"Nicht alle sind Gefahr für die Demokratie" Altbundespräsident Gauck fordert Toleranz für "Querdenker"
Wie umgehen mit den Menschen, die auf Demos Corona leugnen und Deutschland in einer Diktatur wähnen? Für Altbundespräsident Joachim Gauck ist Ausgrenzung der falsche Weg.
Altbundespräsident Joachim Gauck fordert eine größere Toleranz für sogenannte Querdenker und Impfgegner. "Ja, das Ausmaß an Spinnerten, die Querfront von Linksaußen bis Rechtsaußen und das Esoterische, das alles schreckt ab", sagte er dem "Tagesspiegel" im Hinblick auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. "Aber nicht alle, die dort mitlaufen, sind eine Gefahr für die Demokratie. Wir können doch nicht alle ausgrenzen, die mit der Corona-Politik unzufrieden sind."
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Wer Hass und Hetze verbreite, dem müsse mit rechtsstaatlichen Mitteln entgegengetreten werden. "Aber ich möchte auch nicht, dass wir mit dem illiberalen Mittel des Verbotes einschreiten, solange jemand nicht wirklich die Demokratie gefährdet", so Gauck.
Anders verhält es sich für den Altbundespräsidenten, wenn Querdenker, AfD-Politiker und das rechte Milieu von einer "Corona-Diktator" sprechen: "Da macht mich zornig." Laut Gauck banalisiere dies die Diktatur. "Dieses moralische Aufladen mit Kampfbegriffen aus einer völlig anderen Zeit, das ist ein Zeichen der Verrohung und eine Verunglimpfung der Demokratie."
Am Wochenende versammelten sich in Berlin trotz Verbot einige Hundert Menschen zu Demonstrationen gegen die Corona-Politik. Es kam zu Festnahmen. Viele Menschen trugen Polizeiangaben zufolge keine Masken und hielten sich nicht an die Abstandsregeln.
- Nachrichtenagentur dpa
- Tagesspiegel-Interview mit Altbundespräsident Gauck (kostenpflichtig)