In Bad Lobenstein Thüringer Bürgermeister greift Journalisten bei Marktfest an
Schwere Vorwürfe gegen den Bürgermeister von Bad Lobenstein: Der parteilose Politiker soll auf einen Reporter losgegangen sein. Ramelow zeigte sich entsetzt.
Ein Reporter der "Ostthüringer Zeitung" ist einem Bericht des Blattes zufolge vom Bürgermeister der Stadt Bad Lobenstein angegriffen worden. Bürgermeister Thomas Weigelt (parteilos) sei am Samstag während eines Marktfestes unvermittelt auf den Journalisten losgestürzt, habe diesen dabei verletzt und dessen Ausrüstung beschädigt, berichtete die Zeitung in ihrer Online-Ausgabe am Sonntag.
Ein Kollege des betroffenen Reporters veröffentlichte ein Video auf Twitter, auf dem zu sehen ist, wie Weigelt mit ausgestreckter Hand auf die Kamera zugeht und diese zu fassen bekommt – dann verwackelt das Bild, die Linse zeigt in Richtung Boden. Weigelt war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Embed
Ramelow: "Geht gar nicht"
Die Polizei nahm eine Strafanzeige des Journalisten auf. Es bestehe der Verdacht der Körperverletzung und der Sachbeschädigung, sagte ein Sprecher der Polizei. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich empört über den Vorfall. "So etwas geht einfach gar nicht", schrieb er am Samstag bei Twitter. "Ein Bürgermeister greift einen Journalisten persönlich und körperlich an." Dem Journalisten wünsche er alles Gute und drücke ihm seine Solidarität aus. Die inakzeptable Handlung müsse geahndet werden, forderte der Regierungschef.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Dem Vorfall vorausgegangen sein soll dem Bericht zufolge ein Empfang, zu dem der Bürgermeister dem Journalisten den Zutritt verwehrte. Auch davon veröffentlichte der Kollege des Reporters ein Video auf Twitter. "Absolutismus?", fragte der Ministerpräsident. Steuergeld werde für einen Empfang ausgegeben und Amtsräume benutzt und zugleich ein Journalist an der Arbeit gehindert, beklagte Ramelow.
Der Chefredakteur der "Ostthüringer Zeitung", Jörg Riebartsch, erklärte in einer Mitteilung, schon lange gebe es Versuche, die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten des Blattes zu behindern und zu beeinflussen. "Dazu gehören auch Drohungen, körperliche Gewalt anzuwenden." Dass jetzt der Bürgermeister von Bad Lobenstein den Lokalreporter körperlich angegriffen habe, um eine Berichterstattung über sich während des Marktfestes zu verhindern, sei eine neue, traurige Eskalation. "Die Redaktion der OTZ lässt sich allerdings auch künftig nicht mit Gewalt einschüchtern. Wir werden stets berichten, was wir entdecken."
Funke Mediengruppe will Bürgermeister anzeigen
Julia Becker, die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, zu der die Zeitung gehört, erklärte: "Der Angriff auf unseren Reporter der OTZ ist nicht nur ein schändlicher Angriff auf einen unserer Mitarbeiter. Es ist auch ein Angriff auf die Pressefreiheit und damit auf einen der Grundwerte unserer Demokratie." Ein Rücktritt des Bürgermeisters, der mit körperlicher Gewalt Berichterstattung verhindern wolle, sei unumgänglich. "Wir werden alle juristischen Mittel aufbieten, um diesen Übergriff zu ahnden."
"Ich bin schockiert und fassungslos über diese Nachricht aus Bad Lobenstein", schrieb der Landrat des Saale-Orla-Kreises, Thomas Fügmann (CDU), auf Facebook. Ein solches Verhalten eines Bürgermeisters, eines Wahlbeamten gegenüber einem Journalisten oder jeder anderen Person sei durch nichts zu rechtfertigen. "Ich fordere von Thomas Weigelt den sofortigen Rücktritt von seinem Amt als Bürgermeister von Bad Lobenstein."
Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Astrid Rothe-Beinlich, äußerte sich auf Twitter zu dem Vorgang. "Angesichts des unmöglichen Verhaltens ist die Forderung nach einem Rücktritt und einer Entschuldigung von #Weigelt die einzig richtige." Ein derartiger Eingriff in die Pressefreiheit sei nicht hinnehmbar und müsse Konsequenzen haben.
- Nachrichtenagentur dpa