Nach Treffen mit Merkel Greta Thunberg fordert: "Aus der Komfortzone bewegen"
Greta Thunberg hat nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel die Tatenlosigkeit der Politik in Klimafragen kritisiert. Auch die Sprecherin der deutschen Fridays-For-Future-Bewegung wurde deutlich.
Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg hat nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel die deutsche Klimapolitik ins Visier genommen: "Die politischen Führungspersönlichkeiten müssen sich aus ihrer Komfortzone bewegen", sagte sie auf einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag. "Wir haben Kanzlerin Merkel gebeten, die Klimakrise nicht wie jede andere Krise zu behandeln. Es handelt sich um einen Notstand", führte die 17-Jährige weiter aus. Die deutsche Fridays-For-Future-Sprecherin Luisa Neubauer kritisierte Merkel ebenfalls: "Sie ist Wissenschaftlerin. Sie kann sich nicht aus der Klimakrise herausreden."
Merkel hatte sich mit Thunberg und weiteren Klimaaktivisten im Kanzleramt getroffen, 90 Minuten lang diskutierte die Kanzlerin mit den jungen Klimaaktivisten. Dabei ging es vor allem um die Vorstellung Deutschlands während der Ratspräsidentschaft und die Einhaltung der Pariser Klimaziele.
Kanzlerin Merkel (CDU) bezeichnete nach ihrem Treffen mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg die Bekämpfung der Erderwärmung als globale Herausforderung. Beide Seiten seien sich in diesem Zusammenhang einig gewesen, dass den Industriestaaten bei der Bewältigung dieser Aufgabe eine besondere Verantwortung zukomme, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert nach dem Treffen in Berlin mit. Basis dafür sei die konsequente Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.
"Haben nur noch wenig Zeit"
Bereits zuvor hatte die deutsche Fridays-For-Future-Sprecherin Luisa Neubauer die Bundesregierung kritisiert: "Wir haben nur noch sehr wenig Zeit, bevor das 1,5-Grad-Ziel aus unseren Händen gleitet", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vor dem Treffen. Merkel müsse dafür sorgen, dass die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens umgesetzt würden. Nötig seien dafür "unbequeme Taten" und "ungewöhnliche Wege", sagte Neubauer zudem den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Fridays for Future hat Bundesregierung und EU mangelnden Ehrgeiz beim Klimaschutz vorgeworfen. Anlass des Treffens ist ein offener Brief an die Staats- und Regierungschefs der EU mit der Mahnung, die Klimaziele der Staatengemeinschaft nachzuschärfen. Einen Termin für einen nächsten globalen Klimastreik gibt es auch schon: Am 25. September sollen online sowie auf der Straße Corona-konforme Streiks stattfinden.
Kritik an Merkel-Besuch
In den Reihen von Fridays For Future (FFF) in Deutschland hatte es Kritik an dem Treffen mehrerer führender Vertreterinnen der Klimaschutzbewegung an diesem Donnerstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegeben. "Der Termin war überhaupt nicht abgesprochen", sagte Konstantin Nimmerfroh von FFF Frankfurt am Main der Berliner "tageszeitung". Er kritisierte, die Basisgruppen seien erst wenige Tage zuvor über das Vorhaben informiert worden.
"Wir fühlen uns überrannt", sagte Nimmerfroh dazu der "taz". Auch der Brief sei vorab nicht mit der Basis abgestimmt worden. "Es ist schade, dass immer die gleichen Leute in der Öffentlichkeit stehen", kritisierte in dem Blatt auch der Kieler Aktivist Ole Willerich. "Zweifellos macht Luisa gute Arbeit und hat viel Expertise", sagte Willerich weiter. "Aber durch dieses Ungleichgewicht in der Öffentlichkeit kommen andere, vielleicht auch radikalere Positionen, nicht zur Geltung."
Thunberg verteidigte das Vorgehen: "Wir haben nicht als Repräsentanten der FFF-Bewegung gehandelt, sondern als selbstständige Individuen." Diese Problematik würden sie aber untereinander noch klären.
Eine andere namentlich nicht genannte FFF-Aktivistin wurde von der "taz" mit den Worten zitiert: "Es ist kein Erfolg, mit Frau Merkel zusammenzusitzen." Immerhin habe die Koalition in den vergangenen Jahren "nicht annähernd etwas gemacht, das uns dem 1,5-Grad-Ziel näher bringt".
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP