Präsident angeblich wohlauf Aussagen der Trump-Ärzte sorgen für große Zweifel
Trumps Ärzte zeigen sich optimistisch: Sollte es dem Covid-Patienten weiter gut gehen, könnte er die Klinik bald verlassen. Doch zeichnen die Aussagen das ganze Bild? Mehrmals mussten die Ärzte schon zurückrudern.
Nach seiner Infektion mit dem Coronavirus könnte US-Präsident Trump nach Angaben seiner Ärzte womöglich schon bald aus dem Krankenhaus entlassen werden. Sollte es Trump weiterhin so gut gehen wie am Sonntag, "hoffen wir, dass wir für eine Entlassung ins Weiße Haus bereits morgen planen können", sagte der Arzt Brian Garibaldi vor dem Walter-Reed-Krankenhaus in Bethesda bei Washington. Die Behandlung könnte dann dort fortgesetzt werden.
Doch die Angaben von Trumps Behandlungsteam werden spätestens seit Samstag erheblich in Zweifel gezogen. Da hatte der Leibarzt des Präsidenten, Sean Conley, ein rosiges Bild vom Zustand des 74-Jährigen gezeichnet – und damit für erhebliche Verwirrung gesorgt. Denn nur wenige Minuten nach dem Ende des Briefings steckte eine anonyme Quelle den Reportern, dass die Werte des Präsidenten in den vergangenen 24 Stunden sehr besorgniserregend waren.
Trumps Stabschef Mark Meadows bestätigte am Samstagabend im Sender Fox News, dass die Coronavirus-Infektion bei Trump einen schwereren Verlauf genommen hatte als zunächst dargestellt. "Gestern waren wir wirklich besorgt. Er hatte Fieber, der Sauerstoffgehalt seines Bluts war rapide gefallen." Das Weiße Haus hatte am Freitag mitgeteilt, es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, dass Trump ins Krankenhaus komme.
Leibarzt: "Ich war besorgt"
Conley musste am Sonntag einräumen, dass die Sauerstoffwerte des Präsidenten im Verlauf der Erkrankung gefallen seien und ihm deshalb Sauerstoff zugeführt werden musste. Tags zuvor hatte sich der Leibarzt um Antworten auf entsprechende Nachfragen noch gewunden. Trump war am Freitagabend per Hubschrauber in das Militärkrankenhaus gebracht worden – keine 24 Stunden nach seinem positiven Corona-Test.
Neu ist, dass der Abfall der Sauerstoffwerte bei Trump mindestens zweimal beobachtet wurde. Bekannt war, dass dies am Freitag vor dem Abflug ins Krankenhaus der Fall war. Conley sagte am Sonntag, dass Trump am späten Freitagmorgen hohes Fieber gehabt habe und die Sauerstoffsättigung seines Bluts unter 94 Prozent gesunken sei. "Angesichts dieser beiden Entwicklungen war ich besorgt über ein mögliches rasches Fortschreiten der Krankheit." Trump sei über rund eine Stunde hinweg zusätzlicher Sauerstoff verabreicht worden.
Am Samstag, als das Ärzteteam vor Reportern noch von einer sehr zufriedenstellenden Entwicklung sprach, sei Trumps Sauerstoffsättigung dann erneut gefallen, auf rund 93 Prozent. Auf die Frage, ob dem Präsidenten wieder Sauerstoff gegeben worden sei, sagte Conley am Sonntag, das müsse er das Pflegepersonal fragen. Wenn Covid-19 die Lunge angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.
Zweifel an Fotos aus dem Krankenhaus
Weitere Zweifel an der Darstellung der Ärzte kamen am Wochenende nach der Veröffentlichung von Fotos aus der Klinik auf. Die Aufnahmen zeigen einen angeblichen betriebsamen Präsidenten über Unterlagen sitzen. Trump trägt dabei jeweils unterschiedliche Kleidung und hält sich in verschiedenen Räumen auf.
