Streit um Vermächtnis BGH urteilt September über Klage gegen Kohls Ghostwriter
Karlsruhe (dpa) - Dem Ghostwriter Heribert Schwan öffnete sich Altkanzler Helmut Kohl in langen Gesprächen - bis es zum Bruch kam. Die Witwe und Alleinerbin Maike Kohl-Richter versucht seit Jahren, alles Anvertraute sicherzustellen, aber ist das heute noch möglich?
Diese Frage beschäftigt inzwischen den Bundesgerichtshof (BGH), am Donnerstag wurde in Karlsruhe verhandelt. (Az. III ZR 136/18) Die Entscheidung soll am 3. September verkündet werden.
Zur Vorbereitung seiner Memoiren hatte sich Kohl 2001 und 2002 an mehr als 100 Tagen in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim mit dem Journalisten und Historiker zusammengesetzt. Über sein Leben und vor allem seine Zeit als Kanzler sprach Kohl offen und ausführlich. Schwan zeichnete etwa 630 Stunden Gespräch auf.
Aber nach drei von vier geplanten Bänden kam es zum Bruch. 2014 veröffentlichte Schwan eigenmächtig den Bestseller "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle". Das Buch sorgte vor allem deshalb für Aufsehen, weil der frühere Kanzler und CDU-Chef darin mit etlichen abwertenden Urteilen über Politiker und gesellschaftliche Größen zitiert wurde.
Kohl klagte, zahlreiche Passagen wurden verboten. Kurz vor seinem Tod im Juni 2017 erstritt er 87-jährig die höchste Entschädigung der deutschen Rechtsgeschichte - eine Million Euro. Nach bisherigen Urteilen ist der Anspruch aber nicht auf seine Witwe übertragbar.
Die insgesamt 200 Tonbänder mit den Gesprächen hatte Schwan mit zu sich nach Hause genommen. 2012 sagte er dem "Spiegel", er habe "einen Schatz, der wirklich einmalig ist", er werde ihn "irgendwann heben".
Die Herausgabe der Originale setzte Kohl noch zu Lebzeiten durch. Aber er hatte seinem Ghostwriter auch Zugang zu vertraulichen Papieren ermöglicht, darunter Geheimdokumente aus dem Kanzleramt und Kohls Stasi-Akte. Umfangreiche Unterlagen wurden kopiert, etliche Akten durfte Schwan zu Hause durcharbeiten. Die Gespräche mit Kohl hatte seine Schwester abgetippt. Und auch von den Bändern gebe es "jede Menge Kopien", erklärte Schwan 2014 in einer Fernsehsendung.
Um diese Kopien, Transkripte und Unterlagen geht es jetzt. Kohls Anwälte hatten Schwan mehrfach vergeblich zur Rückgabe aufgefordert. Aber Klage deswegen erhob Kohl erst 2014, 2016 wurden die Forderungen präzisiert - die Frage ist, ob das zu spät passierte, die Ansprüche damals also verjährt waren. Kohl-Richters Anwälte argumentieren, der Altkanzler habe nicht wissen können, was Schwan noch alles in seinem Besitz habe, dieser habe dazu falsche Auskünfte gegeben.
Schwan habe nie die Unwahrheit gesagt, er habe das Material nur nicht herausgeben wollen, sagte sein Anwalt Martin Soppe. Sein Mandant habe die Kopien als Journalist angefertigt und wolle sie vielleicht noch nutzen. "Es wurde ausdrücklich keine Vertraulichkeit vereinbart."
Vor dem Kölner Landgericht hatte sich die Kohl-Seite bei den kopierten und verschriftlichten Tonbändern durchgesetzt. Dass Schwan Akten zurückbehalten haben könnte, habe Kohl aber von Anfang an klar sein müssen. Das Oberlandesgericht Köln hatte dann auch die Ansprüche wegen der abgetippten Gespräche für verjährt gehalten.
Die BGH-Richter scheinen nun das Landgerichts-Urteil wiederherstellen zu wollen, wie der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann andeutete.