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Donald Trump als neuer US-Präsident: Verhandlung mit Putin zur Ukraine?


Interview
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Trump und die Folgen für die Welt
"Er dürfte einen Deal mit Putin anstreben"

InterviewVon Gerhard Spörl

08.11.2024 - 09:20 UhrLesedauer: 5 Min.
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Donald Trump: "Er will gegenüber Putin keinesfalls als Schwächling dastehen", sagt Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger. (Quelle: Evan Vucci)

Persönliche Gipfel mit Putin, die USA als "Trump-Country": Mit dem neu gewählten US-Präsidenten stehen große Veränderungen an, erklärt Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger im Interview.

Die USA haben gewählt: Donald Trump wird das Land ab 2025 erneut anführen – eine Entscheidung, die für Europa viele Unsicherheiten birgt: Wie sieht es um die europäische Sicherheit aus? Und wie geht es für die Ukraine weiter?

Dass Trump sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen wird, um über die Ukraine zu verhandeln, hält der Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger für wahrscheinlich. Warum, was Europa nun braucht und was Ischinger selbst in Trumps Residenz in Mar-a-Lago erlebte, lesen Sie im Interview.

t-online: Herr Ischinger, Sie waren Botschafter in Washington. Haben Sie damals Donald Trump kennengelernt?

Wolfgang Ischinger: Ich war gemeinsam mit anderen Botschaftern zum Rotkreuz-Ball in Mar-a-Lago eingeladen. Frack mit Orden war angeordnet, sehr komisch. Spätabends sagte Trump mir, dass er im pfälzischen Kallstadt, der Urheimat des Trump-Clans, gewesen sei und vergeblich nach einer Würdigung, einer Erinnerung an seine von dort ausgewanderten Ahnen gesucht habe. Vielleicht erklärt dieser Mangel seine ausgeprägte Skepsis gegenüber Deutschland.

Trump hat freie Hand, weil die Republikaner die Mehrheit in Senat und vermutlich auch im Repräsentantenhaus besitzen. Wie stark kann er das Amerika verändern, das Sie kennen?

Allein die Mehrheit im Senat verschafft ihm große Handlungsfreiheit, in der Außenpolitik wie in der Besetzung von Schlüsselämtern im Kabinett und in den Geheimdiensten. Wenn er jetzt auch noch eine Mehrheit im Repräsentantenhaus bekommen sollte, wonach es ja aussieht, dann kann er durchregieren. Dann wird Amerika zum Trump-Country.

Halten Sie es für möglich, dass er wahr macht, zwei Millionen illegale Einwanderer auszuweisen?

Wir werden sehen, was die Gerichte zu solchen Plänen sagen. In den USA gilt im Übrigen, was auch für Deutschland gilt – nicht alle Wahlversprechen oder Wahl-Drohungen werden verwirklicht. Nach der Wahl ist nicht vor der Wahl – für Trump gibt's ja ohnehin keine erneute Wahl.

Wolfgang Ischinger (Archivbild): Der Ex-Diplomat warnt zusammen mit internationalen Politikern vor nuklearen Katastrophen.
Wolfgang Ischinger (Archivbild): Der Ex-Diplomat warnt zusammen mit internationalen Politikern vor nuklearen Katastrophen. (Quelle: Metodi Popow/imago-images-bilder)

Zur Person

Wolfgang Ischinger gehört zu den herausragenden deutschen Experten für internationale Politik. Bis 2022 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz, zuvor war Ischinger als Diplomat und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als Botschafter in den USA tätig.

Er droht auch, dass er die Armee gegen "den inneren Feind", womit ja Demokraten gemeint sind, einsetzen wird.

Auch da wird die Justiz gegebenenfalls die Grenzen definieren.

Auch die Haltung Amerikas zu den Verbündeten wird sich wohl verändern. Wird Trump tatsächlich die Ukraine opfern?

Für möglich, sogar für wahrscheinlich halte ich, dass Donald Trump persönliche Gipfeldiplomatie mit Wladimir Putin anstreben wird, möglicherweise über die Köpfe der Ukraine, aber auch Europas hinweg. Er dürfte einen Deal anstreben, aber nicht unbedingt einen Deal, der die Ukraine zur Kapitulation zwingt. Er will gegenüber Wladimir Putin keinesfalls als Schwächling dastehen.

Das Äquivalent in Asien ist Taiwan. Rechnen Sie damit, dass China die Chance zur Übernahme nutzt, weil der Schutzschirm Amerikas ausfällt?

Nein, die eigentlichen Prioritäten Chinas betreffen Wachstum und Wirtschaft. Dafür wäre ein Krieg um Taiwan unter den gegebenen Umständen Gift.

Verkraftet die Nato weniger Amerika bei möglichen russischen Angriffen in Osteuropa?

Wenn die Nato die Abschreckung glaubwürdig erhalten will, muss Deutschland selbst noch viel mehr tun. Trittbrettfahren ist ab jetzt nicht mehr erlaubt. Abschreckung durch konventionelle Stärke muss weiterhin das Ziel des westlichen Bündnisses sein.

Wie sollte die Nato in fünf Jahren organisiert sein?

Immer noch um die Maximen der klassischen Doppelstrategie, wie sie schon in den 1970er-Jahren formuliert wurde. Die Nato soll durch hinreichende militärische Stärke potenzielle Gegner von Angriffen abhalten und auf dieser Grundlage mit ihnen über Entspannung verhandeln.

Emmanuel Macron hat schon vor Jahren eine gemeinsame europäische Armee als Konsequenz von Amerikas Distanz zu Europa vorgeschlagen. Muss die Europäische Union nun den Gedanken aufgreifen?

Eine europäische Armee bleibt eine gute langfristige Vision. Als unmittelbares und erreichbares Ziel sollten wir aber jetzt verstärkt anstreben, Rüstung und Beschaffung, Ausbildung und Wartung gemeinsam zu organisieren. Auf diese Weise können viele Milliarden Euro gespart werden. Außerdem sollte Deutschland zusammen mit Frankreich und Polen eine Verteidigungsunion in einem kleineren Kerneuropa vorschlagen. Mit 27 Mitgliedsländern geht rasches Handeln nicht, jedenfalls nicht in einem Schritt.

Wie sollte sich dieses Kerneuropa gegenüber denjenigen Partnern verhalten, die nicht mitmachen wollen?

Eine offene Einladung sollte an alle Mitgliedsstaaten ergehen, die jetzt gleich oder eben später mitmachen wollen. Als Modell könnte die gemeinsame Währung dienen. Der Euro ist ja auch nicht im Jahr 2002 überall zugleich eingeführt worden, sondern in etlichen Ländern erst nach und nach. Mit einer gewissen Phasenverzögerung könnte auch eine europäische Streitkraft aufgebaut werden.

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In wie vielen Jahren könnte eine europäische Armee nach Ihrer Schätzung stehen?

Ein Europa, das schützt, ein Europa mit einer Armee braucht völlig andere Strukturen als das Europa der ökonomischen Integration, an der wir ja zu Recht weiterarbeiten. Überragend wichtige Fragen gilt es zu klären: Wer bitte soll – mit Mehrheit oder einstimmig – über Einsätze beziehungsweise über Leben und Tod entscheiden? Europa benötigt eigene Mechanismen, wenn es die Verteidigung neben der Integration zum Kernziel erklären will. Ein weiter Weg liegt da vor uns.

Welche Rolle spielen eigentlich Atomwaffen in modernen Kriegen? Sind sie noch der Garant nationaler Unabhängigkeit?

Nuklearwaffen verleihen den Ländern, die sie haben, die Aura der Nichtangreifbarkeit. Russland ist ein Beispiel dafür. Die Vision einer Welt ohne Nuklearwaffen ist deshalb leider in weite Ferne gerückt. Dass atomare Waffen abgerüstet werden sollten, bleibt dennoch ein außerordentlich wichtiges Grundanliegen deutscher und europäischer Sicherheitspolitik.

Zur Selbstberuhigung haben vor allem deutsche Politiker gemeint, die französischen und britischen ballistischen Raketen könnten sozusagen europäisiert werden. Mehr als eine Illusion?

Es wäre falsch, das Angebot Frankreichs, über Nuklearstrategie zu sprechen, weiterhin zu ignorieren. Vielleicht kann auch mit Großbritannien vertraulich darüber gesprochen werden. Es gibt wenig andere Optionen, um die nukleare Abschreckung für Europa weiter zu stärken.

Halten Sie es für möglich, dass demnächst in Deutschland eine Debatte über eigene Nuklearwaffen beginnt?

Damit würden wir uns in eine ganz falsche Richtung steuern. Deutschland hat ja doppelt völkerrechtlich auf den Bau nuklearer Waffen verzichtet. Bei der Wiedervereinigung hat die Regierung Kohl den Verzicht aus dem Jahr 1975 ausdrücklich wiederholt. Das zählt, das ist verbindlich.

Wäre eine Regierung Merz unter den neuen weltpolitischen Verhältnissen besser geeignet als die Ampel?

Darüber müssen ja jetzt vielleicht schon bald die Wähler entscheiden. Aber unser Land braucht Stabilität und Berechenbarkeit mehr denn je.

Vier Jahre Donald Trump – wie sieht Ihre pessimistische Einschätzung aus?

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Die rheinische Antwort lautet "Es is ja immer irgendwie jot jejange".

Und die optimistische Variante?

Wird schon werden. Diplomatie muss stets optimistisch nach Lösungen suchen – und hoffentlich auch finden!

Herr Ischinger, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Wolfgang Ischinger
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