Treffen in Trump-Hotel Der Deutschland-Plan für Trump
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Beim Republikaner-Parteitag in Milwaukee versuchen sich auch deutsche Politiker, so nah wie möglich an Trump heranzupirschen. Es ist ein mühsames Geschäft, das auf intensive Gespräche baut – und auf das Prinzip Hoffnung.
Bastian Brauns berichtet aus Milwaukee
Das beste Hotel in der Stadt ist für Donald Trump gerade gut genug. Es ist unweit gelegen von dem gewaltigen Kongresszentrum in Milwaukee, wo der Ex-Präsident jeden Abend erscheint, um sich auf seiner Tribüne von Tausenden Anhängern beim Parteitag bejubeln zu lassen. Wenn er sich im historischen "Pfister Hotel" aufhält, schützt ihn ein eigener Sicherheitsring, durch den auch hier nur kommt, wer die richtigen, vom Secret Service akribisch geprüften, Ausweise bereithält.
Im "Pfister Hotel" hält sich aber nicht nur Donald Trump auf. Sondern auch jene, die ganz gezielt die Nähe zur Macht suchen. Zwar ist längst noch nicht klar, ob Trump die Präsidentschaftswahlen gewinnen wird. Doch schon Monate vorher versuchen Politiker, Wirtschaftsvertreter und Leute, die unter ihm etwas werden wollen, sich möglichst nah an den ehemaligen und vielleicht auch nächsten US-Präsidenten heranzupirschen.
Deutsche Versuche der Kontaktaufnahme
Im siebten Stock des "Pfister Hotel" ist es darum auch kein Zufall, dass Vertreter der wichtigen deutschen Münchner Sicherheitskonferenz zu einem kleinen Empfang geladen haben. Ihr langjähriger Organisator, der frühere deutsche Botschafter in Amerika, Wolfgang Ischinger, steht in einem Raum voller schwerer Kronleuchter und spricht in ein Mikrofon. In gutem Englisch, aber mit schwäbischem Akzent, sagt er: "Es ist nicht die Aufgabe von uns Deutschen, zu bestimmen, wen das amerikanische Volk zu seinem nächsten Präsidenten wählt."
Ischinger hat diesen Satz noch gar nicht beendet, da wird er schon vom Applaus der anwesenden Gäste unterbrochen. Donald Trump ist trotz der räumlichen Nähe zu seiner Suite nicht gekommen. Dafür aber Republikaner, die sehr nah an ihm dran sind. Der langjährige Senator Lindsey Graham etwa gehört zu einem kleinen Kreis um Donald Trump. Auch zu seinem Vize-Kandidaten J.D. Vance hat er einen engen Draht. Was Ischinger sagt, hören er und die vielen anderen Republikaner gerne.
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Auch Elbridge Colby ist gekommen. Ein Mann, der seit Jahren versucht, sich als möglicher Verteidigungsminister bei Donald Trump ins Spiel zu bringen. Er gehört zu jenen Kräften bei den Republikanern, die Amerikas militärischen Fokus am liebsten weitgehend von Europa abziehen würden, um sich einer chinesischen Bedrohung im Pazifik zu widmen. Seine Überzeugung: "China sollte unsere eindeutige Priorität sein". Colby hat den Deutschen darum schon oft die Leviten gelesen. "Die Europäer und vor allem die Deutschen haben die Verantwortung, die Last der Sicherheit in Europa zu tragen", ist einer der Sätze, die er schon oft gesagt hat.
Kritik an der deutschen Trump-Kritik
Die hier anwesenden Republikaner wissen, was ein Großteil der deutschen Bundesregierung von ihrem Spitzenkandidaten Donald Trump hält. Äußerungen, wie die des deutschen Kanzlers, werden hier wahrgenommen. "Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass auch der jetzige Präsident die Wahl gewinnen kann", sagte Olaf Scholz erst kürzlich. Dann verteidigte er Bidens Patzer beim Nato-Gipfel mit den Worten: "Versprecher passieren." Viele hier lesen das bereits als Einmischung in ihre Wahlen.
Ischingers Satz fällt darum nicht zufällig. Das Signal hier soll sein: Die Deutschen sind vollkommen unvoreingenommen und werden selbstverständlich auch die Wahl eines Präsidenten Donald Trump begrüßen. Darum haben sich in Milwaukee auch viele Politiker eingefunden, um sich mit Leuten aus Trumps Umfeld zu treffen. Darunter etwa die Bundestagsabgeordneten Jens Spahn (CDU), Alexander Dobrindt (CSU), Florian Hahn (CSU) und Metin Hakverdi (SPD). Sie alle versuchen, möglichst weit ins Trump-Universum vorzudringen. Das große Los wäre natürlich ein Treffen mit J. D. Vance oder gar mit Donald Trump – zumindest bei einem der vielen Events dabei zu sein, um wenigstens ein Wort zu verlieren.
CDU-Sicherheitsexperte wirbt für Zurückhaltung
"Gute Beziehungen mit den USA liegen eindeutig im Interesse Deutschlands", sagt Nico Lange. Viele Jahre hat der CDUler unter der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Bundesverteidigungsministerium gearbeitet und kennt die sicherheitspolitischen Realitäten. "Wir müssen mit jedem US-Präsidenten zusammenarbeiten. Wir wählen hier nicht mit", so Lange.
Er wirbt in Milwaukee bei Republikanern für die deutschen Positionen, etwa beim Ukraine-Krieg. Denn die Sorge in Deutschland ist groß, dass eine Trump-Regierung im Falle eines Wahlsiegs in dieser Hinsicht eine Kehrtwende hinlegt und die Unterstützung der Ukraine gegen Putins Angriffskrieg plötzlich einstellen könnte. Für das Land, aber auch für die Sicherheitsarchitektur Europas wäre das eine ziemliche Katastrophe.
