Tanker-Angriffe EU stellt sich nicht hinter US-Vorwürfe gegen den Iran
Für die USA ist klar: Der Iran steckt hinter den Tanker-Angriffen im Golf von Oman.
Im Fall der Angriffe gegen Tanker im Golf von Oman zeichnet sich in der EU keine geschlossene Unterstützung für die US-Vorwürfe gegen den Iran ab. Unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas und seine Kollegen aus Luxemburg, Österreich und den Niederlanden machten deutlich, dass sie zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine Anschuldigungen erheben wollen.
"Wir sammeln weiterhin Informationen", sagte Maas (SPD) bei einem Treffen in Luxemburg. Man kenne die Erkenntnisse der amerikanischen und auch der britischen Geheimdienste, habe aber selbst noch nicht abschließend entschieden. In dem Fall sei größte Sorgfalt geboten und dafür nehme man sich die notwendige Zeit.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn erinnerte daran, dass die USA 2003 auf der Grundlage bewusst oder unbewusst falsch interpretierter Geheimdienstinformationen über angebliche Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins in den Irak einmarschiert waren. Er forderte wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres eine unabhängige Untersuchung. "Ich glaube, dass die Hauptaufgabe von Außenministern ist, Krieg zu vermeiden", sagte Asselborn. "Das müssen wir heute tun."
Untersuchung soll Aufschluss bringen
Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sagte: "Die Gefahr ist, dass hier mit Feuer gespielt wird und am Ende eigentlich nur Verlierer dastehen." Man tue gut daran, nun erst einmal mit aller Sorgfalt Untersuchungen durchzuführen. Es habe niemand etwas davon, wenn nun voreilige Schlüsse gezogen würden.
Bei den Zwischenfällen nahe der Küste des Irans waren am frühen Donnerstagmorgen zwei Tanker beschädigt worden. Das zweite der beiden Schiffe, die "Front Altair" einer norwegischen Reederei, geriet nach Explosionen in Brand.
Die US-Regierung zeigte sich schnell überzeugt, dass die iranischen Revolutionsgarden hinter dem Angriff stecken und bemüht sich seitdem intensiv darum, internationale Partner von ihrer Sichtweise zu überzeugen. Bislang haben sich aber nur Großbritannien und Saudi-Arabien in der Frage öffentlich an die Seite der Amerikaner gestellt.
US-Außenminister Mike Pompeo äußerte daran am Sonntag scharfe Kritik. Es gebe Länder, die sich wünschten, dass das alles einfach vorbeigehe, sagte er in einem CBS-Interview auf die Position seines deutschen Amtskollegen Maas angesprochen.
US-Regierung hat "Glaubwürdigkeitsproblem"
Zudem verwies er darauf, dass Maas deutlich mehr zu sehen bekommen habe als das auch öffentliche bekannte US-Video. Dieses soll zeigen, wie ein Schnellboot der iranischen Revolutionsgarden nach der Explosion auf den Tanker "Kokuka Courageous" zufährt und die Besatzung eine nicht explodierte Haftmine vom Tankerrumpf entfernt.
Der Fall offenbare ein "Glaubwürdigkeitsproblem" der US-Regierung, kommentierte die "Washington Post".
Die Regierung in Teheran weist die Anschuldigungen vehement zurück. Sie deutete zuletzt an, dass die USA und ihre Alliierten selbst für die Angriffe verantwortlich sein könnten und sie Teheran in die Schuhe schieben wollten, um einen militärischen Konflikt zu provozieren und einen Regimewechsel im Iran zu erreichen.
"Ich bin an jeder Klarstellung interessiert, die zur Verfügung gestellt werden kann", sagte der niederländische Außenminister Stef Blok am Montag in Luxemburg. Die Niederlande hätten keine eigenen Erkenntnisse darüber, wer hinter den Angriffen stecke.
USA wollen Iran zu strengerem Abkommen bewegen
Für die EU ist das Thema äußerst brisant, da sich im Fall einer klaren Verantwortung des Irans die Frage nach neuen Sanktionen gegen das Land stellt. Eigentlich will die EU eine weitere Eskalation der Lage vermeiden, um die Chance auf eine Rettung des internationalen Atomabkommens zu wahren. Dieses sieht vor, dass der Iran auf industrielle Aktivitäten verzichtet, die den Bau einer Atombombe ermöglichen könnten. Im Gegenzug wurde die Aufhebung von Sanktionen zugesagt.
Die US-Regierung war im Vorjahr im Alleingang aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Sie versucht, Teheran mit Wirtschaftssanktionen unter Druck zu setzen, um ein neues, strengeres und erweitertes Abkommen auszuhandeln. Der Iran lehnt das bislang ab.
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Bundesaußenminister Maas räumte am Montag ein, dass die jüngsten Entwicklungen für die europäischen Rettungsversuche für das Atomabkommen ein Problem sind. "Natürlich wird das erschwert", sagte er.
- Nachrichtenagentur dpa