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Donald Trump und Russland: Angriff ist die beste Verteidigung


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Post aus Washington
Angriff ist Trumps beste Verteidigung

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

29.03.2019Lesedauer: 5 Min.
Donald Trump bei einem Auftritt in Michigan: Nach der Mueller-Untersuchung kommt es nun zum Gegenschlag.Vergrößern des Bildes
Donald Trump bei einem Auftritt in Michigan: Nach der Mueller-Untersuchung kommt es nun zum Gegenschlag. (Quelle: Joshua Roberts/reuters)

Ist Donald Trump jetzt aus dem Schneider oder nicht? Die Demokraten stürzen sich auf Ungereimtheiten

Die politischen Verhältnisse in Washington wurden in dieser Woche ziemlich durchgerüttelt und Donald Trump ist in der Russland-Affäre jetzt … ja, was denn eigentlich: vollständig entlastet? Fälschlicherweise von seinem Justizminister reingewaschen? Schon auf bestem Kurs zur Wiederwahl 2020?

Es kursieren viele Interpretationen. Sowohl aus meiner Redaktion als auch von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, haben mich diese Woche viele Fragen erreicht, oft auch Unverständnis nach dem Motto: Aber es ist doch schon so viel bekannt zu Trump und Russland! Oder auch: Jetzt fallen alle auf die Interpretation von Trumps Justizminister rein!

Wenn Sie das in der Heimat schon so aufrüttelt, können Sie ahnen, was hier in Washington diese Woche los war.

Die zwei wichtigsten Punkte zum Ende der Russland-Untersuchung:

1. Es gibt sehr viel, was wir noch nicht wissen. 300 Seiten lang soll der Mueller-Report sein, wir kennen die vierseitige Zusammenfassung eines Manns, den Trump gerade erst zum Justizminister berufen hat. William Barr wurde ernannt, nachdem er öffentlich kundgetan hatte, ein Präsident könne gar nicht die Justiz behindern – nun sprach er Trump genau von diesem Vorwurf frei, nachdem Mueller hierbei gekniffen hatte. Aus Polit-PR-Sicht ist Barrs Brief ein genialer Zug, weil er die Debatte prägen konnte.

2. Das Wichtigste, was wir wissen: Trump ist in einer Hinsicht tatsächlich entlastet: Davon, dass er sich mit der russischen Regierung verschworen haben soll, um die Wahl zu gewinnen. Barr zitiert Mueller hier mit dessen Fazit, das er nicht um 180 Grad gedreht haben wird. Auch wenn Trump das Ausmaß an Entlastung übertreibt, ist dieser Punkt wirklich bedeutend.

Es ist Trumps Triumph, ein politischer Befreiungsschlag, weil das die dunkelste Wolke war, die von Tag eins an über seiner Präsidentschaft schwebte und der politisch heikelste Vorwurf. Impeachment, also ein Amtsenthebungsverfahren, ist sehr viel unwahrscheinlicher geworden. Gerade wenn Sie zur großen Mehrheit in Deutschland gehören, die Trump nicht ertragen kann, sollten Sie diese politische Dynamik nicht unterschätzen!

Die Woche nach dem Mueller-Beben, in Szenen, die ich eingefangen habe:

Montagmorgen, Weißes Haus: In der Einfahrt zum West Wing schmücken Trumps Sprecherinnen den Sieg aus. Beraterin Kellyanne Conway spricht vor einem Dutzend Reportern, als Sarah Sanders zu einer Schalte zu Fox News läuft. Sie umarmen sich kurz, Conway scherzt. "We're colluding." Das ist Trumps greifbarer Triumph: Dass sein Mantra "no collusion" (also "Es gab keine Verschwörung mit den Russen") nun amtlich besiegelt ist – und Grundlage für Scherzchen. Die Erleichterung, fast schon Überdrehtheit, im Weißen Haus ist mit Händen zu greifen.

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In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA. Gefällt Ihnen die Kolumne? Sie können sie hier als kostenlosen Newsletter abonnieren, der noch weitere Beobachtungen und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Montagabend, "The Late Show" with Stephen Colbert: Wie reagiert jene Öffentlichkeit, für die der Trump-Russland-Mueller-Komplex tägliches Futter war? Colbert, der Trump wie kein anderer Abend für Abend vorführt, hat so viel loszuwerden, dass er nach der ersten Werbeunterbrechung seinen Eröffnungsmonolog noch minutenlang fortsetzt. Typischer Witz: "Wenn Trump nicht mit den Russen zusammenarbeit, was zur Hölle ist dann mit ihm los?"

Dann holt Colbert eine Tafel mit mehr als dreißig "Gründen, warum Trump ein schlechter Präsident ist" auf die Bühne. Er liest vor: Sperrt Kinder in Käfige, gab seinem Schwiegersohn eine Sicherheitsfreigabe, ... Nur die "Verschwörung mit Russland" streicht er. Bleibt ja noch genug anderes übrig, ist das Mantra an Tag eins.

