Proteste von Opfern Pentagon zieht Deal mit 9/11-Verdächtigen zurück
Das Pentagon hatte drei Verdächtigen in Guantánamo eine Vereinbarung vorgeschlagen. Doch diese zog Verteidigungsminister Lloyd Austin jetzt zurück.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat ein ursprüngliches Angebot an Drahtzieher der Anschläge auf das World Trade Center zurückgezogen. Zunächst hatte es geheißen, man wolle drei Verdächtigen anbieten, auf die Todesstrafe zu verzichten, wenn diese sich schuldig bekennen. Das hatte bei Opfern der Terroranschläge und Politikern für Kritik gesorgt.
Jetzt gab Austin bekannt: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass angesichts der Bedeutung der Entscheidung, mit den Angeklagten im oben genannten Fall vorprozessuale Vereinbarungen zu treffen, die Verantwortung für eine solche Entscheidung bei mir als der obersten Einberufungsbehörde gemäß dem Military Commissions Act von 2009 liegt. Mit sofortiger Wirkung entziehe ich Ihnen hiermit die Befugnis, in dem oben genannten Fall eine vorprozessuale Vereinbarung zu treffen, und behalte mir diese Befugnis vor. In Ausübung meiner Befugnis trete ich hiermit mit sofortiger Wirkung von den drei vorprozessualen Vereinbarungen zurück, die Sie am 31. Juli 2024 in dem oben genannten Fall unterzeichnet haben."
Der mutmaßliche Chefplaner der Terroranschläge vom 11. September 2001 und weitere Mitangeklagte wollten nach Angaben der US-Regierung eine Vereinbarung mit der Justiz eingehen und sich schuldig bekennen. Chalid Scheich Mohammed und zwei weitere Beschuldigte hätten einer solchen Einigung zugestimmt, hatte das US-Verteidigungsministerium am Mittwoch mitgeteilt.
Republikaner kritisierten Vereinbarung scharf
Der Vorsitzende des Ausschusses für Aufsicht und Rechenschaftspflicht im US-Repräsentantenhaus, James Comer, hatte die Vereinbarung in einem Brief an US-Präsident Joe Biden scharf kritisiert. Comer forderte außerdem Auskunft darüber, ob die Regierung bei der Verhandlung des Deals eine Rolle gespielt habe. Dies hatte Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, am Donnerstag auf Nachfrage von Journalisten verneint.
Republikaner übten umgehend Kritik an der Vereinbarung. "Sie (...) signalisieren damit unseren Feinden, dass die Vereinigten Staaten nicht bereit sind, gegen diejenigen, die unser Land angreifen, mit aller Härte vorzugehen", schrieb Comer. Er beklagte zudem einen "absoluten Mangel an Transparenz". Ähnlich kritisch hatte sich schon sein Parteikollege Mike Johnson, der dem Repräsentantenhaus vorsitzt, geäußert: Bidens Regierung habe "das Undenkbare" getan. Die Angehörigen der Opfer hätten "Besseres verdient".
In US-Medien meldeten sich nach Bekanntwerden der Vereinbarung auch mehrere Ersthelfer und Angehörige von Opfern zu Wort, die mit dem Deal nicht einverstanden waren. Die Gewerkschaft der New Yorker Feuerwehr teilte mit, ihre Mitglieder fühlten sich "betrogen und angewidert".
Gefängnis in Guantánamo wurde 2002 eröffnet
Die USA eröffneten 2002 an der kubanischen Südküste in der Guantánamo-Bucht ein Gefängnis für Verdächtige, denen eine Beteiligung an dem Terroranschlag vorgeworfen wurde. Viele wurden ohne Anklage und Prozess inhaftiert, was zu internationaler Kritik führte. Seit seiner Eröffnung wurden in Guantánamo über 700 Personen inhaftiert. Im Laufe der Jahre sind viele dieser Insassen freigelassen, in ihre Heimatländer zurückgeführt oder in andere Länder gebracht worden.
Drei Inhaftierte galten als Drahtzieher
Chalid Scheich Mohammad wurde 1964 in Kuwait geboren. Er hat einen Ingenieursabschluss und soll sich bereits in den 1980er-Jahren islamistischen Bewegungen angeschlossen haben. In den 1990er-Jahren schloss er sich der al-Qaida an und arbeitete eng mit Osama bin Laden zusammen.
Walid Muhammad Salih Mubarak bin Attash kommt aus dem Jemen. Er wird insbesondere beschuldigt, an der Logistik und Planung des Anschlags auf das US-Kriegsschiff USS Cole beteiligt gewesen zu sein, bei dem 17 US-Matrosen starben. Auch bei der Planung der Anschläge vom 11. September 2001 wird ihm eine Rolle zugeschrieben, insbesondere bei der Unterstützung der Entführer.
Der aus Saudi-Arabien stammende Mustafa Ahmed Adam al-Hawsawi soll unter anderem für die finanzielle Unterstützung der 9/11-Entführer verantwortlich gewesen sein. Er wird verdächtigt, Gelder transferiert und die Organisation der Reise der Entführer in die USA, die die Flugzeuge am 11. September kaperten, unterstützt zu haben.
Am 11. September 2001 waren bei dem bislang schlimmsten terroristischen Anschlag in den Vereinigten Staaten rund 3.000 Menschen getötet worden. Islamistische Terroristen hatten drei gekaperte Passagierflugzeuge in das World Trade Center in New York und das Pentagon nahe Washington gesteuert. Eine vierte Maschine stürzte im Bundesstaat Pennsylvania ab.
- Nachrichtenagentur dpa