Am Sonntagnachmittag (Ortszeit) ging das Weiße Haus auf die Kritik an der Informationspolitik ein und versprach mehr Transparenz. "Das ist eine dynamische Lage, wie Sie wissen. Wir bemühen uns, so transparent wie möglich für die amerikanische Öffentlichkeit zu sein", sagte Sprecherin Alyssa Farah dem Sender Fox News.
"Nichts von größeren klinischen Bedenken"
Garibaldi sagte, wegen des vorübergehenden Sauerstoffabfalls werde Trump zusätzlich zu den anderen Medikamenten das Steroid Dexamethason verabreicht. Auf die Frage, ob sich die Infektion auf Trumps Lungen ausgewirkt habe, sagte Conley: "Es gibt einige erwartete Befunde, aber nichts von größeren klinischen Bedenken."
Der Arzt Sean Dooley sagte, Trump sei fieberfrei. Alle Werte seien stabil. Trump habe am Samstag ohne Komplikationen seine zweite Infusion mit dem Medikament Remdesivir erhalten – es hemmt ein Enzym der Viren, das für deren Vermehrung nötig ist. Conley hatte eine fünftägige Behandlung mit Remdesivir in Aussicht gestellt.
Trump: "Ich werde bald zurück sein."
Am Samstagabend hatte Conley erklärt, die Ärzte seien vorsichtig optimistisch. Trump sei aber noch nicht über den Berg. Trump verwies in einer am Samstagabend von ihm auf Twitter verbreiteten Videobotschaft aus dem Krankenhaus darauf, dass die nächsten Tage über den Krankheitsverlauf entscheiden würden. Dann komme "die wahre Prüfung" – "wir werden sehen, was passiert". Zugleich gab sich der Präsident zuversichtlich: "Ich denke, ich werde bald zurück sein."
Nach Trumps Infektion werden immer mehr Ansteckungen in seinem Umfeld bekannt. Auch Trumps Wahlkampfchef Bill Stepien wurde positiv auf das Virus getestet, wie das Wahlkampfteam bestätigte. Einen Monat vor der Präsidentschaftswahl am 3. November wurden persönliche Auftritte des Republikaners bis auf Weiteres abgesagt. Trumps Herausforderer, der Demokrat Joe Biden (77), setzt seinen Wahlkampf fort.
In den Fokus gerückt ist eine Veranstaltung des Präsidenten, bei der viele der nun Infizierten waren: Die Vorstellung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für den freien Posten am Supreme Court am Samstag vor gut einer Woche im Rosengarten des Weißen Hauses. Dort versammelten sich auf engem Raum mehr als 100 Menschen. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, dass wenige Masken trugen oder Abstand hielten. Teilnehmer umarmten sich oder schüttelten sich die Hände.
Bei mindestens acht Teilnehmern fielen seitdem Corona-Tests positiv aus: Neben dem Präsidenten und First Lady Melania Trump sind das die frühere Trump-Beraterin Kellyanne Conway, die Senatoren Mike Lee und Thom Tillis, der Präsident der katholischen Universität Notre Dame, John Jenkins, der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, sowie ein Reporter. Die Nachbesetzung des Richterpostens durch Barrett soll trotzdem planmäßig laufen.
Familie und Pence führen Wahlkampf fort
Solange Trump als Wahlkämpfer ausfällt, sollen seine Kinder und Vizepräsident Mike Pence für ihn einspringen. Trumps Wahlkampfteam rief dafür am Wochenende die "Operation MAGA" aus – in Anlehnung an das Motto "Make America Great Again", mit dem es Trump vor vier Jahren ins Weiße Haus geschafft hatte. Er war zuletzt mehrmals pro Woche zu Events in verschiedenen Städten geflogen.
Pence soll nun am 8. Oktober einen ersten Wahlkampfauftritt für Trump in Peoria im Bundesstaat Arizona absolvieren. Für den Tag davor ist seine TV-Debatte mit der demokratischen Vize-Kandidatin Kamala Harris in Salt Lake City angesetzt. Neben Pence sollen auch Trumps Kinder Donald Trump Jr. und Eric Trump zu Wahlkampf-Events reisen.
- Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherchen