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Leutheusser-Schnarrenberger zur Erinnerung: "Dresden muss uns Mahnung sein"


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Zerstörung Dresdens 1945
Wir dürfen die Erinnerung nicht den Rechtsextremen überlassen

MeinungGastbeitrag von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Aktualisiert am 13.02.2020Lesedauer: 3 Min.
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Luftangriffe auf Dresden: Historische Aufnahmen zeigen das Ausmaß der Zerstörung durch amerikanische und britische Bomben, die im Februar 1945 auf Dresden niedergingen. (Quelle: t-online)

Vor 75 Jahren wurden große Teile Dresdens bei alliierten Luftangriffen zerstört, heute missbrauchen Rechtsextreme die Erinnerung. Wir müssen uns wehren, fordert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Gastbeitrag.

Hunderte alliierte Bomber griffen Dresden seit dem 13. Februar 1945 an, ein Feuersturm forderte in der Stadt bis zu 25.000 Tote. Bis heute ist die Erinnerung an das Inferno umstritten: Rechtsextreme wollen das Gedenken instrumentalisieren, um die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen.

Das darf ihnen nicht gelingen, so die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP. Die Politikerin hat auch Vorschläge, wie dies gelingen kann.

Die Vergangenheit kann niemals objektiv wiedergegeben werden, sie wird stets mit einem bestimmten Narrativ intoniert. Die Folgen lassen sich heute anschaulich bei der gesellschaftlichen Debatte um das Erbe der DDR in den ostdeutschen Bundesländern beobachten. Geschichte hat das Potenzial, eine Gesellschaft zu spalten.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger | Quelle: imago

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), war von 1992 bis 1996 sowie von 2009 bis 2013 Bundesministerin der Justiz. Derzeit ist sie unter anderem stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Vor diesem Hintergrund bieten Gedenkstätten, Bildungseinrichtungen und Museen einen unschätzbaren Mehrwert: Sie ermöglichen historische Aufklärung aus möglichst neutraler Perspektive. Sie schaffen eine kollektive Erinnerungskultur und arbeiten präventiv gegen das Vergessen von Diktatur, Faschismus und Antisemitismus. Historische Aufklärung stützt unsere wertebasierte Demokratie, ihre Notwendigkeit ist Konsens in jeder liberalen Gesellschaft.

Genau aus diesem Grund versuchen Rechtsextreme seit jeher, die kollektive Erinnerung an historische Ereignisse mit ihren eigenen Botschaften zu infiltrieren und so die Erinnerung für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Besonders deutlich wird dies beim Gedenken an die Gräuel des Naziregimes.

Abstoßende Geschichtsverzerrung

Der Nationalsozialismus wird als ein "Vogelschiss" in der deutschen Geschichte relativiert. Man könne stolz sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen. Und Sophie Scholl hätte laut Wahlplakat eine rechtsextreme Partei gewählt. Diese verbalen Angriffe auf das Andenken von Millionen Opfern des Nationalsozialismus sind nicht nur abstoßend, sie sind auch gefährlich.

Sie lenken von den Hintergründen und Motiven des nationalsozialistischen Terrors ab und versuchen, dessen faschistische Ideologie in unserer Gesellschaft zu legitimieren. Ihren traurigen alljährlichen Höhepunkt erreicht die Geschichtsverfälschung beim Gedenken an die alliierten Luftangriffe auf Dresden vom 13. bis 15. Februar 1945.

Die Methoden der Rechten sind dabei perfide wie professionell: Wer sich online über das Gedenken an die Bombardierung Dresdens vor 75 Jahren informieren möchte, stößt schnell auf die Website "dresden-gedenken.info". Was nach objektiven Fakten, nach Wissen und Bildung klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein rechtsextremistisches Propagandablatt. Von "alliiertem Bombenterror" und von "staatlich bestellten Geschichtsfälschern" ist dort die Rede.

Über Umwege findet man schließlich zu den "Jungen Nationalisten", der Jugendorganisation der NPD, die diese Seite betreibt. Ihr Ziel: Eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad – eben so wie es der thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke in seiner infamen Rede vor drei Jahren gefordert hatte.

Dresden muss uns Mahnung sein

Dass die Neue Rechte versucht, die kollektive Erinnerung für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren, ist keineswegs eine neue Entwicklung. Doch während sich vor zehn Jahren noch einige tausend Rechtsextreme in Dresden versammelt hatten, findet die AfD mit ihrer bewusst provozierenden Geschichtsverfälschung Gehör bei Millionen Menschen.

Die Folgen haben wir erst kürzlich zu spüren bekommen. Wenn ein demokratisch gewählter Politiker ermordet, wenn auf Flüchtlinge geschossen und ein Anschlag auf ein jüdisches Gotteshaus verübt wird, dann waren und sind wir im Kampf gegen den Rechtsextremismus und für die offene Gesellschaft nicht erfolgreich.

Das Gedenken an Dresden ist eine Mahnung vor all jenem, das die Rechtsextremen wieder salonfähig machen wollen. Das Gedenken an Dresden ist eine Mahnung vor Krieg und Diktatur, vor Hass und Ausgrenzung, vor Faschismus und Nationalismus. Wir müssen uns wehren, wenn geschichtsverfälschende Propaganda in die demokratischen Institutionen getragen wird.

Wir müssen uns wehren, wenn Rechtsextreme die Deutungshoheit über nationalsozialistische Verbrechen erlangen wollen. Wir müssen über unsere Vergangenheit sprechen, die Erinnerung wachhalten und dafür sorgen, dass die Ursachen, die zum Tod Zehntausender Dresdner Bürger und Millionen weiterer Menschen geführt haben, nie wieder gesellschaftsfähig werden.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung der Autorin wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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