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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Röttgen bei Lanz "Dann wird der Krieg in Europa bleiben"
Bundeskanzler Olaf Scholz wolle der Ukraine gar keine Taurus-Raketen zur Verfügung stellen, meint Norbert Röttgen. Dies habe schwere Konsequenzen – genauso wie die verfehlte Asylpolitik der Bundesregierung.
Röttgen plädierte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" für eine konsequentere Asylpolitik. Mit Kritik an Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und an Bundeskanzler Olaf Scholz sparte er ebenfalls nicht.
Die Gäste:
- Norbert Röttgen, Politiker (CDU)
- Sabine Adler, Journalistin
- Roman Deininger, Journalist
An seinem Parteivorsitzenden Friedrich Merz und dessen umstrittenen Zitat über Leistungen für Asylwerber ("Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine") übte Röttgen zumindest sanfte Kritik. Er selbst würde dies nicht so formulieren, erklärte er. Bei allen Problemen in der Asylpolitik gelte es, den aus dem Grundgesetz stammenden Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" nicht zu vergessen.
Merz’ Intention erklärte die Journalistin Sabine Adler damit, dass er glaube, am rechten Rand Stimmen holen zu können – und ergänzte: "Man könnte es polemisch sagen: Weil er nichts anzubieten hat zur Problemlösung". Es stelle sich die Frage, ob jemand wie Merz "Kanzler könne", meinte sie – und prognostizierte: "Er wird seine Kanzlerkandidatur damit beerdigen können. Da muss unglaublich viel kommen, damit er dieses Ruder nochmal rumreißen kann".
Zu einer möglichen Kanzlerkandidatur von Merz mochte sich Röttgen an diesem Abend aber nicht äußern. Der Journalist und Autor Roman Deininger bezeichnet Merz als "Problembären" – "das, was Söder 2018 mit dem Wort 'Asyltourismus' war", merkte er an. Man müsse die Probleme in der Migrationsfrage durchaus stärker benennen, Merz schüre mit seiner Sprache jedoch Ressentiments.
Röttgen: Faeser ist keine gute Innenministerin
Geht es nach Röttgen, gibt es in Deutschland ein Muster, wie Politik betrieben wird. Dieses bestünde darin, dass man nicht vorausschauend handle. Die erneute Flüchtlingskrise sei voraussehbar gewesen, trotzdem habe nichts an Prävention stattgefunden. Besonders an Bundesinnenministerin Nancy Faeser übte er an diesem Abend heftige Kritik. Diese mache eine schlechte Figur als Bundesinnenministerin, meinte Röttgen mehrmals.
"Der Punkt bei Frau Faeser ist, dass sie nicht überzeugt in ihrem Amt als Bundesministerin". Faeser habe nicht auf die Geschehnisse reagiert, Grenzkontrollen abgelehnt und am nächsten Tag den Kurs wieder revidiert. Als Lanz kritisierte, dass Faeser trotz dringender Asylfragen Wahlkampf in Hessen mache, legte Röttgen nach, betonte, dass Faeser generell keine gute Arbeit mache.
Der CDU-Politiker sprach sich für Grenzkontrollen aus. Man würde damit die Mitteilung aussenden, dass Deutschland den Kurs verändere. Röttgen erklärte, dass man jene Region, aus der der Großteil der Bootsflüchtlingen käme, "zu einem strategischen Gebiet unserer Außenpolitik gemacht hätte". Dass man nun Länder wie Tunesien Geld biete, könne gar nicht funktionieren.
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Er sprach auch von Transitzonen und Abschiebezentren sowie der Einigung, dass diese an europäischen Außengrenzen eingerichtet werden sollen. "Menschen werden nicht weitergeschleust, sondern werden dort registriert", erklärte er. Dies habe auch Signalwirkung. Wie eine Rückführung konkret aussehen könnte, wollte er nicht so recht beantworten. Der Prozess würde auch nicht von heute auf morgen in Gang gesetzt werden: "Das wird Zeit dauern. Die Zeitverzögerung kann man nicht wettmachen".
"Putins Rhetorik war auf Krieg aufgelegt"
Ebenso wenig vorausschauend habe man bezüglich der Ukraine reagiert, attestierte Adler. Die Entwicklung und Putins Intentionen hätte man bereits vor 2014 erkennen müssen. "Das war mit Ansage […] Das hat sich angebahnt, die ganze Putin-Rhetorik war auf Krieg ausgelegt". Man habe aber nicht reagiert, nichts unternommen. Außerdem sei es seit vielen Jahren klar, dass Russland in etlichen afrikanischen Ländern aktiv ist und quasi für einen Flüchtlingsstrom nach Europa sorgt. 2015 habe man es "eben so geschafft": "Wir wussten, dass wir etwas tun müssen bei der Fluchtursachenbehebung. Geschehen ist kaum etwas. Wir haben Russland in Afrika das Feld überlassen", so Adler.
Am Ende wird auch das Zögern Deutschlands bei Waffenlieferungen an die Ukraine thematisiert. Konkret geht es um die Taurus-Raketen. Röttgen sieht kein Zögern des Kanzlers, sondern meinte: "Er will es nicht". Sein Resümee: "Es ist kein Zögern, es ist Unwilligkeit". Die Nicht-Unterstützung der Ukraine verlängere diesen Krieg jedoch, meint der CDU-Politiker, ehe er prophezeit: "Für Putin spielt eher die Zeit. Wenn es einen Teilgewinn für Putin gibt, dann wird der Krieg in Europa bleiben und wir werden alle teuer dafür bezahlen."
- zdf.de: "Markus Lanz" vom 5. Oktober 2023