Russland droht mit Krieg Scholz: "Ein schwerer Fehler"
Der Bundeskanzler warnt mit eindringlichen Worten vor einer neuen Eskalation im Ukraine-Konflikt. Die Gefahr sei alles andere als gebannt, sagte Scholz und schickte eine Warnung in Richtung Russland.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht keine Entspannung im Ukraine-Konflikt. "In Europa droht wieder ein Krieg. Und das Risiko ist alles andere als gebannt", sagte Scholz am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Die einzige Möglichkeit, die "Krisendynamik" zu brechen, sei zu verhandeln.
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"Jede weitere Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine wird hohe Kosten haben für Russland – politisch, ökonomisch und geostrategisch", warnte Scholz den Kreml. Der Kanzler zeigt sich weiter bereit zur Diplomatie mit Russland. Der Aufmarsch von weit mehr als 100.000 russischen Soldaten rings um die Ukraine sei durch nichts gerechtfertigt, betonte der SPD-Politiker. Russland habe die Frage einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zum "casus belli" – zum Kriegsgrund – erhoben. "Das ist paradox: denn hierzu steht gar keine Entscheidung an", betonte Scholz.
Der Kanzler warf Russland vor, sich nicht an internationale Spielregeln zu halten. Im Ukraine-Konflikt seien das Normandie-Format und das Minsker Abkommen entscheidend für eine Lösung. Dass die Gefechte im Donbas in den vergangenen Tagen massiv zugenommen haben und dass die Separatisten Zivilisten nach Russland evakuieren, kommentierte Scholz nicht. Er sagte lediglich: "Ich mache mir keine Illusionen. Wir werden diese Kriegsdynamik nicht schnell durchbrechen können."
"Sind bereit zu verhandeln"
Die Bundesregierung hat laut Scholz Russland eindringlich vor einer Invasion gewarnt. "Eine militärische Aggression gegen die Ukraine wäre ein schwerer Fehler. Und wir wollen, dass es dazu nicht kommt." Deswegen sage er: "Ja, wir sind bereit zu verhandeln." Dabei müsse zwischen unhaltbaren Forderungen Russlands und legitimen Sicherheitsinteressen unterschieden werden.
Für nicht verhandelbar erklärte Scholz das Recht auf freie Bündniswahl, also auch die prinzipielle Möglichkeit für die Ukraine, der Nato beizutreten. "Gleichzeitig gibt es Sicherheitsfragen, die für beide Seiten wichtig sind. Allen voran Transparenz bei Waffensystemen und Übungen, Mechanismen zur Risikovermeidung oder neue Ansätze zur Rüstungskontrolle."
Scholz: Werden Nato-Partner verteidigen
Deutschland werde Nato-Partner gegen Angriffe verteidigen. "Deutschland steht zur Garantie des Artikels 5 – ohne Wenn und Aber", sagte er mit Hinweis auf den entsprechenden Nato-Artikel. Die Bundesrepublik übe "praktische Solidarität", etwa durch eine größere Präsenz der Bundeswehr im Baltikum oder die Hilfe für die Luftraumüberwachung der Nato im Südosten Europas. Hintergrund der Bemerkungen ist auch Kritik an fehlenden Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine.
Hinter diese Entwicklung fielen in der öffentlichen Debatte globale Herausforderungen wie die Corona-Pandemie und der Kampf gegen den Klimawandel zurück. Auch diese bedürften aber dringend einer Antwort. Scholz sprach in München, vier Tage nachdem er in Moskau mit Präsident Wladimir Putin über Wege zu einer Entschärfung des Konflikts gesprochen hatte.
Stärkere Anstrengungen bei EU-Erweiterung
Scholz warb auch für stärkere Anstrengungen bei der Integration des westlichen Balkans in die Europäische Union. "Es reicht nicht, die Erweiterungsperspektive für diese Region als strategisches Ziel zu benennen. Wir müssen sie aktiv vorantreiben", sagte der SPD-Politiker. "Wenn ich von der Europäischen Union spreche, dann denke ich die Länder des westlichen Balkans mit."
Zugleich warnte Scholz davor, dass die EU bei "geopolitischen Machtverschiebungen" auf der Strecke bleiben könnte. "Wir Europäer werden unsere Handlungsfähigkeit, unsere Entscheidungsautonomie nur bewahren, wenn wir unseren Willen und unsere Fähigkeiten in der Europäischen Union bündeln", sagte er. "Die Europäische Union ist unser Handlungsrahmen, unsere Chance, Macht unter Mächten zu bleiben. Darum geht es, wenn wir von europäischer Souveränität sprechen."
Zu den EU-Beitrittsaspiranten auf dem Westbalkan zählen Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo. Die Gespräche mit ihnen verliefen zuletzt sehr schleppend – auch weil zum Beispiel Frankreich große Vorbehalte gegen eine schnelle EU-Erweiterung hat. Eine klare zeitliche Perspektive für eine Aufnahme hat bislang keines der Länder.
- Nachrichtenagentur dpa, Reuters und AFP