Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Sommerpause im politischen Berlin Deutschland sehnt sich nach Ruhe
Chaos in der Regierung, Pleite bei der WM: Deutschland hat sich selten so nach Ruhe im Sommerloch gesehnt. Aber was tun mit all der freien Zeit? Hier ein paar Vorschläge für unsere Regierenden.
In diesen Tagen sind die Städte angenehm leer. Der Alltagskrieg zwischen militanten Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern fällt für eine Weile aus. Ich lebe in Berlin und bin es gewohnt, höllisch aufzupassen, wenn ich mit dem Rad nach Kreuzberg oder Mitte fahre. Momentan aber ist es fast eine Freude, vor sich hin zu düsen.
Die Städte erleben eine Entleerung von den Einheimischen und eine Auffüllung mit Touristen. Touristen sind gut gelaunt und staunen über alles Mögliche. Sie besteigen Ausflugsschiffe oder nehmen die U-Bahn, bevölkern Bistros und Restaurants und bringen so Geld in die Stadt. Der Austausch kommt allen dreien zugute: den Einheimischen, die ihre Wohnungen über airbnb vermieten; den Touristen, die bei schönstem Wetter über die Museumsinsel flanieren; und auch der Stimmung in der Stadt, die beschwingt und fröhlich ist, eben weniger berlinerisch.
Deutschland ist schön
Nebenbei fällt unweigerlich auf, was wir fast vergessen hätten: Deutschland ist schön. Deutschland geht es gut. Seine Einwohner fahren massenhaft in den Urlaub, sei es im Wohnwagen an die Ostsee, zum Wandern nach Österreich, zum Ausspannen an die Riviera oder nach Mallorca, auf Abenteuer nach Kanada oder sonst wo hin. Und dann können sie Vergleiche anstellen, was ihnen dort besser gefällt und was sie an ihrem Land oder ihrer Stadt schätzen. Meistens fällt der Vergleich günstig für uns aus, ist doch so.
Wir haben das Gute fast vergessen, weil wir unter anderem von Leuten regiert werden, die das Land schlecht geredet haben. Diese Leute sind Horst Seehofer und Markus Söder und Alexander Dobrindt. Sie haben die Aufgabe des Schlechtredens anderen Leuten wie Alice Weidel oder Björn Höcke abgenommen, von denen deshalb in letzter Zeit auch wenig zu hören gewesen ist. Die AfD schaute lasziv zu, was der CSU an Markigem einfiel und erquickte sich daran.
Anders die bayerischen Wähler. Sie sind keineswegs von ihren Schlechtrednern begeistert, und das verbindet sie mit uns. Die Umfragen für die Landtagswahl am 14. Oktober fallen verheerend aus. Markus Söder hat die Jagd denn auch abgeblasen und will fortan seine Zunge hüten.
Ideen der Urlaubsgestaltung
Was die Urlaubsgestaltung angeht, würde ich unseren Regierenden gerne ein paar Vorschläge unterbreiten. Der Söder sollte mit einem Kreuz auf dem Rücken zur Wallfahrt an die Gnadenkapelle in Altötting aufbrechen. Das scheint mir die gerechte Buße für einen fränkischen Evangelischen zu sein, der so tut, als sei er ein Erzkatholik aus Oberbayern, indem er überall Kreuze aufstellen lässt, sogar zum Unverständnis des Münchner Erzbischofs.
Der Seehofer sollte im Keller seines Hauses zwei Wochen lang mit seiner Rieseneisenbahn spielen, damit er zu sich kommt und nicht mehr neben sich steht. Für ältere Herren mit Orientierungsschwierigkeiten soll das ein idealer Weg zur Reintegration sein, hat mir ein erfahrener Pfarrer erzählt, der in der Altenpflege arbeitet.
Angela Merkel wandert wie jedes Jahr. Die Tagestouren sollte sie zugunsten einer Schlafkur einschränken und sich dabei Albträume verbieten, in denen Kobolde wie der Söder oder der Seehofer herum springen. Und dann sollte sie mit ihrem Mann besprechen, wie sie wann aussteigt, ich meine natürlich: als Kanzlerin. Einen Abschied in Ehren hat sie verdient. Ob sie ihn bekommt, liegt in erster Linie an ihr.
Vermutlich hegt sie den Wunsch, über den/die Nachfolger/Nachfolgerin zu bestimmen. Will sie das wirklich, muss sie bald zurücktreten. Dann hat sie ein Vorschlagsrecht. Will sie aber bis zur nächsten Wahl Kanzlerin bleiben, bleibt ihr so gut wie keine Mitsprache.
Löw regiert zwar nicht, trägt aber zum Sommeralbtraum bei
Joachim Löw regiert uns zwar nicht, hat aber zum Sommeralbtraum beigetragen, sowohl durch seine Borniertheit bei der Mannschaftsaufstellung – bloß keine Experimente! – als auch durch sein Schweigen seither. Ich mag keine Trainer, die nur ein System beherrschen und die dann am Spielfeldrand weinen, wenn sich "die Männer" als untauglich dafür erweisen. Hinterher faseln diese Trainer dann von Verantwortung, ohne sie zu übernehmen. Organisierte Verantwortungslosigkeit verbindet Löw mit Berlin und München. Die "taz" fand dafür eine wunderbare Schlagzeilen. Unter einem Foto mit Seehofer, Merkel und Löw stand: Bleiberecht für alle!
- Was aus Europa werden kann: Lichtblicke im Sommer der Verantwortungslosigkeit
Löw sollte seinen Urlaub bei Paris St. Germain verbringen und Thomas Tuchel beim Training zuschauen. Da kann er was lernen, wenn er was lernen kann. Tuchel ist für mich der beste Trainer der Welt neben Pep Guardiola, kein einfacher Mensch, aber ohne Ende einfallsreich. Und dann sollte ihm Tuchel auch noch eine unweinerliche Haltung während des Spiels beibringen. Das wird schwer, ich weiß, muss aber sein, da wir ja weiterhin mit Herrn Löw leben müssen. Oder können wir ihn abwählen? Wäre ich sofort dafür.
Ach ja, bis Ende August haben wir Ruhe vor den Kobolden dieses Landes. Lasst sie uns nutzen, wo immer auch wir urlauben. Damit wir hinterher sagen können: Unser Sommer war wirklich groß und den kann uns keiner nehmen.