Bundestagswahl SPD klar vor Union - Jeder Fünfte befürwortet Linksbündnis
Berlin (dpa) - Gut drei Wochen vor der Bundestagswahl hat die SPD laut ZDF-"Politbarometer" erneut deutlich zugelegt und liegt klar vor der Union.
Wenn schon am nächsten Sonntag gewählt würde, bliebe die CDU/CSU bei 22 Prozent, ihrem bisher niedrigsten Wert in dieser Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen. Die SPD könnte gegenüber der Vorwoche um drei Prozentpunkte zulegen und wäre mit 25 Prozent in dieser Projektion erstmals seit September 2002 stärkste Kraft. Die lange sehr starken und kurzzeitig sogar führenden Grünen würden dagegen drei Punkte verlieren und kämen nur noch auf 17 Prozent.
Die AfD könnte unverändert mit 11 Prozent rechnen. Die FDP könnte einen Punkt zulegen auf elf Prozent, die Linke ebenfalls auf 7 Prozent. Die anderen Parteien zusammen lägen bei sieben Prozent (minus zwei), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erreichen würde.
Damit gäbe es eine ganz knappe Mehrheit für eine SPD-geführte Koalition mit der Union. Reichen würde es unter SPD-Führung für ein Bündnis mit Grünen und FDP oder mit Grünen und Linkspartei. Eine Unionsführung wäre nur in einem Bündnis mit Grünen und FDP möglich.
Linksbündnis beliebter als unionsgeführtes Dreierbündnis
Seit es in den Umfragen abwärts geht, warnt die Union vor einem möglichen Linksbündnis nach der Bundestagswahl. Fast zwei Drittel der "Politbarometer"-Befragten (63 Prozent) gehen davon aus, dass die SPD - bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen - nach der Bundestagswahl versuchen würde, eine Regierung mit Grünen und Linken zu bilden. 30 Prozent bezweifeln das.
Allerdings ist ein Linksbündnis einer weiteren Umfrage zufolge bei den Bürgern beliebter als ein unionsgeführtes Dreierbündnis. Wie eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, würde jeder Fünfte eine Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei voll und ganz oder eher befürworten. Einem Bündnis aus SPD, Grünen und FDP würden fast ebenso viele zustimmen, einer Koalition aus Union, Grünen und FDP dagegen nur etwas mehr als jeder Achte. Zugleich wird eine solche Jamaika-Koalition auch von mehr Bürgern abgelehnt als Rot-Grün-Rot oder die Ampel mit SPD, Grünen und FDP.
Noch beliebter als SPD-geführte Bündnisse mit Grünen und Linken oder Grünen und FDP wäre der Umfrage zufolge eine rot-grüne Koalition. Auch eine erneute große Koalition von Union und SPD hat mehr Befürworter und weniger Gegner. Beide hätten derzeit allerdings keine Mehrheit. Zuletzt hatte vor allem die Union eine Diskussion über ein Linksbündnis forciert und von SPD wie Grünen gefordert, eine Koalition mit der Linkspartei auszuschließen. Beide Parteien vermieden dies bislang, distanzierten sich aber von Positionen der Linken.
Lieber nicht festlegen?
Laut "Politbarometer" sprechen sich allerdings 50 Prozent der SPD-Anhänger gegen Rot-Grün-Rot aus, 33 Prozent fänden eine solche Koalition gut. Dass die SPD vor der Wahl eine Regierung mit Beteiligung der Linken ausschließen soll, befürworten nur 36 Prozent. 57 Prozent sind der Ansicht, die SPD solle sich in dieser Frage nicht festlegen, darunter 63 Prozent der SPD-Anhänger.
In der K-Frage baute SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz dem "Politbarometer" zufolge seinen Vorsprung aus. Sein positiver Bewertungstrend setzte sich sowohl bei der Kandidatenpräferenz als auch bei der Kanzlereignung fort. Am liebsten hätten 53 Prozent (plus vier) SPD-Kandidat Olaf Scholz als Kanzler, den Unionsbewerber Armin Laschet wünschen sich 18 Prozent (plus eins) und die Grünen-Anwärterin Annalena Baerbock 14 Prozent (minus zwei). Während die SPD-Anhänger nahezu geschlossen hinter Scholz stehen (92 Prozent), fällt die Unterstützung der CDU/CSU-Anhänger für Laschet (53) und der Grünen-Anhänger für Baerbock (66) verhaltener aus.
Scholz trauen nach 65 Prozent vor einer Woche jetzt 70 Prozent das Amt zu (nicht geeignet: 25 Prozent). Für unverändert 25 Prozent kann Laschet Kanzler (nicht: 70) und für 23 Prozent (plus eins) Baerbock (nicht: 71). Der zu 100 Prozent fehlende Rest war sich jeweils unsicher.
Grundsätzlich spiegeln Wahlumfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang. Sie sind außerdem immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten.