Verurteilung von Maria Kolesnikowa EU: Belarus begeht "eklatante Missachtung" der Menschenrechte
Die belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Die Europäische Union fordert ihre Freilassung – und die hunderter weiterer politischer Gefangener.
Die Verurteilung der Oppositionellen Maria Kolesnikowa und Maxim Snak hat über Belarus hinaus breites Entsetzen ausgelöst. Die Anwälte der beiden politischen Gefangenen wollen die Entscheidung vor dem Obersten Gericht in Belarus anfechten. Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine Verurteilung, teilten die Anwälte mit.
Die belarussische Opposition wies den Richterspruch als Unrechtsurteil zurück. Die beiden politischen Gefangenen hätten lediglich versucht, ihr Land zum Besseren zu verändern.
Auch die Bundesregierung verurteilte den Richterspruch gegen Kolesnikowa scharf. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin nannte ihn ein "Sinnbild für das rücksichtslose Vorgehen, die Repressionen und die Einschüchterungen des belarussischen Regimes gegen Oppositionspolitiker und Zivilgesellschaft".
Grüne: "Urteil des Unrechtsregimes Lukaschenkos"
Die Grünen und die FDP forderten, die Bundesregierung müsse sich für die sofortige Freilassung von Kolesnikowa, Snak und allen anderen 655 politischen Gefangenen einsetzen. Nötig seien humanitäre Visa für politisch Verfolgte und ein "wirksames Anziehen der EU-Sanktionen".
Es handele sich um "ein brutales und politisch willkürliches Urteil des Unrechtsregimes Lukaschenkos", teilte die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Claudia Roth, in Berlin mit. Ihr Fraktionskollege Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik, warf "Diktator Lukaschenko" eine skrupellose Herrschaft vor. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, das Urteil zeige, dass es in dem Land eine Besorgnis erregende Entwicklung gebe. Es sei dringend notwendig, dass sich die EU gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte einsetze.
EU unterstreicht Forderungen
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bezeichnete die Entwicklung in Belarus als "besorgniserregend". Es sei dringend notwendig, dass sich die EU gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte einsetze, verlangte er.
Die Europäische Union reagierte mit einer am Montag veröffentlichten Erklärung. In dieser warf sie Minsk eine "eklatante Missachtung" der Menschenrechte vor und bekräftigte zugleich ihre Forderung nach der "unmittelbaren und bedingungslosen Freilassung aller politischer Gefangener" in Belarus, wie der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, mitteilte.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Deutschland forderte die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen. "Die heutige Verurteilung soll den Millionen von Menschen, für die sie sprachen, nun endgültig die Hoffnung auf friedliche Veränderungen und Achtung der Menschenrechte nehmen", erklärte Katharina Masoud von Amnesty Deutschland. Kolesnikowa und Snak müssten sofort freigelassen werden, ebenso wie "hunderte weitere Menschen".
Elf Jahre Straflager
Kolesnikowa war nach Angaben belarussischer Staatsmedien fast ein Jahr nach ihrer Festnahme im Zuge der Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Auch die Bundesregierung hatte wiederholt die Freilassung der früheren Stuttgarter Kulturmanagerin gefordert.
Der mit Kolesnikowa angeklagte Anwalt Maxim Snak erhielt zehn Jahre Haft. Das Urteil erging wegen angeblicher versuchter illegaler Machtergreifung. Beide Verurteilten sollen die Haft im Straflager verbüßen, Snak in einem mit verschärften Haftbedingungen. Kolesnikowa hatte sich im vergangenen Jahr im Wahlkampf gegen Lukaschenko engagiert – als Managerin für den ebenfalls inhaftierten früheren Bankier Viktor Babariko, der Präsident werden wollte.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP