"Mit Impfzentren und mobilen Teams" Charité-Forscher fordert große Kampagne für Booster-Impfung
Der Berliner Impfstoffexperte Leif Sander blickt mit Sorge auf Herbst und Winter, zu viele Menschen seien noch nicht gegen Corona geimpft. Er fordert mehr Einsatz von der Politik – und wirbt für Auffrischungsimpfungen.
Wegen der sich verschlechternden Corona-Lage in Deutschland ruft der Impfstoffforscher Leif Sander zu einer Ausweitung von Corona-Auffrischungsimpfungen auf. "Allen impfbereiten Menschen eine dritte Impfung ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung anzubieten, hätte auch einen dämpfenden Effekt auf die Virusverbreitung in der Bevölkerung", sagte der Charité-Wissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur.
"Wir bräuchten jetzt sechs bis acht Wochen lang eine große Kampagne wie zu Beginn des Jahres, mit Impfzentren und mobilen Impfteams." Dadurch könnten womöglich zusätzlich auch einige Ungeimpfte doch noch erreicht werden. Der Appell zur Auffrischung müsse von Ärzten und der Politik kommen und solle sich insbesondere an Menschen ab 60 richten.
"Wir sind in einer kritischen Phase der Pandemie"
"Ich sehe den Herbst und Winter mit großer Sorge", sagte Sander. "Wir sind in einer kritischen Phase der Pandemie." Die Impfkampagne stagniere viel zu früh, wichtige Teile der Bevölkerung seien noch nicht geimpft, darunter auch viele ältere Menschen mit höherem Risiko für schwere und tödliche Verläufe. Hinzu kämen eine nachlassende Immunität bei älteren Geimpften, die viel ansteckendere Delta-Variante und ein stark überbeanspruchtes Gesundheitssystem.
Nach bisherigem Wissensstand könne die Gabe von insgesamt drei Impfstoffdosen den besten Schutz vor Sars-CoV-2 aufbauen, erläuterte Sander. Ein solches Schema sei auch von anderen Impfungen bekannt.
Stiko empfiehlt Auffrischungsimpfung für über 70-Jährige
Trotz der Argumente für eine Auffrischung: "Wir sprechen immer noch über fantastische Impfstoffe", sagte Sander. Schweren und tödlichen Verläufen könne damit sehr gut vorgebeugt werden. Dass es zu Ansteckungen bei Geimpften komme, sei nicht überraschend. "Das Problem ist, dass wir zu viele Ungeimpfte in der Bevölkerung haben. Dadurch kann es für das Gesundheitssystem kritisch werden, wenn der Schutz von Geimpften nachlässt und diese wieder mehr zum Infektionsgeschehen beitragen."
Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich am Donnerstag eine Auffrischungsimpfung geben lassen und dafür geworben, dass viele andere dies auch tun. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten beschlossen, dass sie Menschen ab 60 Jahren nach ärztlicher Beratung angeboten werden können.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt Auffrischungen vorerst ab 70, zudem unter anderem für Pflegekräfte und medizinisches Personal mit Patientenkontakt sowie für Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Die Impfverordnung sieht die Möglichkeit für Auffrischungsimpfungen grundsätzlich für alle vor, für die es zugelassene Impfstoffe gibt.
- Nachrichtenagentur dpa