CDU-Vorstoß Atommacht Deutschland? "Das ist ein Brandbeschleuniger"
CDU-Politiker Wadephul hat für eine Zusammenarbeit bei Atomwaffen zwischen Deutschland und Frankreich geworben. Dafür müsse Frankreich Atomwaffen unter das Kommando von EU und NATO stellen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, hat für eine deutsch-französische Zusammenarbeit im Bereich der Atomwaffen plädiert. Der CDU-Politiker sagte dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe) mit Blick auf die französischen Atomwaffen: "Deutschland sollte bereit sein, sich mit eigenen Fähigkeiten und Mitteln an dieser nuklearen Abschreckung zu beteiligen." Im Gegenzug solle Frankreich diese Waffen unter ein gemeinsames Kommando der EU oder der Nato stellen, schlug Wadephul vor.
Gegenüber t-online.de stellte Wadephul klar: "Es bleibt bei der deutschen Selbstverpflichtung, keine eigenen Atomwaffen zu entwickeln, zu beschaffen und zu besitzen."
Nach Einschätzung des Fraktionsvizes könnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu einem solchen Schritt bereit sein – weil "nationales Denken in dieser Welt die EU auf Dauer nicht sicherer" mache. Macron habe Deutschland mehrfach aufgefordert, mehr Europa zu wagen. Macron könnte nun selber zeigen, dass auch er dazu bereit sei, betonte der CDU-Politiker.
Deutliche Kritik am Vorstoß
Wadephul bezeichnete es als "Realität", dass eine atomare Abschreckung gebraucht werde. Es sei "in deutschem Interesse, dass wir auf die nukleare Strategie Einfluss nehmen können, die uns schützt".
Der Vorstoß des CDU-Politikers sorgt für Kritik in der Opposition. "Deutschland hat weder die Systeme noch die Fähigkeiten für eine Teilhabe an französischen Atomwaffen. Und vor einer solchen Grundsatzentscheidung stehen strategische und völkerrechtliche Fragen, die zwischen Deutschland und Frankreich sowie mit den europäischen und transatlantischen Partnern besprochen werden müssten", meint Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, gegenüber t-online.de. "Insofern ist der Vorstoß der Union wieder mal eine Ankündigung ohne Substanz, wie wir sie besonders von der Bundesverteidigungsministerin kennen."
Dagdelen warnt vor "Spiel mit dem Feuer"
Sevim Dagdelen, abrüstungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagt t-online.de: "Eine Beteiligung Deutschlands am Atomwaffenprogramm wäre ein Bruch des Völkerrechts und insbesondere auch des Zwei-plus-Vier-Vertrages. Ich fordere die Bundeskanzlerin auf, sich von der gefährlichen deutschen Großmannssucht zu distanzieren." Zudem verlangt Dagdelen: "Die Bundesregierung muss klarstellen, dass Deutschland sich weiterhin an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen hält."
Auch eine klare Warnung spricht die Linke-Politikerin aus: "Frankreich wird niemals die Kontrolle über seine Atomwaffen abgeben. Es ist ein außenpolitisches Armutszeugnis ohne Gleichen und ein Spiel mit dem Feuer, dass Deutschland jetzt atomare Großmacht spielen soll. Hasardeure wie CDU-Wadephul wollen Deutschland zum atomaren Schlachtfeld machen." Und sie sagt: "Während in Europa die Spannungen wachsen, ist die Forderung aus der Union nach einer Atommacht Deutschland nichts anderes als ein Brandbeschleuniger."
Grüne: Deutschland braucht keine Atomwaffen
Auch von den Grünen kommt Kritik: "Jede Form der Beteiligung an einem französischen Atomwaffenprogramm würde gegen den Nichtverbreitungsvertrag verstoßen, mit dem sich Deutschland als Nichtatomwaffenstaat verpflichtet hat, auf Nuklearwaffen zu verzichten", meint Katja Keul, rechtspolitische und abrüstungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, zu t-online.de. "Deutschland braucht weder Atomwaffen noch eine nukleare Teilhabe."
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace reagierte zuvor bereits empört auf den Vorstoß des CDU-Politikers. "Die Forderung Wadephuls nach deutscher nuklearer Abschreckung heißt, Massenmord aus Deutschland wieder denk- und planbar zu machen", erklärte Greenpeace-Sprecher Christoph von Lieven. "Die historische Verantwortung Deutschlands besteht darin, Frieden zu sichern. Dies geht nur ohne Atomwaffen." Deutschland müsse daher auch den UN-Atomwaffenverbotsvertrag unterschreiben.
- Nachrichtenagentur AFP