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US-Wahlen in Gefahr? Russische Millionen für Pro-Trump-Influencer


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US-Wahlen in Gefahr?
Russische Millionen für Pro-Trump-Influencer


Aktualisiert am 06.09.2024Lesedauer: 6 Min.
Alte Bekannte: Donald Trump and Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2019.Vergrößern des Bildes
Alte Bekannte: Donald Trump (r.) und Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2019. (Quelle: KEVIN LAMARQUE)

Diese Anschuldigungen erschüttern den US-Wahlkampf. Russland soll rechten Kommentatoren Millionen gezahlt haben, um die Propaganda des Kremls zu verbreiten. Das Ziel: Donald Trump soll wieder Präsident werden.

Bastian Brauns berichtet aus Washington.

Erst kürzlich gab sich der Mann, der Donald Trump zurück ins Weiße Haus bringen will, wieder sehr wütend. Tim Pool, ein 38-jähriger rechtsextremer Influencer mit mehreren Millionen Zuschauern auf YouTube und X, wirkte außer sich. In seiner Livesendung rief der Amerikaner: "Die Ukraine ist ein Feind dieses Landes", einer der "größten Feinde" der USA und für die "ganze Welt". Die Ukraine und "kriminelle Elemente" aus den USA seien es, die den Krieg ausweiten würden. Darum sollten die Amerikaner jegliche Hilfen einstellen und sich "bei Russland entschuldigen".

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Ermittlungen gegen Medien-Start-up aus Tennessee

Was in den USA bis gestern noch als die extreme Meinungsäußerung eines typischen rechten Kommentators durchgehen konnte, liest sich seit heute anders. Denn Tim Pool, ehemaliger Journalist, der einst durch seine Berichterstattung zu den Wall-Street-Protesten im Jahr 2011 und zu den Maidan-Demonstrationen in Kiew im Jahr 2013 bekannt wurde, soll für seine jetzigen Videos offenbar Geld von Russland erhalten haben. Verbunden mit einem klaren Auftrag und Ziel: die Stimmung der Amerikaner so zu manipulieren, dass sie den Republikaner Donald Trump zurück ins Amt wählen.

Und Tim Pool soll bei Weitem nicht der Einzige sein. Wenige Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen wirft das US-Justizministerium unter anderem einem Unternehmen mit dem Namen "Tenet Media", das im Bundesstaat Tennessee ansässig ist, vor, dass es von russischen Agenten finanziert worden sein soll. Das Unternehmen gehört der rechten YouTuberin Lauren Chen und ihrem Ehemann Liam Donovan. Tim Pool ist Teil dieses Medien-Start-ups. Ebenso wie Benny Johnson, Lauren Southern und David Rubin – allesamt rechtsextreme Pro-Trump-Kommentatoren mit vielen Millionen Zuschauern.

Am Mittwoch veröffentlichte das amerikanische Justizministerium eine umfassende Klageschrift, in der "Tenet Media", die Firmengründer und ihre Mitarbeiter als Teil einer vom Kreml gesteuerten Operation beschuldigt werden. 10 Millionen Dollar sollen insgesamt geflossen sein, damit die rechten Influencer pro-russische Erzählungen wie die von Tim Pool verbreiten. Angeleiert worden sein soll das Ganze über den russischen Regierungssender RT (ehemals Russia Today), der in den USA bereits seit 2017 als ausländischer Agent registriert ist, nachdem schon damals der Einfluss von RT auf die Wahlen 2016 nachgewiesen worden war.

Auch in Deutschland schlagen Dokumente zu Russlands Manipulationen hohe Wellen. Hier soll der Kreml gezielt die AfD unterstützt haben. Mehr dazu lesen Sie hier.

Dokumente zeigen großangelegte Manipulationen

Interne russische Dokumenten, die vom amerikanischen Justizministerium in übersetzter Form bereitgestellt werden, zeigen das Ausmaß der Manipulation der öffentlichen Meinung in den USA zugunsten Russlands und Donald Trumps. Zu lesen ist darin: "Für Russland ergibt es Sinn, mit maximalen Anstrengungen zu sichern, dass die politischen Ansichten von Partei A (zuallererst die Ansichten der Anhänger von Kandidat A) die öffentliche Meinung der USA gewinnen." Das US-Justizministerium anonymisierte das Dokument zwar. Aber es ist klar, dass mit Partei A die Republikaner und mit Kandidat A Donald Trump gemeint sind. Denn die "russlandfeindliche" Partei B sei zum jetzigen Zeitpunkt noch an der Macht, sprich die Demokraten.

