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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trumps neueste Masche Jetzt zockt er
Donald Trump hat einen neuen Plan offenbart, um Gelder und potenzielle Wähler zu gewinnen. Doch Experten warnen davor – und nennen ihn "Betrug". Was steckt dahinter?
Noch rund drei Wochen sind es bis zur Präsidentschaftswahl in den USA – und die Kandidaten Kamala Harris und Donald Trump versuchen alles zu mobilisieren, was jetzt noch geht. Dazu gehört vor allem, Geld für letzte Werbekampagnen einzusammeln, mit denen sie unentschlossene Wähler in den sogenannten Swing States überzeugen wollen.
Der Ex-Präsident hat jetzt offenbar eine neue Idee, wie er sowohl an Geld kommt – als auch an die Stimmen einer bestimmten Wählergruppe. Eine Idee, vor der Experten warnen, und die zahlreiche Nutzer auf der Plattform X als "Betrug" bezeichnen. So fragt ihn eine Nutzerin: "Hören Sie jemals auf, zu betrügen? Es ist so geschmacklos."
Denn Trump hat einen "Tokensale" angekündigt, also den Verkauf sogenannter digitaler Token, die wie Beteiligungsrechte im Kryptobereich funktionieren. Mit diesem Tokenverkauf will Trump laut dem Portal "The Block" 300 Millionen US-Dollar einnehmen. Nutzer können sich die Token ab Dienstag sichern, mit denen sie wiederum ein Stimmrecht bei Entscheidungen auf der dahinterstehenden Plattform bekommen sollen.
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Trumps Sohn kündigte "Finanzrevolution" an
Hinter dem angekündigten "Tokensale" steckt die Firma World Liberty Financial, die Trump gemeinsam mit seinen Söhnen und weiteren Unternehmern bereits im September ins Leben gerufen hat. Donald Trump Jr. sagte damals, man wolle eine "Finanzrevolution" starten. Beabsichtigt wird demnach, dezentrale Finanzdienstleistungen (DeFi) auf Grundlage der Blockchain-Technologie anzubieten, die klassische Vermittler wie Banken im Prinzip überflüssig machen soll. Mehr zu Blockchain lesen Sie hier.
World Liberty Financial soll es Nutzerinnen und Nutzern zum Beispiel ermöglichen, einander Kryptowährungen zu leihen. Solche Dienstleistungen werden auch von zahlreichen anderen Plattformen angeboten.
Projektleiter des Trump-Projekts sind die Kryptowährungsunternehmer Zachary Folkman und Chase Herro. Sie kündigten an, dass auf der Plattform in erster Linie sogenannte Stablecoins verwendet würden, die meist an den Wert einer konventionellen Währung gekoppelt sind, häufig den Dollar. Dadurch sind sie gefeit gegen die mitunter heftigen Kursschwankungen im Kryptosektor.
World Liberty Financial wolle eine Plattform schaffen, die für die Menschen leicht zugänglich sei, kündigte Folkman an. Über die Token erhielten Käufer das Recht, sich an der Verwaltung der Plattform zu beteiligen, sagten die Projektleiter. 63 Prozent der Token sollten der Öffentlichkeit angeboten werden, 20 Prozent an das Gründerteam gehen und der Rest als Belohnung für die Nutzer – also die Käufer – reserviert werden.
Umstrittene Kryptounternehmer
Allein: Folkman und Herro sind stark umstritten. Herro nennt sich selbst stolz "Dreckskerl des Internets", er sei in der Lage, "jedem alles zu verkaufen", wie er einmal behauptete, schreibt die "New York Times". Folkman war Chef einer Firma mit dem Namen "Date Hotter Girls": Hier gab er unter einem Pseudonym Ratschläge, wie man Frauen in Bars anspricht.
Die beiden Männer waren in den vergangenen Jahren als Start-up-Unternehmer tätig, in der Zeit hinterließen sie jedoch unbezahlte Schulden und Steuern, schreibt die "New York Times" weiter. Auch wurde gegen ihre Firmen geklagt.
Trump Jr. lobte die beiden indes bei einer Onlinepräsentation im September. "Man könnte sie in einen Sitzungssaal bei Goldman Sachs setzen und sie würden die Leute im Raum übertrumpfen", sagte er.
