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Brexit: Wie vier britische Star-Autoren gegen das Desaster kämpfen


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Literatur und Politik
Wie vier britische Star-Autoren gegen das Brexit-Desaster kämpfen

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 25.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Brexit-Drama: Britische Bestseller-Autoren um Thriller-Ikone Ken Follett touren durch Europa und bekennen sich zu ihrer Freundschaft mit dem Kontinent.Vergrößern des Bildes
Brexit-Drama: Britische Bestseller-Autoren um Thriller-Ikone Ken Follett touren durch Europa und bekennen sich zu ihrer Freundschaft mit dem Kontinent. (Quelle: getty-images-bilder)
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Vier britische Schriftsteller touren durch die Hauptstädte. Sie würden am liebsten ihr Land in der EU halten. Bestsellerautor Ken Follett brachte sie zusammen und beschwor die Freundschaft zu Europa.

In ein paar Tagen wählt Großbritannien ein neues Parlament und so, wie es aussieht, bekommen die Konservativen eine Mehrheit. Damit kriegt Boris Johnson seinen Willen, das Land am 31. Januar 2020 von der Europäischen Union loszureißen. Eine echte Alternative gibt es nicht, die Labour Party ist mehr als ambivalent gegenüber Europa. Ziemlich trostlos.

Was tun? Das fragten sich auch vier britische Autorinnen und Autoren und beschlossen, gemeinsam durch vier europäische Hauptstädte zu ziehen, um zu sagen: Doch, doch, unter uns sind überzeugte Europäer, hier sind wir, wir sind traurig über das, was kommt, aber wir wollen, dass ihr wisst, es muss nicht so bleiben, vielleicht fragen wir euch bald schon, ob ihr uns zurücknehmen wollt, und dann wünschen wir uns, dass ihr sagt, ja, willkommen, gern, euch wieder dabei zu haben.

Kein Hass, kein Zorn, kein Eifern

Am Samstag machte die Viererbande Station in Berlin. Da saßen sie auf einem Sofa im Haus des Rundfunks vor tausend Zuhörern und lieferten zwei Stunden lang das Beste, was Großbritannien zu bieten hat: Humor, Ironie, Pragmatismus, Nachdenklichkeit. Kein Hass, kein Zorn, kein Eifern. Der rbb veranstaltete den Abend und übertrug ihn auf Radioeins.

Auf die Idee zu dieser "Friendship Tour" war Ken Follett gekommen, der Älteste der Vier und Großmeister des spannenden und meistens langen Thrillers. Rechts von ihm saß Jojo Moyes, deren neues Buch, kaum auf dem Markt, sofort die Bestsellerlisten stürmte; sie ist die Jüngste. Links von Follett saß Kate Mosse, die historische Bücher schreibt, das neueste hat sie gerade abgegeben. Rechts außen saß Lee Child, der harte Krimis mit vielen Toten schreibt, wie er selbst sagt.


400 Millionen Bücher haben sie zusammen verkauft. Sie schreiben und daran soll sich auch nichts ändern. Aber der Brexit lässt ihnen keine Ruhe. Großbritannien ist über Europa bitter gespalten. Kein Wunder, dass es Schriftsteller wie diese vier umtreibt. Es ist ihr Land, in dem sie aufgewachsen sind und leben und arbeiten. Es geht sie an, als Zeitgenossen mit der Autorität erfolgreicher Schriftsteller.

Die Vier werden auf der ganzen Welt gelesen. Ihre Bücher kennen keine Grenzen, sie überspringen sie lässig. Schriftsteller bilden das natürliche Gegengewicht gegen das Einkrümmen, den Rückzug aus der Welt, gegen den Nationalismus, der das Heil in Little England und einer untergegangenen Welt sucht.

Ken Follett spielte den Zeremonienmeister, der den anderen Fragen stellt, zum Beispiel nach Sex in ihren Büchern. Kate Mosse erzählte von ihrer ersten Lesung aus ihrem ersten Buch in ihrer Kleinstadt, bei dem ihre Eltern, ihre Geschwister, der Pfarrer und einige Lehrer aus ihrer Schule saßen. Unvorsichtigerweise las sie das Anfangskapitel, in dem zwei Menschen Sex haben, worauf sie am liebsten im Boden versunken wäre, weil ihr durch den Kopf schoss: Was denken die jetzt von mir?

Alle vier waren erst spät erfolgreich

Jojo Moyes erzählte, sie sei vorsichtig mit Sexszenen gewesen, weil sie sich ausmalte, was die anderen Mütter auf dem Spielplatz denken würden, auf den sie mit ihren Kindern ging: Aha, so also geht es bei euch zu, interessant.

So entspannt, so distanziert lässt sich über Welterfolge sprechen.

Interessanterweise fingen alle vier als Journalisten an. Lee Child, studierter Jurist und zwanzig Jahre lang im Fernsehgeschäft, sagte selbstironisch, er sei erst Schriftsteller geworden, als er seinen Job verloren hatte. Ken Follett schrieb acht Bücher, die kaum Leser fanden. Entgeistert habe er gesehen, wie der hohe Stapel mit Frederick-Forsythe-Exemplaren in den Buchläden systematisch schrumpfte, während seine beiden Exemplare in der hintersten Ecke verstaubt seien.

Erst ihr achter Roman sei ein Bestseller geworden, sagte Jojo Moyes, und Kate Mosse erzählte, sie habe überhaupt erst mit über 40 mit dem Schreiben angefangen. All das ist 400 Millionen Bücher her.

Der Brexit muss sein, damit der Hass nachlässt

Wie geht es weiter in Großbritannien? Alle vier Autoren sind überzeugt davon, dass es jetzt zum Brexit kommen muss, damit der Hass und die Wut nachlassen können. Am schlimmsten wäre eine endlose Verlängerung des Austritts, der das Land innerlich aushöhlt und zerstört. Immerhin glauben sie, dass Boris Johnson nicht lange Premierminister bleiben wird, was seinem unsteten Charakter entspräche, aber auch Wunschdenken sein könnte. Johnsons Tories liegen in den Umfragen weit vorn.


Und natürlich hoffen Follett, Child, Mosse und Moyes darauf, dass spätestens die nächste Generation der Briten sagen wird: Wir wollen zurück zu euch, wir sind Europäer, das wissen wir jetzt besser als zuvor, wir machen liebend gern wieder mit, wenn wir dürfen.

Das wollen wir mit ihnen hoffen, mit diesen wunderbaren Schriftstellern, die so wunderbare Bücher schreiben.

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