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Barroso: Putin war mit EU-Beitritt der Ukraine einverstanden


Barroso stellt klar
Putin war jahrelang mit EU-Beitritt der Ukraine einverstanden

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 21.12.2014Lesedauer: 3 Min.
Der russische Präsident Putin war nach den Worten des früheren EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso jahrelang mit einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine einverstanden gewesen.Vergrößern des Bildes
Russlands Präsident Wladimir Putin (li.) und der damals noch amtierende EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso (re.) beim EU-Russland-Rat am 28. Januar 2014 in Brüssel. (Quelle: Reuters-bilder)
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Nach den Worten des früheren EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso war der russische Präsident Wladimir Putin jahrelang mit einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine einverstanden gewesen. Vor 2012 habe es überhaupt keine Einwände gegeben, so der Portugiese im Interview mit der "Welt am Sonntag". Danach aber habe der Kreml-Chef sich und seine Position radikal verändert.

"Die russische Regierung war fünf Jahre lang im Detail über unsere Gespräche über ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine informiert. Auch Putin war in vollem Umfang informiert", sagte Barroso.

Vor 2012 habe Putin ihm mehrfach versichert, dass er sich einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine überhaupt nicht widersetzen würde. Der Kreml-Chef habe dies auch öffentlich gesagt: "Wenn er heute sagt, er sei überrascht worden, dann ist das nicht wahr", so Barroso.

Russland hat Völkerrecht gebrochen

Für Barroso, der im November aus seinem Amt geschieden ist, steht auch fest, dass Russland mit der Annexion der Krim internationales Recht gebrochen hat. Moskau habe alles getan, um die Ukraine – einen souveränen Staat, Mitglied der Vereinten Nationen – davon abzuhalten, selbst zu entscheiden, mit wem sie partnerschaftlich zusammenarbeitet. Wladimir Putins Verhalten sei inakzeptabel.

Putin, so Barroso im Interview mit der "Welt" weiter, habe sich verändert. Diese Veränderung sei nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten 2012. Seine Rhetorik sei viel nationalistischer. Er wolle Kontrolle ausüben, Macht demonstrieren, weil er gespürt habe, dass die Unterstützung für ihn im Volk abnahm.

Russland verliere an Macht

Für den Portugiesen, der der Kommission von 2004 bis 2014 vorstand, ist Russland keine Weltmacht mehr. Putin hegt in Barrosos Einschätzung Groll, weil Russland Macht in der Welt verloren hat und sich erniedrigt fühlt.

"Russland gehörte einst zu den beiden Weltmächten. Heute hat es diese Bedeutung nicht mehr. Eines ist klar: China wird an Russlands Stelle rücken und unvergleichlich größere Macht haben als Russland. China ist eine echte Wirtschaftsmacht und wird noch viel stärker, während Russlands Wirtschaft mit der Konzentration auf Öl und Gas immer schwächer wird, wenn sich nichts ändert. Ich bedauere, dass Russland die Chance einer wirtschaftlichen Modernisierung vertan hat."

Er, Barroso, halte das Risiko für nicht sehr hoch, dass die wirtschaftlichen Probleme Russlands zu einer globalen Krise oder einer Krise für die EU führen könnten: "Russland ist nicht besonders eng eingebunden in die Weltwirtschaft und in die internationale Finanzordnung. Von der aktuellen ökonomischen Schwäche der Schwellenländer – mit Ausnahme Chinas – geht eine größere Gefahr für die Weltwirtschaft aus als von Russland."

Zwar sei Barroso für die Sanktionen gegen Russland. "Aber wir müssen weiter mit Russland zusammenarbeiten. Wir dürfen keinen Vorwand bieten für den altbekannten Vorwurf, der Westen wolle Russland umzingeln. Wir müssen Kanäle offenhalten, auf eine politische Lösung dringen. Die Position Angela Merkels ist hierbei sehr wichtig gewesen und hat den Respekt und die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der Welt gestärkt."

EU stellt Ukraine langfristig Mitgliedschaft in Aussicht

Brüssel halte die Tür für Kiew offen, aber "in naher Zukunft" werde ein Beitritt zur Union nicht erfolgen, sagte Barroso. Es gäbt enormen Reformbedarf.

"Ich habe den früheren Präsidenten Juschtschenko, Timoschenko und Janukowitsch und auch dem jetzigen Präsidenten Poroschenko gesagt: Ihr seid noch lange nicht reif. Wir können keine EU-Mitgliedschaft anbieten. Aber wir können eine enge politische und wirtschaftliche Assoziierung offerieren."

Kritik an "unehrlichen" Griechen und Franzosen

Unterdessen wirft Barroso auch einigen EU-Regierungschefs mangelnde Aufrichtigkeit bei der Verteidigung gemeinsamer Entscheidungen vor. "Wir können nicht hinnehmen, dass Regierungen systematisch Entscheidungen verleugnen, die sie selbst getroffen haben. Das ist intellektuell und politisch unehrlich", so der 58-Jährige weiter in der "Welt".

Die Regierungschefs würden im Europäischen Rat einstimmig Entscheidungen treffen, die für ihre Länder bindend seien. "Aber ich habe über Jahre erlebt, dass Regierungschefs zu Hause so taten, als wären sie nicht dabei gewesen", sagte Barroso. Als Beispiele nannte er Frankreich und Griechenland.

Einige der führenden Politiker fühlten sich nicht ausreichend verantwortlich für Europa und empfänden die Ratsentscheidungen nicht als ihre eigenen. "Das war greifbar in Zeiten, als Angela Merkel und (Frankreichs damaliger Staatspräsident) Nicolas Sarkozy von einigen als "Merkozy" wahrgenommen wurden." In allen anderen Ländern habe es dann geheißen: "Das wurde uns aufgezwungen."

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