Experte: "Ein Haufen Unsinn"
Experten zweifeln jedoch an dem Projekt. Eswar Prasad, Wirtschaftsprofessor an der Cornell University, sagte der "New York Times", dass Herro und Folkman nicht das für digitale Token notwendige technische oder finanzielle Know-how zu haben scheinen, "um das Unternehmen zum Erfolg zu führen". John Reed Stark, früherer leitender Beamter der US-Börsenaufsicht SEC, wurde noch deutlicher. "Es ist ein Haufen Unsinn", sagte er der Zeitung, und sicher keine gute Gelegenheit für Investoren.
Doch auch abgesehen davon, dass die Männer hinter dem Projekt offenbar wenig Ahnung von der Materie haben und die Idee selbst nicht revolutionär ist, gibt es weitere Probleme bei dem Trump'schen Kryptoplan. Zum einen sind dezentrale digitale Finanzanwendungen, zu denen Trumps Projekt zählt, anfällig für Hackerangriffe.
Aber mehr noch: Wie das US-Magazin "Newsweek" schreibt, arbeitet die Webseite mit einem Datenschutzdienst zusammen, um die Betreiber der Seite und weitere Informationen über die dahinterstehenden Personen zu anonymisieren. Das werfe Fragen auf, so "Newsweek". Zudem wurde der Datenschutzdienst in der Vergangenheit bereits mit russischen Cyberkriminellen in Verbindung gebracht, berichtet das Magazin weiter.
"Glücksspiel für Trumps Kampagne"
Der Experte und Kryptojournalist Benjamin Schiller warnt daher: "World Liberty Financial ist ein Glücksspiel für Trumps Kampagne." Denn: "DeFi-Projekte stürzen häufig ab, werden gehackt oder verschwinden einfach in der Bedeutungslosigkeit."
Trump selbst scheint das nicht zu stören. Er hat in Bezug auf seine Meinung zu Kryptowährungen ohnehin eine 180-Grad-Wende hingelegt – wohl auch, weil er jetzt direkten Nutzen daraus ziehen kann. Während seiner Präsidentschaft hatte Trump sich noch ablehnend über Kryptowährungen geäußert und diese als "Abzocke" kritisiert. Inzwischen hat sich seine Position aber grundlegend gewandelt: Ende Juli kündigte der 78-Jährige an, er werde "der Pro-Innovations- und Pro-Bitcoin-Präsident sein, den Amerika braucht".
Damit geht er auf Distanz zur Regierung von US-Präsident Joe Biden, die sich für eine Regulierung des Kryptosektors einsetzt. Nicht zuletzt, um unentschlossene Wähler zu überzeugen. Experte Schiller schreibt dazu: "Trump, der immer ein Opportunist ist, sieht den Wert darin, die Krypto-Lobby zufriedenzustellen."
Es gebe Millionen von Wählern, denen Kryptowährungen und dezentrale Finanzanwendungen wichtig genug seien, "um den Verlauf der Wahl zu verändern", so Schiller. "Wenn man bedenkt, dass man nur ein paar Tausend Stimmen braucht, um in Swing States wie Wisconsin, Nevada oder New Hampshire zu gewinnen, könnte diese Wählerschaft den Unterschied ausmachen."
Verquickung zwischen Geschäften und Politik
Allein: Als US-Präsident hätte Trump auch die Macht, die Kryptobranche zu deregulieren – und damit letztlich sein eigenes Unternehmen zu fördern. Die Verquickung zwischen seiner Politik und Geschäftemacherei könnte dadurch noch zunehmen. Bereits Ende Juli versprach Trump auf einer Kryptokonferenz, im Falle seiner Wiederwahl den krypto-kritischen Chef der Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, zu feuern.
"Dass ein Präsidentschaftskandidat ein Kryptounternehmen gründet, ist sicherlich ein Zeichen für unsere 'schöne neue Welt'", schreibt Schiller ironisch. Und kommt zu dem Schluss: "Alles, was ein Kandidat tut, auch wenn er in erster Linie ein Geschäftsmann ist, ist politisch – nicht finanziell."
- Eigene Recherche
- The New York Times: "The 'Crypto Punks' Behind Trump’s Murky New Business Venture" (englisch)
- The Block: "Trump-linked World Liberty Financial to raise $300 million at $1.5 billion valuation: Roadmap" (englisch)
- unherd.com: "Trump’s World Liberty Financial is a dangerous gamble" (englisch)
- n-tv.de: "Donald Trump paktiert mit dem 'Drecksack des Internets'"
- Wirtschaftswoche: "Warum Donald Trump ins Krypto-Geschäft einsteigt" (kostenpflichtig)
- btc-echo.de: "Trump-Projekt kündigt Tokensale für 300 Millionen US-Dollar an"
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP