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Zwei-Drittel-Mehrheit fraglich: Mehr Rechte für Kinder - Grundgesetz soll geändert werden


Festschreibung im Grundgesetz
Mehr Rechte für Kinder - Grundgesetz soll geändert werden

Von dpa
Aktualisiert am 26.11.2019Lesedauer: 3 Min.
Das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat ist in Artikel 6 des Grundgesetzes geregelt.Vergrößern des Bildes
Das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat ist in Artikel 6 des Grundgesetzes geregelt. (Quelle: Monika Skolimowska/zb/dpa./dpa)

Berlin (dpa) - Von der Spielplatzplanung über die Verkehrsführung bis hin zu Gesetzgebungsprozessen - die Belange von Kindern sollen künftig in Deutschland deutlich mehr beachtet werden.

Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs für eine Grundgesetzänderung, den Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstag in Berlin nach langen Beratungen vorgelegt hat. Die Koalition hatte sich das in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen. Kinderschutzorganisationen machen seit Jahren Druck bei dem Thema. Kritiker finden dagegen eine Grundgesetzänderung unnötig.

Nun beginnen schwierige Verhandlungen, denn für eine Grundgesetzänderung braucht es Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Wie schwierig das wird, zeigten die ersten Reaktionen auf den Gesetzentwurf am Dienstag.

Mit der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz werde künftig bei allem staatlichen Handeln immer mitgedacht werden müssen, dass Kinder besonderen Schutz, Achtung und Förderung verdienten, sagte Lambrecht. "Sie sind keine kleinen Erwachsenen, sondern sie haben unsere besondere Berücksichtigung verdient. Deswegen die Verankerung im Grundgesetz."

In der Praxis könnte sich das nach Angaben von Kinderrechtsexperten zum Beispiel auswirken bei der Planung von Spielplätzen und Wohngebieten oder auch bei Gerichtsverhandlungen, bei denen es um das Sorge- und Umgangsrecht der Kinder geht.

Konkret geplant ist eine Änderung von Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem das Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat geregelt ist. Dort soll folgender neuer Absatz 1a eingefügt werden: "Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör."

Die Reaktionen fielen am Dienstag erwartungsgemäß unterschiedlich aus: Kinderschutzverbände, Grüne und Linke begrüßten zwar grundsätzlich die Pläne. Der Entwurf geht ihnen aber nicht weit genug. Kritiker der Grundgesetzänderung äußerten dagegen unter anderem Befürchtungen vor zu großen Eingriffe des Staates in den Bereich der Familie.

Die Grundrechte stünden schon heute Kindern genauso zu wie Erwachsenen, sagte die rechtspolitische Sprecherin der CSU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker am Dienstag. "Das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat darf nicht verschoben werden."

Ähnliche Bedenken wie in der Union gibt es auch in der FDP. Fraktionsvize Stephan Thomae sagte: "Der Staat darf unter keinen Umständen zum stillen Miterzieher werden, der sich in den Familienverbund einmischt". Die Bedenken wies Lambrecht zurück: "Es geht nicht darum, in das Eltern-Kind-Verhältnis einzugreifen, sondern Kindern die Berücksichtigung zukommen zu lassen, die sie verdienen."

Von der AfD wird eine Grundgesetzänderung abgelehnt. Unterdessen forderten Grüne, Linke und Kinderrechtsorganisationen deutlich weitreichendere Formulierungen zu Gunsten der Kinder, als von der Justizministerin vorgesehen.

Ihr Vorschlag sei sehr enttäuschend und bringe keinen Mehrwert für die Kinder, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner. Der Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung würden noch nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht, kritisierten Kinderhilfswerk, Kinderschutzbund, Deutsche Liga für das Kind und Unicef in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Bundesregierung müsse nacharbeiten, forderte auch der kinderpolitische Sprecher der Linken, Norbert Müller.

Der Gesetzentwurf dürfte noch einige Änderungen durchlaufen. Zuerst geht er nun in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Justizministerin Lambrecht hofft auf eine Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat im nächsten Jahr.

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