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Joe Biden lässt Donald Trump alt aussehen: Die große Chance der Demokraten


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Rückzug von Präsidentschaftskandidatur
Biden lässt Trump alt aussehen

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 22.07.2024Lesedauer: 4 Min.
Er macht den Weg frei. Joe Biden hat seinen Rückzug bekannt gegeben.Vergrößern des Bildes
Er macht den Weg frei. Joe Biden hat seinen Rückzug bekannt gegeben. (Quelle: IMAGO/Samuel Corum - Pool via CNP)

Joe Biden zeigt späte Größe und verschafft den Demokraten eine Jahrhundert-Chance. Plötzlich ist der Wahlkampf wieder spannend. Und Donald Trump könnte Probleme bekommen.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Der alte Mann und das Meer. Vielleicht hat Joe Biden in seinem Strandhaus in Rehoboth Beach während seiner Corona-Quarantäne wirklich ein paar Mal auf den Ozean geblickt und nachgedacht.

So mächtig wie die Wellen dort unaufhörlich an die Küste branden, so mächtig und unaufhörlich müssen die zunehmenden Attacken von den eigenen Parteifreunden in den vergangenen Wochen nach der Fernsehdebatte an ihm genagt haben. Höflich und respektvoll im Ton – aber immer bestimmter fielen sie aus. Hinzu kamen die einbrechenden Umfragewerte und die sich abwendenden Spender.

Spät, aber offenbar nach reiflicher Überlegung, hat der US-Präsident jetzt eine schwere persönliche Entscheidung getroffen. Es zeugt von menschlicher Größe, auf die erneute Chance auf das mächtigste Amt der Welt zu verzichten – auch wenn die immer kleiner wurde. Schwer ist dieser Entschluss außerdem, weil er auch ein Risiko darstellt. Joe Biden war der bislang einzige Kandidat, der in der Lage war, Donald Trump zu schlagen. Egal, unter welchen besonderen Bedingungen auch immer das geschehen ist.

Trump ist jetzt der Alte

Ob es jemand anders schafft, muss sich nun zeigen. Fest steht am Sonntag derweil schon eines: Mit diesem Schritt lässt der 81-jährige Biden seinen 78-jährigen Gegner Donald Trump jetzt ziemlich alt aussehen. Plötzlich ist er der älteste Nominierte in der Geschichte der USA. Denn die Demokraten werden niemanden nominieren, der so alt ist wie die beiden bisherigen Kandidaten, im Gegenteil: Die Chancen stehen gut, dass Joe Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris jetzt seinen Platz einnehmen wird.

Die politische Unterstützung für sie hat der US-Präsident bereits in einer Stellungnahme beteuert und seine Partei dazu aufgerufen, es ihm gleichzutun. Trump, das war zuletzt bei seinen Auftritten in Milwaukee zu sehen, wirkt ziemlich müde. Als "Sleepy Don" war er dort immer wieder auf der Tribüne zu beobachten. Frischer als Biden ja, frischer als Harris nein.

Mit seinem Rückzug bietet Joe Biden den Demokraten eine Jahrhundert-Chance. Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika könnte mit Kamala Harris eine Frau zur Präsidentin gewählt werden. Als Tochter eines jamaikanisch-amerikanischen Vaters und einer indischstämmigen Mutter wäre sie außerdem auch die erste nicht-weiße Präsidentin. Als ehemalige Staatsanwältin beherrscht Harris die Kunst der politischen Attacke. Das hat sie schon oft bewiesen. Sie kann jetzt außerdem eine kluge Wahl treffen, und eine oder einen Vize aus einem der wichtigen Swing States aussuchen. Dann könnte das Rennen mit den Republikanern plötzlich wieder offen sein.

Das wird kein Selbstläufer

Zu früh dürfen sich die Demokraten aber nicht freuen. Schon jetzt ist abzusehen, auf welchem Niveau Donald Trump versuchen wird, Kamala Harris und jeden anderen möglichen Kandidaten in den Dreck zu ziehen. Kürzlich hetzte er gegen ihr Lachen. Schon daran würde man erkennen, dass sie verrückt sei, so Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. In Wahrheit hat man bei den Republikanern Angst. Sie müssen sich eine neue Strategie überlegen. Biden-Bashing funktioniert ab heute nicht mehr. Das kann ihnen gelingen, aber es wird ungleich schwerer.

Wenn sich die Demokraten jetzt einfach nur auf Bidens Rückzug verlassen, wird das nicht funktionieren. Zu schlecht waren und sind auch die Umfragewerte von Kamala Harris. Um sie nach vorne zu bringen, braucht es jetzt die Geschlossenheit der ganzen Partei. Und auch sie selbst muss jetzt plötzlich überzeugen und darf sich keine Fehler erlauben. Plötzlich Präsidentin? So schnell geht es nicht. Harris muss zuerst die eigene Partei überzeugen und dann den Rest des Landes, insbesondere die wichtigen Wechselwähler. Erste Demokraten fordern darum auch eine offene Wahl beim kommenden Parteitag. Was es außerdem mit möglichen "Blitz"-Vorwahlen auf sich haben könnte, lesen Sie hier.

Das Potenzial ist vorhanden

Aber: Der potenzielle Wechsel hin zu Kamala Harris bedeutet Aufbruch. Das Momentum für einen Wahlsieg könnte jetzt von den Republikanern zu den Demokraten übergehen. Denn eine übergroße Mehrheit der Amerikaner will weder Donald Trump noch Joe Biden als Präsidenten wieder im Weißen Haus sehen. Kamala Harris mag als Vizepräsidentin in den vergangenen drei Jahren eine schlechte Figur gemacht haben. In diesem Amt aber ist es auch unglaublich schwer und eigentlich nicht vorgesehen, aus dem Schatten des Präsidenten hervorzutreten. Noch liegen drei Monate vor den Demokraten, in denen sie eine Dynamik im ganzen Land erzeugen können.

Es mag sein, dass Joe Biden gar nichts anderes übrig blieb. Politisch war er zuletzt fast vollkommen isoliert. Trotzdem hat der US-Präsident jetzt seinem Amt, dem Land und auch dem Rest der Welt einen ehrenvollen Dienst erwiesen. Zu sehr wirkte der mächtigste Mann der Welt beschädigt. Bidens Entscheidung war darum überfällig. Wäre er geblieben, hätten die Attacken seiner Parteifreunde aufhören müssen. Mit zusammengebissenen Zähnen aber lässt sich kein Wahlkampf machen. Mit dem großen Lachen von Kamala Harris hingegen schon.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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