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Donald Trump und das Coronavirus: eine womöglich fatale Beziehung


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Donald Trump und das Coronavirus
Gefährlich uninformiert

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 13.03.2020Lesedauer: 5 Min.
Donald Trump im Weißen Haus: Selbstlob, Fehler, Ungenauigkeiten.Vergrößern des Bildes
Donald Trump im Weißen Haus: Selbstlob, Fehler, Ungenauigkeiten. (Quelle: Tom Brenner/reuters)

Donald Trump tappt planlos durch die größte Krise seiner Amtszeit. Das hat Folgen für die Bekämpfung des Coronavirus, für die Welt – und vielleicht auch für seine politische Zukunft.

Donald Trump und das Coronavirus – das ist eine ganz schwierige und womöglich fatale Beziehung. Wochenlang hat Trump die Krise kleingeredet, seinen Experten widersprochen, Fallzahlen nur danach beurteilt, wie sie ihn selbst dastehen lassen würden. Er schob Barack Obama die Schuld in die Schuhe, log darüber, wie viel im Lande auf die Krankheit getestet wird, und so weiter.

Das Verhalten sorgt für viele Schlagzeilen, fällt allerdings nicht aus dem gewohnten Rahmen.

Trump ist einfach Trump, doch um ihn herum eskaliert es. Eine Krise solchen Ausmaßes hatte er noch nicht zu meistern. Während Trumps Nebelkerzen oft eher abstrakt eine Gefahr für die US-Demokratie darstellen, ist sie nun ganz konkret. Eine Sache von – ich zögere es so martialisch zu schreiben, doch es stimmt ja: Leben und Tod.

Die USA überholen Deutschland gerade, was die Verwerfungen des öffentlichen Lebens angeht, auch und weil hier so wenige Menschen getestet wurden, dass das Ausmaß der Krise völlig unbekannt ist.

Ich will Ihnen zwei Momente aus dieser außergewöhnlichen Woche schildern, in der sich die Ereignisse überschlugen.

Im Video: So nah kam Trump dem Coronavirus

Montagnachmittag, Weißes Haus: Trump landet mit dem Hubschrauber. Er war das Wochenende über in Florida, hat dort Spendenveranstaltungen abgehalten, eine Geburtstagsparty für die Freundin von Sohnemann Donald Jr. geschmissen, mit Gästen aus Brasilien für Selfies posiert, Anhängern die Hände geschüttelt. Business as usual, als sei nichts passiert. Mindestens drei Personen, mit denen Trump in Kontakt war, begaben sich als Verdachtsfälle in Quarantäne, einer wurde positiv auf Covid-19 getestet.

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Trump geht auf dem Südrasen des Weißen Haus kommentarlos an uns Journalisten vorbei, fuchtelt aber mit den Armen, zeigt auf den West Wing. Er will wohl sagen, er spreche später mit uns.

So kommt es auch. Im engen James S. Brady Press Briefing Room, den der Präsident sonst meidet, tritt Trump um 18.34 Uhr auf, als die Mitglieder der Corona-Taskforce schon brav ein paar Minuten auf der kleinen Bühne warten. Er spricht nur knapp drei Minuten.

Er spricht vage von Maßnahmen, die die Wirtschaft beruhigen sollen. Sagt: Mit der Krise "sind wir sehr, sehr gut umgegangen". Haben einen "großartigen Job" gemacht. Verspricht, morgen werde er zurückkommen, um seine "gewichtigen" Wirtschaftspläne vorzustellen. Dann geht er und lässt die Fachleute zurück.

Es sind solche Szenen, die Trumps Schwäche freilegen: Er hat nichts beizutragen. Ist uninformiert, wirft Nebelkerzen – selbst zur versprochenen Vorstellung der Pläne wird es in den Folgetagen nicht kommen. Donald Trump ist zur Krise nicht sprechfähig.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Das ist selbst so, wenn der Präsident abliest. Mittwochabend im Oval Office: Seine Rede an die Nation hält er mithilfe des Teleprompters und kommt doch durcheinander.

Sein Plan ist dieser: Mit einem Einreisestopp für Europa einen Schuldigen finden und sich Zeit erkaufen. Darüber, dass in den USA immer noch Tests Mangelware sind, darüber, dass sich das Leben der Amerikaner grundlegend ändern wird, verliert er keine Silbe.