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Bestimmte Amerikaner im Visier des Kremls

Um das explizite russische Interesse – eine Wiederwahl von Donald Trump – zu verwirklichen, sollten auf zahlreichen Wegen mittels Guerilla-Taktiken die politischen Präferenzen der Republikaner gefördert werden, zugleich immer angereichert mit russischen Ansichten. Das avisierte Ziel des Kremls: die öffentliche Meinung in den USA bis November so zu beeinflussen, dass 51 Prozent der Amerikaner finden, die Ukraine erhalte zu viel Unterstützung. Außerdem sollte eine Mehrheit in den USA zu der Ansicht gebracht werden, dass ein Frieden unbedingt erreicht werden solle, auch um den Preis ukrainischer Gebietsabtretungen an Russland. Zudem sollten die Zustimmungswerte von Joe Biden (Kandidat B) auf unter 29 Prozent gedrückt werden.

Insbesondere die Bevölkerung in den wichtigen, weil wahlentscheidenden "Swing States" sollte laut der russischen Agenda manipuliert werden, aber auch die hispanischen Bevölkerungsgruppen, amerikanische Juden und internetaffine Menschen, die als "Gamer" und auf verschiedenen Foren als "Rückgrat rechter Trends" angesehen werden. Aus dem Dokument geht außerdem hervor, dass Bevölkerungsgruppen in konservativ geprägten Bundesstaaten zusätzlich mit rechten Erzählungen angefüttert werden sollten, sozusagen als Verstärker.

Zu den Aktionen des Kremls gehörte neben der Zusammenarbeit mit Influencern auch das Installieren von sogenannten "Schläfer-Gruppen" im digitalen Raum, die über Monate hinweg "Nachrichten", insbesondere in den Swing States, unters Volk bringen sollten. Getarnt in einem Schläfermodus sollten diese Gruppen unauffällig auch normale Nachrichten verbreiten, um dann im richtigen Moment zuzuschlagen und die von Russland bevorzugten Sichtweisen zu streuen.

Beliebte Influencer als glaubwürdige Botschafter

Kern der Kreml-Kampagne aber soll ganz offensichtlich die Zusammenarbeit mit den beeinflussbaren Influencern sein. "Tenet Media", das Medien-Start-up, zu dem die rechten Kommentatoren Tim Pool, Benny Johnson, Lauren Southern und David Rubin gehören, preist sich auf seiner Webseite mit folgenden Worten selbst an: "Furchtlose Stimmen leben hier". In einem Imagefilm lässt "Tenet Media" seine Vertreter davon sprechen, wie sehr die "freie Meinung" in den USA in Gefahr sei. Darum brauche es "unabhängige Medien", welche die Mächtigen zur Rechenschaft ziehen sollen.

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Die rechten amerikanischen Influencer von "Tenet Media" sind kein Nischenphänomen, sie erreichen viele Millionen Menschen in den USA und überall auf der Welt. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump ist bei ihnen zu Gast und gab unter anderem Tim Pool und Benny Johnson in ihren Sendungen Interviews. Als Trump zuletzt im Mai dieses Jahres bei Tim Pool im Podcast sprach, sagte der Moderator: "Es ist irgendwie erschreckend, daran zu denken. Aber schauen Sie sich unsere Schwäche in Bezug auf die Ukraine an und das Geld, das wir verschwenden."

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Donald Trump und Elon Musk als Förderer

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Trump antwortete Tim Pool: "Richtig [...] Wenn man sich die Ukraine ansieht, dann geben wir all dieses Geld aus. Europa, das von diesem Krieg viel stärker betroffen ist als wir, gibt nur einen winzigen Bruchteil dessen aus, was wir ausgeben." Er werde als Präsident diesen Krieg beenden, so Trump zu Tim Pool. Putin habe ihn schon früher respektiert. Donald Trump gab mit Tim Pool einem Mann ein "Interview", der wenige Wochen zuvor im Februar 2024 noch öffentlich schrieb: "Ich hasse und verachte jetzt die Ukraine".

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Aber nicht nur Donald Trump verstärkt mit seiner Anwesenheit und seinen Aussagen die Bedeutung der mutmaßlich von Putins Medienapparat bezahlten Influencer. Zu den offensichtlichen Fans von "Tenet Media" gehört auch der Tesla-Chef und Besitzer der Plattform X, Elon Musk. Der reichste Mann der Welt teilte oder kommentierte Posts von "Tenet Media" oder dessen Influencern als positiv und steigerte damit zudem deren Reichweite.

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Die Schlacht um die Erzählung geht weiter

Im amerikanischen Fernsehsender Fox News sprach noch am Tag der Veröffentlichungen des Justizministeriums der Moderator Jesse Waters. Er äußerte die Befürchtung, dass die Biden-Regierung nun jegliche politischen Erzählungen der Republikaner als "russische Desinformation" brandmarken werde. Dazu präsentierte er Schlagworte aus den russischen Agenda-Papieren. "Rekordinflation", "nicht erschwingliche Lebensmittelpreise", "Gefahr von Arbeitsplatzverlust für weiße Amerikaner", "Straftaten durch Einwanderer und Menschen mit anderer Hautfarbe", "überbordende Ausgaben für Außenpolitik".

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Tatsächlich beruhte die russische Strategie darauf, die republikanischen Standpunkte insgesamt zu stärken, erstens, um Glaubwürdigkeit bei den zu manipulierenden Gruppen zu erzeugen, und zweitens, um das eigene Ziel, eine Wiederwahl Trumps, auf allen politischen Ebenen voranzutreiben.

Jesse Waters aber kommentierte bei Fox News: "Die amerikanische Regierung will, dass Sie glauben, dass Russland die Erzählungen von Republikanern benutzt, um die Wahlen zu beeinflussen." Der Moderator reihte sich damit ein zu jenen, die sofort mutmaßten, die Demokraten brächten das Thema nur auf, um die Republikaner und Donald Trump im Wahlkampf zu schwächen. Im Kreml dürfte diese Lesart auf viel Gegenliebe stoßen.

Vermeintliche Opfer des Kremls

In einem Interview äußerte sich der russische Präsident Wladimir Putin jetzt öffentlich zu den beiden amerikanischen Präsidentschaftskandidaten. "Wenn wir einen Lieblingskandidaten benennen können, dann war das früher Joe Biden, aber jetzt beteiligt er sich nicht mehr am Wahlkampf", sagte Putin. "Da Biden nun allen seinen Verbündeten empfohlen hat, Frau Harris zu unterstützen, werden wir das auch tun." Sofort griffen rechte und Pro-Trump-Kommentatoren Putins Äußerungen auf und verbreiteten sie als Beleg dafür, dass eben nicht Donald Trump, sondern Kamala Harris der Favorit des Kremls sei.

Im Vergleich zu früheren Strategien scheint Russland längst nicht mehr nur auf anonyme Bot-Netzwerke zu setzen. Putins Maschinerie beeinflusst und bezahlt jetzt echte Menschen in den USA, um die eigene Sicht unter das amerikanische Volk zu bringen. Nicht nur die Geldgeber von RT sitzen nun auf der Anklagebank, sondern auch jene, die das Geld annahmen. Die rechten Influencer Tim Pool, Benny Johnson und David Rubin beeilten sich mit öffentlichen Stellungnahmen. Der Tenor: Sie hätten nichts von der russischen Einflussnahme gewusst, sondern seien selbst Opfer des Kremls.

Liam Donovan und Lauren Chen – die Gründer von "Tenet Media" – halten sich in der Öffentlichkeit auffallend zurück. Eine Äußerung von Lauren Chen vom März 2022 erscheint allerdings aus heutiger Sicht besonders bemerkenswert. Schon kurz nach Putins Überfall auf die Ukraine beschwerte sich Chen auf der Plattform X über Kritik an ihrer Person. Sie schrieb darüber, dass man sie als Verräterin bezeichne, weil sie der Ukraine und Israel keine Treue geschworen habe, und dass man sie als unpatriotisch kritisiere, weil sie die amerikanische Außenpolitik nicht unterstütze.

Verwendete Quellen
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