Debatte um Pandemie-Lockerungen Kubicki findet Merkels Ansage "unverschämt"
FDP-Vize Kubicki kritisiert die Bundeskanzlerin und nennt eine Reihe von Maßnahmen "nicht plausibel". Einige Politiker sehen die Debatte zu den Lockerungen während der Corona-Pandemie durchaus positiv.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Haltung in der Debatte um weitere Lockerungen von Corona-Beschränkungen kritisiert. "Was mich stört und was ich unverschämt finde, ist, dass sie als Bundeskanzlerin erklärt, man dürfe keine Diskussionen darüber führen, inwiefern man zu Lockerungen kommt", sagte Kubicki am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Diskussionen seien ein "grundlegendes Recht jedes einzelnen".
Außerdem liege die "Kompetenz zur Anordnung oder Aufhebung von einschränkenden Maßnahmen" nicht beim Bund, sondern bei den Ländern, betonte Kubicki: "Das entscheiden dann im Zweifel die Landesregierungen vor Ort, nicht die Bundeskanzlerin."
FDP: Regelungen müssen stimmig sein
Zwar sei soziale Distanz das zentrale Mittel zur Abwehr des Coronavirus. Doch die entsprechenden Regelungen müssten "in sich selbst stimmig" sein, und "im Moment scheint mir eine Reihe von Maßnahmen nicht plausibel", sagte der FDP-Vize weiter.
Beispielsweise sei nicht zu erklären, "warum in Gegenden, wo gar keine Infektionen sind, die Kirchen nicht aufgemacht werden dürfen". Und "wenn wir Läden bis 800 Quadratmeter öffnen, steht die Frage im Raum, warum wir nicht größere Läden oder Gastronomiebetriebe öffnen können, wo die Abstandsregeln eingehalten werden", sagte Kubicki weiter.
FDP-Chef Christian Lindner etwa sieht ein größeres Potenzial für eine Öffnung als von Bundeskanzlerin Angela Merkel angedacht. "Wir alle sind Hygieneexperten geworden", sagt er laut "Bild"-Bericht. Die Menschen seien mit der Situation rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst umgegangen. "Deshalb können wir weiter öffnen als Frau Merkel das gegenwärtig für möglich hält."
Generalsekretärin Teuteberg findet Debatte gut
Bereits am Montagmorgen hatte sich Merkel in einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums besorgt zu den die aktuellen Debatten geäußert. Sie warnte vor "Öffnungsdiskussions-Orgien". FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg nannte diese Äußerung "bemerkenswert". Diskussionen gehörten schließlich zur Normalität der Demokratie, sagte sie in Berlin. Wenn sich Politiker oder Bürger "Gedanken machen über sinnvolle Öffnungsstrategien, diskutieren über die Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen und über die Existenzsorgen, die Menschen plagen, dann verdient das Respekt und nicht Verächtlichmachung".
Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann sagte im RTL/ntv-"Frühstart": "Im Gegenteil: Ich finde, dieses Land braucht eine Debatte darüber." Die Fragen nach Lockerungen stünden im Raum und müssten deshalb auch öffentlich diskutiert werden, sagte der CDU-Politiker. Das gehöre zur Demokratie und nur so entstehe Vertrauen in die Politik.
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur dpa