Er stiftet maximale Verwirrung, unter anderem, weil er fälschlicherweise behauptet, auch der Handel mit Europa werde eingestellt. Weil er nicht erwähnt, dass US-Bürger vom Reisestopp ausgenommen sind. Das Weiße Haus muss umgehend den Chef korrigieren.

Ich schaue die Rede wie Millionen Amerikaner abends live im Fernsehen. Kaum ein Moment im Weißen Haus ist eigentlich so sorgsam choreografiert wie eine seltene Rede an die Nation, doch im Chaotenstadl Trumps misslingt auch dieser Auftritt. Es ist eine Rede voller Selbstlob, Ungenauigkeiten und Fehler – und so gut wie ohne Mitgefühl.

Der Präsident stiftet Verwirrung, sät Zweifel, schafft Unsicherheit. Bei der Bekämpfung einer globalen Pandemie schwächt das die Abwehrkräfte.

Die sind in den USA ohnehin nicht die stärksten. Das Gesundheitssystem ist in so vielerlei Hinsicht kaputt, dass auch nur ein kurzer Umriss davon hier den Rahmen sprengen würde: Es gibt etwa 27 Millionen an Unversicherten, es fehlt eine flächendeckende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, weshalb sich gerade in Dienstleistungsjobs viele Amerikaner auch krank zur Arbeit schleppen. Ich fürchte, den meisten ist noch nicht einmal klar, wie schlimm es zu werden droht. Als ich gestern mit meinem Hausarzt telefonierte, sagte er mir: "Trotz der Äußerungen des Präsidenten sind kaum Tests verfügbar."

Für einen professionellen Trump-Beobachter ist es ehrlich gesagt ein interessanter Moment: Trump hat im Virus einen Gegner wie noch nie zuvor. Einen, den er nicht per Tweet attackieren kann. Anfangs tat er so, als ob die Warnungen nur ein "hoax" (Schwindel) seiner Gegner seien, um ihn zu beschädigen – klar, in Trumps Welt dreht sich stets alles um Trump. Doch das Coronavirus lässt sich mit Trumps üblichen Dreiklang Ablenken, Angreifen, Eskalieren nicht wegwischen.

Auch Trumps üblicherweise schärfste Waffen versagen jetzt. Er zieht sonst Energie daraus, sich auf seinen großen Wahlkampfveranstaltungen feiern zu lassen, und er bindet Aufmerksamkeit, indem er mit der nächsten Ungeheuerlichkeit stets den Nachrichtenzyklus dominiert. Doch die Wahlkampfrallys sind abgesagt, und von einer Coronavirus-Pandemie lässt sich der Nachrichtenzyklus nicht ablenken. Wir erleben einen ganz heiklen Moment für den Präsidenten.

Und wir erleben sein Versagen: Nach der stümperhaft vorgetragenen Rede an die Nation und dem verkündeten Einreisestopp aus Europa am Mittwochabend setzte keine Beruhigung ein, im Gegenteil. Bürger und Wirtschaft sind verunsichert: Die Börsen erleben den schwärzesten Tag seit dem Crash 1987 – fatal für einen Präsidenten, der seinen Erfolg vor allem an den Börsenkursen festmacht und der die Konjunktur zum Wahlkampfthema Nummer eins machen wollte.

In den 24 Stunden seit der Rede passiert – unter anderem – dies: Basketball-, Eishockey- und Fußballliga stellen den Spielbetrieb ein. Der Start der Baseballsaison wird verschoben. Disney World und Universal Studios machen den März über dicht, der Broadway bis zum 12. April. In allen Ecken des Landes schließen Schulen, Universitäten, Museen.

Und dann passierte noch etwas, das nur auf den ersten Blick völlig normal wirkte. Am Donnerstagmittag trat Joe Biden in seiner Heimatstadt Wilmington, Delaware, vor die Kameras und präsentierte seinen Plan zur Bekämpfung der Coronavirus-Krise. Auch Biden las vom Teleprompter ab: Er hatte ein paar Vorschläge, wie man die Krankenversorgung verbessern könnte, stellte die Nation auf die Folgen ein und warnte: Jeder werde von dieser Krise betroffen. Er zeigte Mitgefühl und versprach, als Präsident würde er auf die Experten hören.

Biden hielt eine völlig konventionelle Rede. Sie war konkret, verharmloste nicht und man verstand klar, was er sagte, ohne dass danach hektische Klarstellungen von Nöten waren. Was für ein atemberaubender Kontrast zum Präsidenten!

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