. "Wenn man dreimal geimpft ist, dann ist man nicht nur gegen Omikron sehr gut geschützt. Dann ist man wahrscheinlich auch gegen eine Variante, die im Herbst käme, ganz gut geschützt", prognostizierte Lauterbach.

Bis dahin gilt es aber noch, Engpässe zu überstehen. Die gibt es aktuell bei den PCR-Tests. "Wir müssen einräumen: Viele werden auf den Antigentest zurückgreifen müssen", sagte der Bundesgesundheitsminister. Dies sei aber ein zuverlässiger Test, vor allem für Menschen, die sich nach einem Risikokontakt aus der Quarantäne freitesten möchten. Der einzige Bereich, wo auf dem PCR-Test bestanden werde, sei das Freitesten von Beschäftigten in Krankenhäusern, der Pflege oder der Behindertenhilfe, kündigte Lauterbach an.

Mehr Morddrohungen gegen Karl Lauterbach

Er appellierte in der aktuell angespannten Lage weiter an die Eigenverantwortung der Bürger ("ohne ist es nicht zu beherrschen"), nahm aber auch den Staat bei der Vorgabe klarer Regeln in die Pflicht: "Der Staat kann sich nicht hinter der Eigenverantwortung der Bürger verstecken."

Sich selbst will Lauterbach angesichts der schwierigen Lage nicht schonen. "Ich will meine Arbeit gut machen", unterstrich der Mediziner. Dass die Angriffe bis hin zu Morddrohungen gegen ihn seit der Amtsübernahme vor 42 Tagen zugenommen haben, damit hat der Sozialdemokrat gerechnet. "Wobei es wirklich ein Maß angenommen hat, das unangenehm ist und das Fragen aufwirft", sagte er. Dabei stellt Lauterbach allerdings auch bei sich selbst eine ungute Entwicklung fest.

"Heute hatte ich sehr viel zu tun. Heute habe ich mich zum ersten Mal selbst dabei ertappt, dass ich Morddrohungen und Angriffe nicht weitergeleitet habe, damit die Anzeigen erfolgen", berichtete der Gesundheitsminister.

"Also fast abstumpfen, weil man so viel zu tun hat?", fragte Moderatorin Pinar Atalay. "Es ist so stark Teil meines Alltags geworden", erwiderte Lauterbach. Vielleicht habe ja sein Team die Drohungen weitergeleitet. "Das hoffen wir", meinte Atalay.

Verwendete Quellen
  • "RTL Direkt" vom 18. Januar 2022
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