Corona-Maßnahmen Schulschließungen im Visier von Europäischem Gerichtshof
Waren die Schulschließungen zu Pandemie-Zeiten rechtens? Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat offenbar einige Fragen an die Bundesregierung.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat nach einem Medienbericht von der Bundesregierung eine Stellungnahme zu den Schulschließungen während der Corona-Pandemie gefordert. Wie die "Welt am Sonntag" berichtete, bestätigte das Bundesjustizministerium den Eingang eines Fragenkatalogs des Gerichts zur sogenannten Bundesnotbremse.
Die Bundesnotbremse war Ende April 2021 in Kraft getreten und lief Ende Juni desselben Jahres aus. Sie sah Einschränkungen des öffentlichen Lebens vor, wenn die neuen Coronainfektionen in einem Landkreis bestimmte Werte überschritten. Dazu gehörten auch Schulschließungen.
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof setzte dem Bericht zufolge eine Frist bis zum 12. April für die Antwort der Bundesregierung. Er forderte demnach unter anderem eine Antwort auf die Frage, ob das Kindeswohl tatsächlich der zentrale Maßstab für die erneuten Schulschließungen gewesen sei. Außerdem wollten die Richter wissen, inwieweit die Auswirkungen früherer Schulschließungen in der Pandemie-Zeit bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden waren.
Verfassungsgericht wies Klage ab
Darüber hinaus habe der EGMR die Regierung aufgefordert, Informationen über die damalige "Verfügbarkeit, den Umfang und die Dauer alternativer Bildungsmöglichkeiten" wie hybride Lernmöglichkeiten, Online-Unterricht und Notfallbetreuung in der Schule vorzulegen.
Die Rechtsanwälte Axel Koch und Bernhard Ludwig hatten im Mai 2022 Beschwerde gegen die Bundesrepublik beim EGMR eingereicht. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht ihre Klage wegen der Schulschließungen abgewiesen. Solange sich der Staat auf wissenschaftliche Expertisen stützen kann, die nicht eindeutig widerlegt seien, so das Urteil der Richter, seien die Schulschließungen zum Schutz der Risikogruppen vertretbar gewesen.
Deutsche Behörden und Gerichte müssen die Rechtsprechung des EGMR umsetzen. Dass der Gerichtshof einen Fragenkatalog verschickt habe, deute darauf hin, dass die Richter den Fall ernst nähmen, schrieb die Zeitung. Nur rund zwei Prozent der Beschwerden gegen Deutschland, die jährlich beim EGMR eingingen, würden der Bundesregierung verbunden mit der Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt.
- Nachrichtenagentur AFP