Lange ist darum erleichtert, in Milwaukee mit dem qua Amt politisch derzeit mächtigsten Republikaner Mike Johnson gesprochen zu haben. Der Sprecher des Repräsentantenhauses habe "seine Meinung zur Ukraine verändert", so Lange. Johnson plädiere inzwischen dafür, dass alle Restriktionen für den Waffeneinsatz der Ukrainer fallen sollten. "Das zeigt, wie groß die Bandbreite bei den Republikanern ist und dass Veränderungen möglich sind", sagt Lange.
Aber was könnte helfen, einen guten Draht zu den Trump-Republikanern aufzubauen? "Mein Ansatz wäre, nicht alles zu kommentieren, was hier passiert und nicht alle Befürchtungen immer offen auszusprechen", so Lange. Die könne man haben, aber man müsse das nicht ständig überall sagen. "Man kann von jedem, der in der Politik Verantwortung trägt, erwarten, dass er in unserem deutschen Interesse handelt", sagt Lange.
Er teilt zwar die Sorgen um den wachsenden Populismus in Amerika, aber das ändere "nichts an unserem sicherheitspolitischen Interesse, mit den USA eng zusammenzuarbeiten". Man müsse trotz vieler bedenklicher Entwicklungen in der Republikanischen Partei mit jenen sprechen, die eine transatlantische Zusammenarbeit für wichtig halten. "Und davon gibt es in Milwaukee viele", betont er.
Trump ist auch für die Republikaner unberechenbar
Auch der Transatlantiker und SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi ist nach Milwaukee gekommen und kämpft um jeden Gesprächspartner, den er bekommen kann. Er trifft Politiker, Spender und Experten, die Trump beraten. Auch er will die Chancen nutzen, die diese realen Treffen mit den Republikanern bieten. "Wir müssen in Deutschland einfach verstehen, das hier ist das mächtigste Land der Welt", sagt Hakverdi. Seine Erfahrungen beim Republikaner-Parteitag: "Die Exekutivmacht könnte bald weitgehend in der Hand eines Menschen liegen, den auch hier mehr oder weniger alle als erratisch, unvorhersehbar, schwierig einzuschätzen ansehen."
Es ist das Trump-Problem, das alle Politiker in Deutschland noch gut aus dessen letzter Amtszeit kennen. Ein launischer Tweet am Morgen kann die Weltlage womöglich bald wieder vollkommen auf den Kopf stellen. Aber wie kann man sich darauf einstellen? "Wir können uns überhaupt nicht auf alles einstellen. Dann müssten wir morgen eine harte Wehrpflicht für alle einführen", sagt Hakverdi. "Was aber die beste Vorbereitung ist: Wir müssen unsere Hausaufgaben machen." Wenn man den Amerikanern mit Taten zeige, dass man die Zeitenwende ernst meine und auch umsetze, sei das die beste Werbung für die eigenen Interessen. "Das stärkt unsere Verhandlungsposition", so Hakverdi.
Ein Republikaner versucht zu beruhigen
Wie groß nicht nur die Sorge der Deutschen, sondern nahezu aller Europäer angesichts einer unvorhersehbaren Trump-Präsidentschaft ist, zeigt sich nicht nur im "Pfister Hotel", sondern überall auf dem Parteitagsgelände in Milwaukee. Im Pressezentrum stellt sich der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, den bangen Fragen einer polnischen Journalistin. Sie erkundigt sich bei ihm nach der bedenklichen Position von Trumps Vize-Kandidat J. D. Vance, der einst sagte, es sei ihm herzlich egal, was in der Ukraine geschehe.
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McCarthy, der noch immer über einen großen Einfluss innerhalb der Republikanischen Partei verfügt, versucht zu beruhigen. "Ich glaube nicht, dass sie Angst vor einem Präsidenten Trump haben sollten, auf der Basis von J. D. Vance", sagt McCarthy. Der Präsident sei noch immer Donald Trump und Entscheidungen und Diskussionen würden im Weißen Haus getroffen.
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Auf Nachfrage von t-online sagt McCarthy dann, dass Trump recht gehabt habe mit seiner Forderung, dass alle Verbündeten sich an die finanziellen Vereinbarungen halten müssten. "Der Eindruck, den andere Länder von Präsident Trump haben, ist interessant", sagt McCarthy und stellt dann die rhetorische Frage, ob er denn damit falsch gelegen habe, das Zwei-Prozent-Ziel zu fordern. "Vielleicht hätte ja bis heute gar niemand reagiert, wenn Trump das nicht in diesem Ton getan hätte."
Doch das Nato-Bündnis und die finanziellen Verpflichtungen nur aus der Perspektive eines Geschäftsmannes zu betrachten, ist schwer. Denn Trump könnte mit dieser Haltung im Grunde jeden Tag auf eine neue Idee und Forderung kommen, welche die Partner einlösen müssten, um vom Schutz der Amerikaner auf Grundlage des 5. Artikels des Nato-Vertrags zu profitieren. "Es können locker auch drei Prozent werden", sagt Metin Hakverdi im "Pfister Hotel". Diese Zahl brüllte ihm Elbridge Colby, der Mann, der Trumps Verteidigungsminister werden will, neulich sogar hinterher, nachdem sie sich getroffen hatten. "Drei Prozent! Drei Prozent!", rief er, sagt der Mann von der SPD.
- Eigene Recherchen, Beobachtungen und Gespräche vor Ort