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Illner: Verfassungsschützer sieht "neue Eskalationsstufe" bei Antisemitismus


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Antisemitismus-Diskussion bei "Maybrit Illner"
Mit der Kippa übern Ku’damm laufen? "Auf keinen Fall"


17.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Stephan Kramer, Verfassungsschützer in Thüringen (Archivbild): Er sieht eine neue Eskalation im Antisemitismus.Vergrößern des Bildes
Stephan Kramer, Verfassungsschützer in Thüringen (Archivbild): Er sieht eine neue Eskalation im Antisemitismus. (Quelle: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild/dpa)

Bei "Maybrit Illner" ging es um vermehrte antijüdische Straftaten in Deutschland. Bei deren Verurteilung war die Runde einig – über die Konsequenzen nicht ganz.

Es war Ricarda Lang, die gleich zu Beginn eine beschämende Bestandsaufnahme der Lage lieferte: Der Satz "Antisemitismus hat keinen Platz in Deutschland" sei "ehrlicherweise gerade keine Realitätsbeschreibung, sondern ein Wunsch, ein Zustand, den man erreichen will", erklärte die Grünen-Vorsitzende. Von einer "ganz neuen Eskalationsstufe" sprach der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer angesichts der sprunghaft gestiegenen antijüdischen Straftaten nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel.

Die Gäste

  • Ricarda Lang, Grünen-Vorsitzende
  • Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
  • Jens Spahn (CDU), stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender
  • Stephan Kramer, Präsident des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz
  • Deniz Yücel, Journalist („Die Welt“)
  • Sina Arnold, Antisemitismus-Forscherin (im Einzelgespräch)

"Warum erst jetzt?", wollte Maybrit Illner dann mit Blick auf die gestrigen bundesweiten Razzien bei muslimischen Vereinen und Organisationen wie dem "Islamischen Zentrum Hamburg" wissen.

"Gute Frage", antwortete Kramer, schließlich informiere sein Amt seit Jahren über diese Szene und warne vor ihr. Der Verfassungsschützer und ehemalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland mahnte aber auch zur Unterscheidung: Es gebe viele Muslime, die sich aus familiärer Betroffenheit Sorgen über die Lage machten, aber nicht das Existenzrecht Israels in Frage stellten.

Auch der Journalist Deniz Yücel warb dafür, nichtradikalen palästinensischen Stimmen "Raum zu geben" und es auszuhalten, wenn diese Dinge anders sähen. Unionsfraktions-Vize Jens Spahn lobte die Einigkeit der "breiten demokratischen Mitte" bei der Verurteilung von Antisemitismus, forderte aber auch: "Den Worten müssen Taten folgen." Geschehe dies nicht, bleibe auch das vielgelobte virale Video des Vizekanzlers Robert Habeck, das Illner auszugsweise einspielte, wirkungslos.

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In diesem Punkt wurden unterschiedliche Meinungen sichtbar: Während der CDU-Politiker schärfere Gesetze forderte, fanden Ricarda Lang und auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, dass die Rechtslage schon jetzt viele Möglichkeiten biete, antisemitisches Verhalten zu ahnden, bei Einwanderern etwa auch durch Entzug des Aufenthaltsrechts. Die Möglichkeiten müssten nur konsequenter genutzt werden.

Geteilte Meinungen zum Erdoğan-Besuch

Natürlich kam die Rede auch auf den heutigen Berlin-Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der Israel als "Terrorstaat" und die Hamas als "Gruppe von Befreiern" bezeichnet.

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Insbesondere Deniz Yücel, der 2017/2018 wegen "Terrorpropaganda" mehr als 290 Tage in türkischer Untersuchungshaft saß, fand den geplanten Empfang des Politikers durch Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier höchst problematisch ("da stimmt was nicht"). Jens Spahn dagegen verteidigte den Besuch: Dieser sei "richtig, so schwer das fällt". Allerdings müsse Erdoğan "sehr klar gesagt werden, dass wir türkische Moscheegemeinden und Ditib-Imame nicht mehr akzeptieren". Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) bildet türkischstämmige Deutsche als Imame aus. Es gelte, Imame in Deutschland auszubilden – was allerdings Geld koste, wie Ricarda Lang anmerkte.

Zum Ende der Sendung lieferte eine Aussage Stephan Kramers den vielleicht eindrücklichsten Beleg für seine These, dass neben allen "gut gemeinten Verboten" und Maßnahmen ein "Bewusstseinwandel in der Bevölkerung" nötig sei. Ob er seinen jüdischen Freunden raten würde, die Kippa – die jüdische Kopfbedeckung – zu tragen, fragte die Moderatorin. "Auf keinen Fall", erwiderte der Verfassungsschützer. "Wenn ich versuche, zehn Meter auf dem Ku’damm mit meiner Kippa zu laufen, oder in Erfurt auf dem Anger, dann komme ich nicht sehr weit."

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Mybritt Illner" vom 16. November 2023
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