Bundespräsident über Putin "Wir dürfen Russland nicht zum Feind erklären"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hofft auf Gespräche mit Russland. Im Verhältnis zwischen dem Westen und Putin gebe es "keine Vertrauensbasis mehr", sagte er in einem Zeitungsinterview.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich besorgt über die "galoppierende Entfremdung" zwischen Russland und dem Westen geäußert und beide Seiten zum Dialog aufgefordert. Die Folgen der derzeitigen Spannungen würden weit über den Fall des in Großbritannien vergifteten russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal hinausgehen, sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". Es gebe auf beiden Seiten "praktisch keine Vertrauensbasis" mehr.
"Ganz unabhängig von Putin – wir dürfen nicht Russland insgesamt, das Land und seine Menschen, zum Feind erklären", forderte das Staatsoberhaupt. "Dagegen steht unsere Geschichte und dafür steht zu viel auf dem Spiel." Vielmehr müsse die Politik der derzeitigen Entfremdung entgegenwirken.
Syrien-Konflikt die nächste Stufe der Eskalation
Die Bundesregierung trage aber zugleich eine große Verantwortung für die Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, gerade in der Russlandpolitik. "Deshalb ist es wichtig, dass wir dem Kreml die Folgen seines Handelns für das europäisch-russische Verhältnis immer wieder deutlich machen", sagte Steinmeier. Und "wir dürfen nicht aufgeben, dies auch im direkten Gespräch zu tun."
Das Verhältnis zwischen Moskau und dem Westen ist seit dem Giftanschlag auf Sergej Skripal und dessen Tochter Julia am 4. März in Salisbury angespannt. Die Regierung in London macht Moskau für das Attentat verantwortlich, Russland weist die Vorwürfe zurück.
Hierzu sagte Steinmeier: "So groß die Genugtuung sein mag, dass diese Grausamkeiten nicht straflos bleiben, haben wir damit in sieben Jahren Syrien-Krieg zum ersten Mal die ernste Gefahr der direkten Konfrontation amerikanischer und russischer Waffensysteme auf syrischem Boden." Dies sei die "nächste Stufe der Eskalation im russisch-amerikanischen Verhältnis."
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- AFP