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Abfallwirtschaft in Deutschland: Dieses Land ist Deutschlands größte Müllhalde


Exporte gesunken
Dieses Land ist Deutschlands größte Müllhalde

Von dpa
Aktualisiert am 09.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Plastikmüll-Importe in Malaysia: Kritiker sehen eine ungenügende Kontrolle der Abfallwirtschaft.Vergrößern des Bildes
Plastikmüll-Importe in Malaysia: Kritiker sehen eine ungenügende Kontrolle der Abfallwirtschaft. (Quelle: Xinhua/Chong Voon Chung/imago-images-bilder)

Deutschland hat zwar weniger Müll in andere Länder verschifft als sonst, Kritiker fordern trotzdem ein Verbot. Vor allem drei Länder nehmen Deutschland besonders viel Abfall ab.

Die Plastikmüll-Exporte aus Deutschland in andere Staaten sind deutlich gesunken. Im Jahr 2020 seien schätzungsweise 986.000 Tonnen Kunststoffabfälle über die Grenze transportiert worden und damit 10 Prozent weniger als im Vorjahr, teilte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) auf Anfrage in Berlin mit. Die Menge macht knapp ein Sechstel aller hierzulande gesammelten Kunststoffabfälle aus. Der BDE bezieht sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum Januar bis September, die der Verband dann bis Jahresende hochgerechnet hat – insgesamt ist es also nur ein Schätzwert. Der Preis pro Tonne Kunststoffabfall lag bei 249 Euro, das war ein Minus von 20 Prozent.

Einen Grund nannte der BDE nicht. Branchenexperten zufolge spielen strenge Importhemmnisse in China und anderen asiatischen Staaten eine Rolle, die schon seit einigen Jahren gelten und den globalen Abfallmarkt etwas ausgebremst haben. Außerdem dürfte sich die Corona-Krise auswirken – durch die Pandemie kamen manche Geschäfte nicht zustande, auch weil die Lieferketten beeinflusst waren.

Die Türkei hat ihre Kunststoffabfall-Importe verdoppelt

Der Staat mit den meisten Plastikabfall-Importen aus Deutschland war – wie schon in den beiden Jahren zuvor – Malaysia, wohin rund 151.000 Tonnen verschifft wurden und damit 32.000 Tonnen weniger als 2019. Auf Rang zwei folgen die Niederlande mit 142.000 Tonnen Kunststoffabfällen, die Menge blieb ähnlich hoch wie zuvor.

Auf dem dritten Rang taucht nun die Türkei in der Exporttabelle auf, das Land im östlichen Mittelmeer hat seine Kunststoffabfall-Importe binnen eines Jahres auf 132.000 Tonnen in etwa verdoppelt. Schon seit 2017 haben die Ausfuhren gen Türkei deutlich angezogen. Polen, Hongkong, Österreich und Indonesien spielen mit jeweils etwa 50.000 Tonnen ebenfalls eine große Rolle als Abnehmer.

Die Abfallbranche als Teil der globalen Kreislaufwirtschaft

Müllexporte sind umstritten. Auf der einen Seite gilt Plastikabfall als Rohstoff, der auch in anderen Staaten weiterverarbeitet werden kann – etwa zu Kleidung aus Polyester, zu Straßenpollern oder zu Kloschüsseln. Aus Sicht von Vertretern der Abfallbranche haben solche Exporte Sinn, da sie Teil einer globalen Kreislaufwirtschaft sind und dazu führen, dass weniger Plastik in Kraftwerken verbrannt werden muss – grenzüberschreitende Abfalltransporte sind für sie ein normaler Teil des Geschäfts.

Tatsächlich hat Deutschland der BDE-Statistik zufolge nicht nur Kunststoffabfall ausgeführt, sondern auch importiert – und zwar 479.000 Tonnen im Jahr 2020. Pro Tonne wurden 262 Euro gezahlt, ein Minus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "In einer globalisierten, arbeitsteiligen Wirtschaft, die immer mehr zu einer Kreislaufwirtschaft werden soll, kommt auch der Gewinnung von Rohstoffen und dem Handel mit Rohstoffen eine wichtige Bedeutung zu", sagt BDE-Präsident Peter Kurth. "Das gilt für Rohstoffe aus der Natur wie für Rohstoffe aus der Abfallbehandlung."

Kritiker fordern ein striktes Export-Verbot von Plastikabfällen

Andererseits weisen Kritiker auf Risiken hin. So sorgten Aufnahmen deutscher Verpackungsabfälle in der Natur in Malaysia für negative Schlagzeilen. Greenpeace kritisiert, dass für einen Großteil der Abfälle der Verbleib und die tatsächliche Verwertung im Ausland "vollkommen unklar und unkontrolliert" seien. Die Umweltschützer monieren, dass Prüfungen zu Abfallexporten nur vorgenommen werden "können" und nicht müssen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage hervorgeht.

"Wir leben in Deutschland das Märchen einer Recycling-Lüge, frei nach dem Motto 'Aus den Augen, aus dem Sinn!'", sagt Greenpeace-Konsumexpertin Viola Wohlgemuth. Mit den Exporten verschiebe Deutschland seine Probleme beim Umgang mit den Plastikmüll-Massen in andere Staaten. Aus ihrer Sicht sollten jegliche Plastikabfall-Exporte verboten werden – dadurch würde der Druck steigen, den Kunststoff gut wiederzuverwerten oder ausschließlich Verpackungen herzustellen, die wiederverwertbar sind. Noch immer würden im Lebensmitteleinzelhandel Verpackungen eingesetzt, die nicht recyclefähig seien und stattdessen verbrannt würden, etwa bestimmte Schalen für Wurst oder Getränkekartons aus Materialgemischen.

BDE-Präsident: Abfälle dorthin, wo sie am besten behandelt werden

Das Thema ist ein heißes Eisen, das ist auch der Abfallwirtschaft klar. "Die Sensibilität der Gesellschaft beim grenzüberschreitenden Handel mit Kunststoffabfällen ist nachvollziehbar", sagt BDE-Präsident Kurth. "Es braucht klare und vollzugstaugliche Rahmenbedingungen, und es braucht Transparenz." Export und Import von Abfällen müssten einer verbesserten Kreislaufwirtschaft dienen.

"Abfälle sollen dort eingesetzt werden, wo sie am besten behandelt werden, und nicht unbedingt dort, wo sie anfallen", spricht sich der Branchenvertreter grundsätzlich für Exporte aus. "Wenn das Regelwerk zu Ökodumping missbraucht wird, muss die grenzüberschreitende Abfallverbringung unterbunden werden, sonst entsteht keine gesellschaftliche Akzeptanz", sagt Kurth. "Rohstoffe zu exportieren, die in anderen Ländern auf Deponien landen, ist illegal – und muss wirksam unterbunden werden."

Der BDE-Chef untermauert seine Forderung, dass Industrie und Handel insgesamt mehr Rezyklate – also wiederaufbereitetes Plastik – einsetzen sollen. Dadurch würde der Markt angekurbelt und mehr Plastik als früher würde wiederverwertet und erneut eingesetzt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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