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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Abgeordnete schwitzten Rätsel um dicke Luft im Verteidigungsausschuss gelöst
Hitze hatte Unmut und Spott verursacht: Der Verteidigungsausschuss wollte mehr kühlen und durfte nicht. Jetzt soll es gar nicht zu warm gewesen sein – sondern zu schwül.
Der Bundestag setzt auf ein Energiesparkonzept mit wärmeren Räumen im Sommer – und prompt stöhnen Abgeordnete, unter solchen Umständen kaum arbeiten zu können. Die Bundestagsverwaltung hat jetzt eingeräumt, dass es Probleme gab – und sagt zugleich, dass das Energiesparkonzept nicht verantwortlich sei.
Der Ukraine-Krieg mit der Aussicht, auf russisches Gas verzichten zu müssen, hatte den Bundestag vor einem Jahr zum Handeln in eigener Sache gebracht: Der Ältestenrat beschloss Einsparungen beim Gebäudebetrieb: Im Winter darf es in den Räumen kälter sein als bislang, im Sommer wärmer. Und dann tagte vorletzte Woche am 21. Juni der Verteidigungsausschuss – und die Mitglieder beschwerten sich.
Schon vor Beginn gab es Fragen, ob sich der Sitzungsraum im Paul-Löbe-Haus nicht stärker kühlen lasse. Die Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) erkundigte sich, bekam aber die Rückmeldung, es gelte das Energiesparkonzept. Einziges Zugeständnis: Die Sakkos konnten abgelegt werden.
Milliarden und kein klarer Kopf?
Als dann die Grüne Obfrau Sara Nanni ermattet nach einer Pause fragte, wurde die zwar mit breiter Mehrheit erleichtert angenommen – aber zugleich über das Energiesparkonzept gelästert. Von der AfD hieß es, das sei wieder nicht zu Ende gedacht.
Ausschussmitglieder forderten, eine solche Situation dürfe sich nicht wiederholen. Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, wollte einerseits nicht jammern: Von den Abgeordneten in Einsatz geschickte Soldaten seien einerseits noch ganz anderen Bedingungen ausgesetzt. Andererseits könne es aber auch nicht sein, dass ein "Ausschuss, der im Jahr über 50 Milliarden plus entscheidet, dann nicht einigermaßen vernünftige Rahmenbedingungen hat".
"Zu hohe Raumluftfeuchte"
Die Bundestagsverwaltung hatte zunächst keine Erklärung. Die lieferte sie in dieser Woche auf Anfrage von t-online nach: Es habe nicht an der Sparvorgabe gelegen. Zwar sieht das Konzept vor, dass in Sitzungssälen im Sommer zwei Grad mehr zulässig sind: Gekühlt wird auf 24 bis 26 Grad statt auf 22 bis 24 wie ohne das Sparkonzept.
Das sei aber nicht das Problem gewesen. Laut Bundestagsverwaltung sei es nicht zu warm, sondern zu schwül gewesen – durch einen Defekt an der Lüftungsanlage. "Störungsbedingt entstanden Raumkonditionen, insbesondere eine zu hohe Raumluftfeuchte, die von den Nutzern als unangenehm empfunden wurden", heißt es in der Mitteilung.
Das passt zu den Angaben vieler Abgeordneter und Mitarbeiter: In anderen Räumen sei es an dem Tag zwar auch warm gewesen, aber erträglich. Die Lüftung sei von der Sparvorgabe nicht betroffen: Die Luftwechselraten seien gleich geblieben – die Anlagen wälzen also unverändert viel Luft um. Allerdings wird die genutzte Luft im Sommer weniger gekühlt und im Winter weniger erwärmt.
Nachdem die Ursache gefunden ist, hoffen die Verfechter des Energiesparkonzepts, dass ein Aufweichen der Sparvorgabe vom Tisch ist.
- Eigene Recherchen
- bundestag.de: "Hintergrund Energiesparkonzept des Deutschen Bundestages"