Dienstagabend, Universität Georgetown: Es ist Prüfungszeit, nur rund 40 Studenten sind gekommen, um den Mann zu sehen, der wie niemand anderes so viel investiert, um Trump aus dem Amt zu jagen.

Tom Steyer schaltet Werbung, die nur ein Thema hat: Trump müsse aus dem Amt entfernt werden. "Need to impeach" heißt seine Kampagne. Mehr als sieben Millionen Amerikaner haben schon seine Petition unterschrieben, sagt er. Allein in diesem Jahr wollte Steyer dafür 40 Millionen Dollar ausgeben. War jetzt alles umsonst?

Nein, Steyer bleibt hart. Bei der Frage, bei der Mueller rumgeeiert hat, ist der Milliardär klar. "Wir wissen seit der Comey-Entlassung, dass Trump die Justiz behindert hat." Und korrupt sei er, weil er seine Firmen nicht abgegeben habe und etwa über die Hotels Geld ausländischer Regierungen annehme.

Dagegen helfe keine strafrechtliche Untersuchung Muellers, sondern eine politische. "Wenn man einen korrupten Präsidenten hat, gibt es nur ein Mittel, um ihn loszuwerden, das Impeachment."

Steyer ist ein überraschend nahbarer Typ, mit dem man gern ein Bier trinken würde, aber nachdem wir ein paar Minuten gesprochen haben, reißen ihn seine Assistenten los, er muss zum Flughafen. Ich frage ihn noch, warum er die Demokraten nicht von seinem Weg überzeugen kann. "Sie glauben, sie müssen gemäßigt auftreten, um zu gewinnen. Ich glaube, wir müssen die Wahrheit über diesen schlimmen Präsidenten sagen, nur so gewinnen wir."

Mittwochabend, an der Fernsehfront: Jetzt wird klar, wie die Mueller-News die Einschaltquoten der parteiischen Nachrichtensender durcheinanderwirbeln. Die Quoten des linken MSNBC rauschen ab, die von Fox News steigen. Es ist ein Muster, das ich schon öfter beobachtet habe: Die Anhänger schalten ein, wenn es aussieht, als ob die eigene Seite gewinne. Sie bleiben weg, wenn es schlecht läuft. CNN versucht, es mit einem von der Gewinnerseite zu drehen. Eine gute halbe Stunde darf Trumps Ex-Chefstratege Steve Bannon fabulieren, was nun folgt: Trump werde sich jetzt wie ein totales Tier aufführen, unkt Bannon. Er meint es, fürchte ich, positiv.

Donnerstagfrüh, Repräsentantenhaus: Ich sitze in einer seltenen öffentlichen Anhörung des Geheimdienstausschusses. Es ist kurz nach Neun, als Trumps neuester Lieblingsfeind die Sitzung eröffnet: In der Reihe jener, gegen die Trump Vergeltung üben will, steht Adam Schiff, der Ausschussvorsitzende, ganz vorn. Er hat den Russland-Komplex lange befeuert.

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Trump hat Schiff morgens um Viertel vor sieben zum Abschuss freigegeben.

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Zweieinhalb Stunden nach dem präsidialen Tweet fordern die Republikaner in der Sitzung Schiff zum Rücktritt auf. Er würde sein Komitee als Tribunal gegen den Präsidenten missbrauchen. Die Attacke überrascht Schiff nicht. Er kontert, in dem er noch einmal eine Art Anklage gegen Trump aufsagt. Unmoralisch, unethisch, unpatriotisch, korrupt und ja, ein Beleg für Collusion. Trumps Gegner bleiben, nach einem ersten Schock, hart.

Donnerstagabend, Trump-Rally: Trumps erster Wahlkampfauftritt seit der Mueller-Bombe findet in Grand Rapids, Michigan, statt – dem Ort, an dem der damalige Außenseiter am 7. November 2016 seine allerletzte Wahlkampfrede hielt. Der Präsident verbringt die Auftaktviertelstunde mit Mueller und Co. "Die verrückten Versuche der Demokraten, der Fake-News-Medien da hinten (zeigt auf den Pressebereich) und des "deep state" (einer Verschwörung des Apparats gegen ihn), das Wahlergebnis 2016 über den Haufen zu treten, sind gescheitert." Das Publikum antwortet mit "Trump, Trump, Trump"-Rufen.


Trump attackiert Schiff und, noch härter als sonst, die Medien. Er nennt sie "crooked" (betrügerisch), sagt, sie müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Das Publikum versteht den Wink, es brechen neue Schlachtrufe aus: "Lock them up" – sperrt sie ein. Bislang war das für "Crooked Hillary Clinton" reserviert.

Rosige Aussichten für den jetzt folgenden anderthalbjährigen Wahlkampf.

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